Vor 50 Jahren

Der erste Liegeplatz am Containerkreuz Bremerhaven ist gestern mit der Ankunft des britischen Containerschiffs „Encounter Bay“ eingeweiht und von Hafensenator Dr. Georg Borttscheller an Direktor Gerhard Beier von der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) übergeben worden. Hunderte waren dabei, offizielle Gäste aus dem In- und Ausland, Bremerhavener, die sich das Ereignis einer Hafeneinweihung nicht entgehen lassen wollten, als Senator Borttscheller das „mit Gottes Hilfe“ vollendete Werk feierte: 350 Meter Liegeplatz am Strom, zwei Containerbrücken mit je 54 t Tragkraft und eine Aufstellfläche von 250.000 Quadratmetern. (WESER-KURIER, 24./25. April 1971)

Hintergrund

So ganz reibungslos verlief sie nicht, die feierliche Einweihung des ersten Liegeplatzes am neuen Containerterminal in Bremerhaven. Beim Anlegemanöver rammte die „Encounter Bay“ eine Hubinsel für den Bau des dritten Liegeplatzes. Nur mit einem beherzten Sprung ins Wasser konnten sich zwei Arbeiter retten. Im Heck des Frachtschiffs klaffte ein riesiges Loch von „containergroßen“ Ausmaßen, wie der WESER-KURIER süffisant anmerkte. Fast könnte man von einer Duplizität der Ereignisse sprechen. Als fünf Jahre zuvor die ersten Container im Überseehafen deutschen Boden berührten, geschah das mit einem gewaltigen Knall. Schon der zweite Behälter löste sich aus seiner Aufhängung und zerschmetterte eine „nagelneue Bremer Zugmaschine“, wie Hafenexperte Hartmut Schwerdtfeger schreibt.

Machte sich für den Containerverkehr stark: Hafensenator Georg Bortscheller, auch bekannt als „Container-Schorsche“.
Quelle: Archiv

Als schlechtes Omen entpuppten sich die verpatzten Debüts aber keineswegs. Der frühzeitige Einstieg in den Containerverkehr sollte sich als Beginn einer Erfolgsgeschichte erweisen, noch vor Hamburg öffnete sich Bremen im Mai 1966 für die „genormten Blechkisten“. Freilich liefen die Planungen anfangs noch in eine andere Richtung, sollten doch eigentlich die stadtbremischen Häfen das Geschäft mit dem neuen Standardbehälter an sich ziehen. Dabei ging es aber nicht um den Überseehafen, vielmehr setzte man auf den damals noch im Bau befindlichen Neustädter Hafen als Umschlagplatz. Noch im Herbst 1966 wurde die Containerabfertigung dorthin verlegt, das Terminal 1968 in Betrieb genommen.

Doch schon bald dämmerte dem Senat, dass ein stadtbremischer Containerhafen den künftigen Anforderungen kaum gerecht werden konnte. „So fiel die Entscheidung, eine völlig neue Containeranlage in Bremerhaven zu errichten“, konstatiert Schwerdtfeger. Damit mussten die immer größeren Containerschiffe nicht erst den langen Weg flussaufwärts nach Bremen zurücklegen, die Weser auch nicht weiter vertieft werden. Abgesehen davon bot eine Stromkaje nahezu unbegrenzte Ausbaumöglichkeiten. Im Februar 1968 vollzog Borttscheller (auch „Container-Schorsche“ genannt) den ersten Spatenstich für die vorerst nur 700 Meter lange Stromkaje.

Die im Liniendienst nach Australien eingesetzte „Encounter Bay“ war jedoch nicht das erste Containerschiff, das in Bremerhaven festmachte. Bereits seit 1968 diente der nicht völlig ausgelastete Nordhafen als Umschlagplatz für die Containerabfertigung. Dass die Kosten schon bald aus dem Ruder liefen, steht auf einem anderen Blatt – am Ende schlug der neue Hafen mit 285 Millionen Mark zu Buche. Nach der offiziellen Einweihung im September 1971 wurde das neue Terminal mehrfach verlängert, heute kann die knapp fünf Kilometer lange Stromkaje mit 15 Liegeplätzen aufwarten.

Anstößig: Beim Anlegemanöver am neuen Conatinerterminal in Bremerhaven rammte die „Encounter Bay“ eine Hubinsel.
Quelle: Hans Engler

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