Vor 50 Jahren
Der „Kauf“ geht um. Drei Meter groß, Sechsfüßler, Sherlock-Holmes-Mütze auf dem Kopf, einer großen Einkaufstasche zum Verwechseln ähnlich. Der „Kauf“ ist das Kind einer Bremer Werbeagentur, die von der Arbeitsgemeinschaft Bremen-Werbung den Auftrag bekam, die Bremer Einkaufswoche attraktiver zu gestalten. Man machte sich Gedanken, wie die Käufer rund um Bremen mehr für die Stadt interessiert werden können. Kaufen soll mehr sein, als nur das Notwendigste zu besorgen. Kaufen soll Spaß machen, soll unterhalten. (WESER-KURIER, 1. Mai 1971)
Hintergrund
Mit einer übergroßen Werbefigur sollten Bremerinnen und Bremer dazu animiert werden, einkaufen zu gehen. Die Figur „Kauf“ war dabei nicht nur ein Straßenmaskottchen, sondern tauchte auch auf verschiedenen Werbe-Flyern auf, um Besucher in die Innenstadt zu ziehen.
In diesem Fall wurde für die Einkaufswoche vom 8. bis 15. Mai geworben. Dabei handelte es sich um eine Aktion, die ihrerseits ebenfalls die Stadt bevölkern und für mehr Konsum sorgen sollte. Neben einem Flohmarkt waren Konzerte und Gewinnspiele geplant, unter anderem in der Obernstraße oder vor dem Bahnhof. Auch andere Stadtteile wie Gröpelingen waren beteiligt. Für Kinder sollte der Marktplatz in einen überdimensionierten Sandkasten verwandelt werden.
Übrigens: Scheinbar ihrer Zeit voraus waren die Organisatoren bei den Planungen für die Anreise der Besucher: Auf Bürgerweide und Teerhof, der damals noch ein Parkplatz war, wurden Autostellplätze bereitgestellt.
Alles andere als einmalig war das Auftreten des sechsbeinigen Maskottchens. Das von drei Studenten getragene Kostüm sollte auch für künftige Veranstaltungen durch die Innenstadt stolpern und Flyer verteilen. Man habe eine Grundkonzeption entwickelt, die für längere Zeit Gültigkeit habe, hieß es damals von der Arbeitsgemeinschaft Bremen-Werbung. Diese Art der Werbung sei von Politaktionen abgeschaut gewesen, verriet Designer Fritz Haase, der „Kauf“ mit seiner Frau Sibylle entwickelte.
Politisch sorgte das Maskottchen dann auch für Ärger, als „Kauf“ im Winter für das Weihnachtsshopping warb (mehr zu den Hintergründen hier). Den Jusos war das ein Dorn im Auge. Sie verteilten rosa Flugblätter und forderten, der alljährlichen Kaufwut die Stirn zu bieten. Mit einem in den Bauch gerammten Messer illustrierten sie ihren Schlachtruf „Killt den ‚Kauf‘“. Bei den Sozialdemokraten löste das eine kleine Krise aus, nachdem sich Geschäftsleute beschwert hatten. Landesgeschäftsführer Arno Koch versuchte die Jusos über Hermann Wolters, den Leiter der Arbeitsgemeinschaft der Selbstständigen in der Partei, zurückzupfeifen. Doch Wolters, der Ex-Kommunist war, hatte Gefallen an der Flyeraktion gefunden und stand den Jung-SPDlern bei.