Zwei Übergänge über die Kleine Weser: die Brückensituation auf einem Stadtplan von 1926. Quelle: Privat

Zwei Übergänge über die Kleine Weser: die Brückensituation auf einem Stadtplan von 1926.
Quelle: Privat

Ein Blick in die Geschichte (113): Aufnahme von 1890 zeigt Verbindung über die Kleine Weser 

Nicht gerade leicht fällt die Orientierung, wenn man diese Aufnahme von 1890 in Augenschein nimmt. Zu sehen ist die Brautbrücke über die Kleine Weser, der Blick geht in Richtung Neustadt zur Brautstraße. Wie an den Gleisen gut zu erkennen, führte eine Bahnverbindung über die Brücke: die Pferdebahn, die seit 1880 vom Markt zum Buntentor rumpelte.

Der Übergang an dieser Stelle kann auf eine lange Tradition zurückblicken, hier wagte man bereits im 13. Jahrhundert den Brückenschlag. Zusammen mit der Großen Weserbrücke bildete die Brautbrücke, offiziell Kleine Weserbrücke genannt, den gesamten Übergang über die Weser. Dabei nahm die Straßenführung ziemlich kuriose Wendungen: Wer aus der Neustadt kam, musste auf dem Teerhof scharf rechts abbiegen, um dann links über die Große Weserbrücke in die Altstadt zu gelangen.

Bis zur Fertigstellung der Kaiserbrücke (heute Bürgermeister-Smidt-Brücke) 1875 war die Brautbrücke der einzige Übergang über die Kleine Weser. Die Bezeichnung rührt von der „Braut“ her, wie der mächtige Zwinger auf der Herrlichkeit im Volksmund genannt wurde – angeblich, weil die Stadt dem Zwinger wie eine Braut zu Füßen lag. Dieses Bollwerk auf der Halbinsel zwischen großer und kleiner Weser wurde 1522 als Teil der Befestigungsanlage Bremens am Ende der Großen Weserbrücke errichtet, mit der 1614 hinzugefügten Haube brachte es der Turm auf eine Höhe von 55 Metern. Als Gegenstück kam auf der rechten Weserseite 1525 als „Bräutigam“ der Stephanitorzwinger hinzu.

Frisch saniert: die Brautbrücke 1935. Quelle: Harry Schwarzwälder, Die Weserbrücken in Bremen, Bremen 1968

Frisch saniert: die Brautbrücke 1935.
Quelle: Harry Schwarzwälder, Die Weserbrücken in Bremen, Bremen 1968

Bezeichnung seit dem 16. Jahrhundert geläufig

Die Bezeichnung „Brautbrücke“ war laut Herbert Schwarzwälder seit dem 16. Jahrhundert geläufig, mithin seit dem Bau des Festungsturms – eine durchaus plausible Erklärung. Anfangs handelte es sich um eine Zugbrücke, um unwillkommenen Besuch fernzuhalten. Dabei blieb es auch später als Konzession an einige am Stadtwerder gelegene kleinere Werften, die so ihre Schiffe passieren lassen konnten.

Erst 1829 beim Neubau der Brücke war es vorbei damit. Freilich kam auch dieser Neubau mit den Jahren in die Jahre, um 1900 galt die Brücke als „sehr baufällig“ und damit ungeeignet, den stetig zunehmenden Verkehr zu bewältigen. Von 1901 bis 1903 entstand ein Stückchen weseraufwärts ein weiterer, moderner Übergang über die Kleine Weser: die St. Pauli-Brücke, womit auch die abgewinkelte Straßenführung zur Altstadt der Vergangenheit angehörte.

Seither verlor die Brautbrücke schnell an Bedeutung, 1920 büßte sie sogar ihre offizielle Bezeichnung als „Kleine Weserbrücke“ ein. Immerhin nahm die Brücke 1916 noch einmal eine neue Gestalt an: Zwei Fachwerküberbauten von jeweils 26 Metern Länge, die Teil der Notbrücke beim Neubau der Kaiserbrücke gewesen waren, wurden zur Verbesserung der Brautbrücke „recycelt“. Wirklich standfest war die Konstruktion allerdings nicht, weshalb die Brücke 1925 für Fuhrwerke gesperrt wurde. Erst 1929 konnte die Bauverwaltung dem unbefriedigenden Zustand ein Ende bereiten.

Das Ende: Abriss der Brautbrücke im August 1972. Quelle: Wikicommons/G. Friedrich

Das Ende: Abriss der Brautbrücke im August 1972.
Quelle: Wikicommons/G. Friedrich

Brautbrücke im August 1972 abgerissen

Den Zweiten Weltkrieg überstand die Brautbrücke halbwegs unbeschadet, durfte seit 1950 aber nur noch von Fußgängern und Radfahrern passiert werden. Im November 1970 wurde die marode Brautbrücke schließlich gesperrt. Zwar war das endgültige Aus nicht von Anfang an besiegelt, weil die Bundeswehr 1971 eine kostenlose Sanierung anbot. Doch die Stadt konnte dem Ansinnen wenig abgewinnen, zumal die Instandsetzung wegen anfallender Materialkosten doch nicht ganz umsonst zu haben gewesen wäre. Das entfachte einen handfesten Streit, sogar eine Bürgerinitiative setzte sich für den Erhalt der Brücke ein. Es half aber alles nichts: Das endgültige Ende kam im August 1972, als die Brücke in zwei Teile zersägt und demontiert wurde. Die zerkleinerten Überreste landeten in den Hochöfen der Klöckner-Hütte in Mittelsbüren.

Eine Nachfolgerin hat die Brautbrücke in der Fußgängern und Radfahrern vorbehaltenen Wehr über die Kleine Weser erhalten, die im Rückgriff auf die Vorgängerbrücke auch schon mal Brautbrücke genannt wird. Allerdings befindet sie sich nicht am Standort der alten Brautbrücke, sondern ein kleines Stück weserabwärts.

von Frank Hethey

Ein Stückchen Brautbrücke: Blick in die Neustadt 1890. Quelle: Privat

Ein Stückchen Brautbrücke: Blick in die Neustadt 1890.
Quelle: Privat

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