Mit Peter Strotmann auf Entdeckungstour, Teil 3: Hochwassermarken in der Alt- und Neustadt

Auch der Teerhof ist im März 1881 überflutet. Das Foto ist von der Neustadtseite aus aufgenommen und zeigt den Blick auf den Turm der St. Ansgarii-Kirche in der Altstadt. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Auch der Teerhof ist im März 1881 überflutet. Das Foto ist von der Neustadtseite aus aufgenommen und zeigt den Blick auf den Turm der St. Ansgarii-Kirche in der Altstadt.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Das Binnenhochwasser vom 13. März 1881

Der Deichbruch der Wümme am 29. Dezember 1880 hatte weite Teile des Bremer Nordens überschwemmt. Dort stand das Wasser im Frühjahr 1881 immer noch auf den Feldern. Aber schon bahnte sich eine neue Katastrophe an. Das Tauwetter ließ die Weser stark anschwellen. Der Wasserdurchfluss war so hoch, wie er wahrscheinlich nur alle 600 Jahre zu erwarten ist.

Das Drama begann am 19. Februar 1881, als die linksseitigen Deiche bei Thedinghausen brachen. In den folgenden Tagen überspülten die Fluten die Ochtumdeiche und setzten die Gegend unter Wasser, darunter auch die Gemeinden Stuhr, und Huchting (in den Straßen stand das Wasser 90 Zentimeter hoch!) sowie das Niedervieland. Am 13. März kam es zu mehreren linksseitigen Deichbrüchen von Hoya aus weserabwärts, die die Flut noch verstärkten.

Tatsächlich so schief: die Hochwassermarke in der St. Martini-Kirche. Foto: Peter Strotmann

Tatsächlich so schief: die Hochwassermarke in der St. Martini-Kirche.
Foto: Peter Strotmann

In Bremen lief das Weserwasser zur gleichen Zeit über die rechten Deiche. Es floss in die Innenstadt, die Neustadt und in den Bürgerpark. Nur noch die Domdüne ragte aus dem Wassermeer heraus. Dieses Binnenhochwasser überschwemmte von Hoya an ein Gebiet von insgesamt 360 Quadratkilometern.

Das Hochwasser von 1880/81 hat seinerzeit einen bleibenden Eindruck bei der Bevölkerung hinterlassen. Sobald das Wasser abgelaufen war, markierte man die maximalen Hochwasserstände an einer Anzahl von Stellen in der Stadt. Später wurden die Hochwassermarken von einem Steinmetz in Stein gehauen oder es wurden Schilder angebracht.

Eine Marke über der anderen: die Hochwassermarken am Sockel der Wilhelm-Kaisem-Brücke. Foto: Peter Strotmann

Eine Marke über der anderen: die Hochwassermarken am Sockel der Wilhelm-Kaisem-Brücke.
Foto: Peter Strotmann

Obwohl schon über 135 Jahre seit dieser Katastrophe vergangen sind, hat sich eine Anzahl Hochwassermarken erhalten, oder sie sind in gleicher Höhe an eine andere Stelle versetzt worden.

Erinnerungstafeln Teil 3: Altstadt und Neustadt

07 Wilhelm-Kaisen-Brücke (ehemals Große Weserbrücke)

H.W. 13.III.1881

Die Wilhelm-Kaisen-Brücke (ehemals Große Weserbrücke) wurde 1960 fertiggestellt. An der altstadtseitigen Sockelmauer sind mehrere Hochwassermarken in Stein gehauen. Der höchste, jemals registrierte Wasserstand war demnach der vom 1. März 1881 und liegt hier bei 3,82 Meter über dem Niveau der Promenade.

Auf der Sockelmauer an der Altstadtseite finden sich von oben nach unten dieHochwassermarken von 1881, 1926, 1946, 1962 und 1976. Hier wird deutlich, dass das Hochwasser von 1881 mit hoher Wahrscheinlichkeit kaum wieder erreicht wird.

 

 

Eine Türeinfassung spricht Bände: 1881 erreichte das Hochwasser am Concordenhaus einen Stand von 78 Zentimetern. Foto: Peter Strotmann

Eine Türeinfassung spricht Bände: 1881 erreichte das Hochwasser am Concordenhaus einen Stand von 78 Zentimetern.
Foto: Peter Strotmann

08 Concordenhaus

Beim Concordenhaus im Schnoorviertel, Holzpforte 2, zeigt der Pfeil auf die Hochwassermarke an der linken Türeinfassung. Die Hochwassermarke ist in Sandstein gehauen und liegt bei 78 Zentimetern über dem Bürgersteigniveau.

Das Gebäude wurde ursprünglich um 1630 errichtet. Nach der teilweisen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erwarb es die Studentenvereinigung „Technische Vereinigung Concordia“, baute es wieder auf und feierte 1953 die Einweihung.

09 Martinikirchhof 3, St. Martini-Kirche

Im vorderen Teil des Südschiffes der St. Martini-Kirche ist ein Schild angebracht, das den Hochwasserstand vom 13. März 1881 zeigt. Der rechts daneben stehende Stuhl soll zeigen, dass das Wasser seinerzeit etwa einen Meter hoch im Kirchenraum stand.

Kirchenraum unter Wasser: Ein Stuhl veranschaulicht, wie hoch das Weserwasser im März 1881 in der St. Martini-Kirche stand. Foto: Peter Strotmann

Kirchenraum unter Wasser: Ein Stuhl veranschaulicht, wie hoch das Weserwasser im März 1881 in der St. Martini-Kirche stand.
Foto: Peter Strotmann

Die St. Martini-Kirche liegt in der Bremer Alstadt, direkt in der Nähe der Weser. Ihre Entstehung geht auf das Jahr 1227 zurück. Noch bis ins 19. Jahrhundert, bis zur Weserkorrektion, kam es trotz des Baus einer Wehrmauer 1371 an der Flussseite und mehrfacher Erhöhung des Fußbodens in der Kirche zu Überschwemmungen. Das spiegelt sich auch in einem alten Reim wider: Sunt Marten – wo de Wind döer weit; wo’t Water döer geiht (Sankt Martin – wo der Wind durch weht; wo das Wasser durch geht).

 

10 Neustadt: Buntentorsteinweg zwischen Nummer 268 und 270 , Deichschart

Um die Neustadt im Bereich Buntentor vorm Hochwasser der Weser zu schützen, war wahrscheinlich schon vor Jahhunderten ein Deich zum Stadtwerder nötig.

Es wird berichtet, dass der Deich am 30. März 1845 brach. 1848 wurde in der Nähe der Bruchstelle die Bruchstraße angelegt.

Nach der Hochwasserkatastrophe von 1881 wurde, ebenfalls in der Nähe der Bruchstelle, 1882 ein Deichschart gebaut. Ein Deichschart ist eine Öffnung im Deich mit Verschlussmöglichkeit im Falle eines Hochwassers.

Am Buntentorsteinweg erreichte das Hochwasser einen Stand von 2,27 Meter über Straßenniveau. Foto: Peter Strotmann

Am Buntentorsteinweg erreichte das Hochwasser einen Stand von 2,27 Meter über Straßenniveau.
Foto: Peter Strotmann

Der Deichschart am Habenhauser Deich mit Blick vom Stadtwerder zum Buntentorsteinweg. Die Hochwassermarke vom 13. März 1881 ist mit einem Pfeil markiert. Sie befindet sich etwa 2,27 Meter über dem Straßenniveau.

Vor Vandalismus geschützt: die Hochwassermarke am Deichschart am Buntentorsteinweg. Foto: Peter Strotmann

Vor Vandalismus geschützt: die Hochwassermarke am Deichschart am Buntentorsteinweg.
Foto: Peter Strotmann

Der in Sandstein gemeißelten Hochwassermarke zufolge erreichte der Wasserstand einen Stand von 7,80 über Normal Null (NN). Die Marke ist seit kurzem mit einer Plexiglasscheibe vor Vandalismus geschützt.

Nachwort:

Das waren meine Fundstücke: 10 Hochwassermarken in Bremen. Gibt es noch welche in Bremen oder im Bremer Umland? Ich bin für jeden Tipp dankbar.

von Peter Strotmann

 

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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