Ein Blick in die Geschichte (149): Modell von 1941 zeigt NS-Pläne für Bremen

Nicht nur für die Reichshauptstadt Berlin schmiedeten ambitionierte Architekten große Pläne für die Zeit nach dem verheißenen „Endsieg“. Auch für Bremen lagen weitreichende Entwürfe schon in der Schublade. Die Grundidee: der Bau einer breiten Ringstraße rund um die Altstadt. Doch dabei hätte es nicht bleiben sollen, vor allem der östliche Bereich der Altstadt und das Ostertorviertel sollten massiv umgestaltet werden.

Besonders augenfällig: In Höhe der Mozartstraße sollte eine repräsentative Prachtstraße geradewegs auf die neue Ostbrücke zulaufen und so die Verbindung zum geplanten Parteiforum auf dem Teerhof herstellen – eine Idee, die später bei den dann doch nicht realisierten Plänen für die Mozarttrasse wieder aufgegriffen wurde.

Kaum weniger drastisch waren die Neugestaltungsideen für den Domshof. Bis auf das Rathaus und den Dom wären sämtliche Gebäude abgerissen worden.

Ausgebrütet hatte diese Entwürfe der aus dem Westfälischen stammende Architekt Gerd Offenberg, seit 1934 Leiter des „Amtes für Stadtbauwesen“ und damit Baudirektor. Zusammen mit dem ebenfalls seit 1934 amtierenden Leiter des Hochbauamts, Hermann Gildemeister, war Offenberg der Motor der NS-Umbauideen. Die ersten Planungen reichen zurück bis 1937. Als Teil des Gesamtkonzepts kann die 1939 eingeweihte Westbrücke gelten, die Adolf-Hitler-Brücke. Schon damals wurden zahlreiche Häuser im westlichen Teil des Stephaniviertels rigoros abgerissen. Ähnlich unsentimental wäre es dann auch in der Altstadt und im Viertel zugegangen.

Abgedeckte Dächer, Splitterschäden in den Häuserfassaden: Am 18. Mai 1940 erlebten die Bremer zum ersten Mal die Schrecken des modernen Bombenkriegs, hier an der Ecke Sand- , Bürger- und Buchtstraße. Bildvorlage: Staatsarchiv Bremen

Eine Ausnahmegenehmigung von Albert Speer

Dabei hätte der Kriegsausbruch die Planspiele fast vorzeitig beendet. So wie in zahlreichen anderen deutschen Städten auch, wo die Entwürfe für monumentale Parteibauten und Boulevards Anfang 1940 schweren Herzens zu den Akten gelegt wurden. Ausgenommen davon waren nur die „Aufbaustädte“. Doch zu denen gehörte Bremen eigentlich gar nicht, weil diese zweifelhafte Ehre nur Gauhauptstädten zukam – und Hauptstadt des Gaus Weser-Ems war Oldenburg, nicht Bremen. Offenberg allerdings ließ nicht locker und erwirkte von Hitlers Chefarchitekt Albert Speer eine Ausnahmegenehmigung. Hitler persönlich genehmigte den Sonderstatus Bremens Ende 1940.

Für Offenberg hieß das: grünes Licht, um Nägel mit Köpfen zu machen. Unmittelbar vor dem Zugang zur Ostbrücke war ein Opernhaus mit Festplatz vorgesehen, dazu ein Gaugebäude und ein Aufmarschplatz auf der Neustädter Seite. Wie sich Offenberg die Stadt künftig vorstellte, zeigt ein Modell von 1941. Freilich fanden seine Pläne nicht nur Beifall, laut Architekturhistoriker Eberhard Syring stieß man sich an der „unbremischen Art“ dieser Eingriffe. Der interne Gegenwind nagte offenbar an Offenberg, die Kriegszerstörungen taten ein Übriges. 1942 strich er die Segel und übernahm die Leitung der Hochschule für Baukunst und bildende Künste in Weimar.

Damit hatten sich die Pläne für Bremen als „Aufbaustadt“ erledigt. Zwei Jahre später erhielt Bremen in Anbetracht der massiven Kriegszerstörungen einen neuen Status, diesmal als „Wiederaufbaustadt“. Von der „Aufbaustadt“ zur „Wiederaufbaustadt“ – eine traurige Karriere. Ab Februar 1944 konnte Baudirektor Wilhelm Wortmann seiner Phantasie freien Lauf lassen. Ein Mann, der trotz seiner Entlassung im August 1945 in den Nachkriegsplanungen noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hatte.

Doch das ist ein anderes Kapitel.

von Frank Hethey

Viel Platz für Aufmärsche: So stellte sich Gerd Offenberg den Umbau Bremens und die Osttangente 1941 vor. Quelle: Bildarchiv des Bremer Zentrums für Baukultur – b.zb

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