Vom Drehtabak zur Fertigzigarette: Die Zigarettenmarken von Brinkmann
Als Anfang der 1930er Jahre die maschinelle Produktion von Fertig-Zigaretten möglich wurde, sahen viele Tabakfirmen das darin schlummernde Potential. Doch mit den neuen, fertigen Zigaretten mussten sie die Raucher, insbesondere Männer, erst einmal überzeugen. Denn es gab noch die Tabak-Konkurrenzprodukte wie Schnitttabak für selbst gedrehte Zigaretten und Pfeife, Schnupf- und Kautabak sowie Zigarren. Deshalb mussten die Zigarettenpackungen werbewirksam gestaltet, Markennamen erfunden und der Vertrieb organisiert werden. Später kamen noch Zigarettenbilder hinzu, die man in Sammelalben kleben konnte.
Zigarettenmarken kamen und gingen. Das war auch bei Brinkmann nicht anders. Brinkmann hatte insbesondere Anfang der 1960er mit den Marken PEER und LORD EXTRA großen Erfolg. Nach mehreren Eigentümerwechseln hat letztlich die BAT (British American Tobacco) die Brinkmannschen Marken übernommen. Allerdings fristeten sie dort nur noch ein Nischendasein.
Die Brinkmannschen Zigaretten vor 1945
Anfang der 1930er Jahre ging der Trend von der selbstgedrehten Zigarette, für die Brinkmann den besten Schnitttabak lieferte, zur fertigen Zigarette.
Die Chronologie einiger ausgewählter Marken:
1931
wurde die FATIMA als erste Fertig-Zigarette von Brinkmann auf den Markt gebracht, 6 Stück für 20 Pfennig. Aber auch andere Hersteller boten zum gleichen Preis an. Als dann noch die Tabaksteuer gesenkt wurde, geriet die Marke zum finanziellen Fiasko.
1932
kam Brinkmann mit der Marke LLOYD heraus. Diese Zigaretten kosteten nur noch 10 Pfennig für 4 Stück. 1933 kam die Marke ALVA auf den Markt. Beide Marken waren erfolgreich.
1935
wurde die LUX Filter-Zigarette auf den Markt gebracht.
Die Brinkmannschen Zigaretten nach 1945
Nachdem die Kriegsschäden an den Fabrikationsanlagen beseitigt waren und Tabak wieder ausreichend zur Verfügung stand, lief Ende der 1940er Jahre die Fabrikation von Fertigzigaretten wieder voll an.
LUX war bereits seit 1935 als Filter-Zigarette im Markt. Sie wurde bis 1956 auch als filterlose Zigarette angeboten. Slogan: „LUX: Das milde Feuer“, Preis 8 1/3 Pfennig pro Stück für die filterlose Zigarette. Vermutlich hat Brinkmann den Namen Lux deshalb gewählt, weil er im lateinischen Licht, aber u. a. auch Glanz und Gloria bedeuten kann.
In den Zeiten des „Wirtschaftswunders“ wurde in der Druckpresse heftig für die LUX geworben. In den 1950er Jahren hatte Brinkmann insbesondere Frauen als neue Zielgruppe im Blick. In der Werbung wurde dargestellt, dass das Rauchen für Frauen jetzt gesellschaftsfähig sei. In den Zeiten der NS-Propaganda („Die deutsche Frau raucht nicht“), rauchten Frauen sehr wenig. Heute liegt die Quote der Raucher bei 33 Prozent, der Raucherinnen bei 27 Prozent der Bevölkerung.
1950 kam die American-Blend-Zigarette TEXAS heraus, 1960 gelang mit der PEER EXPORT (im Volksmund: „Teer-Export“) ein sensationeller Erfolg in Europa (Peer ist ein Adelstitel in England). 1962 wurde die LORD EXTRA die meist gerauchte nikotinarme Zigarette der Welt.
Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete in einem Artikel vom 3. Juli 1963, dass die Bundesbürger unter 210 Zigarettenmarken wählen konnten. Eine neue Zigarettenmarke einzuführen, sei sehr schwierig. Insgesamt kamen von 1950 bis 1963 mehr als 580 Zigarettensorten auf den deutschen Markt. Die meisten verschwanden sang- und klanglos. Von den 1958 bis Ende 1962 auf dem Markt eingeführten 139 neuen Marken erwiesen sich nur elf als Erfolg.
Zigarettenautomaten
Der Erfolg einer Zigarette hing auch davon ab, ob sie in einem Automaten platziert wurde oder nicht. In den Nachkriegsjahren nahm die Zahl der Automaten laufend zu, während die Zahl der Tabakgeschäfte kontinuierlich abnahm. Das bewirkte eine Konzentration auf wenige Marken.
Ein schönes Beispiel für die Konjunktur der Zigarettenautomaten fand sich in den Akten des Staatsarchivs: Die Aufstellung eines Automaten an der Wachmannstraße 130 wurde am 30. August 1960 vom Bauaufsichtsamt genehmigt.
Diese Automaten konnten übrigens ganz leicht „geplündert“ werden: Wenn man durch Geldeinwurf einen Schacht geöffnet hatte, lagen die Böden der anderen Schachteln frei. Mit einem Haken zogen die „bösen Buben“ dann Schachtel für Schachtel aus dem Automaten. Am nächsten Tag wird sich der Zigarettenlieferant gewundert haben.
Die Automatenauffüller platzierten den Automaten-Marken-Stecker zum entsprechenden Schacht. Die meisten Zigarettenmarken sind heute (2017) nicht mehr im Handel, LUX und PEER Export (heute PEER 100) fristen ein Nischendasein und werden möglicherweise demnächst vom Markt verschwinden.
von Peter Strotmann