Erst kürzlich ist die Zeit der Wissmannstraße in Berlin-Neukölln abgelaufen. Nun trägt die Straße nicht mehr den Namen des einst bekannten Afrikaforschers und Kolonialbeamten Hermann von Wissmann (1853-1905), sondern den einer Politikerin aus Tansania, Lucy Lameck (1934-1993). In Bremen braucht man sich um eine Umwidmung keine Gedanken zu machen: Die Wissmannstraße (auch: Wißmann) in Walle gibt es schon seit knapp 30 Jahren nicht mehr. Im Oktober 1982 zeigte der WESER-KURIER „die letzten Reste der Wißmannstraße“, ein paar Meter Kopfsteinpflaster. Wenig später wurde an gleicher Stelle der Damm der neuen Hafenrandbahn aufgeschüttet.

Im kaiserlichen Deutschland populär: Hermann von Wissmann.
Quelle: Wikimedia Commons

Die Anfänge der Wissmannstraße reichen zurück bis Oktober 1906. Gut ein Jahr zuvor, im Juni 1905, war Wissmann im Alter von 51 Jahren bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen. Wissmann hatte sich nicht nur als Afrikaforscher einen Namen gemacht, er war auch verantwortlich für die blutige Niederschlagung von Aufständen im heutigen Tansania. 1895/96 war er Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, die Einführung der „Hüttensteuer“ gilt als Auslöser des Maji-Maji-Aufstands (1905-1908). Aus Krankheitsgründen musste er seinen Posten aufgeben.

In Deutschland war der 1890 geadelte Wissmann äußerst populär. Für etliche Städte ein passender Anlass, ihn mit einer Straßenbenennung zu ehren. Bis heute gibt es im gesamten Bundesgebiet 23 Wissmann- oder Wißmannstraßen, unter anderem in Delmenhorst.

Weil benachbarte Straßen schon „nach Entdeckern und Forschungsreisenden“ benannt waren, schien sich Wissmann in Bremen-Walle glänzend einzufügen. Als Gegenkandidaten waren im Rennen: Martin Behaim (1459-1507), der mit seinem „Erdapfel“ den ältesten erhaltenen Globus schuf, und der Bremer „Kolonialpionier“ Adolf Lüderitz (1834-1886). Was den Ausschlag für Wissmann gab, ist den Akten nicht zu entnehmen. Nach Lüderitz wurde 1913 eine Straße in Schwachhausen benannt.

Bebaut wurde aber nur der erste Teil zwischen Waller Ring und Nordstraße, der Rest führte ein kümmerliches Dasein als Zufahrtsstraße zu einer Reihe von Kohlenlagerschuppen. Deshalb wurde der unbebaute Teil im Herbst 1928 kurzerhand aufgehoben, den freien Raum konnte man gut für Lagerplätze gebrauchen.

In bleibender Erinnerung dürfte die Wissmannstraße noch als Teil der früheren Vergnügungsmeile sein: Das legendäre Lokal „Mutti Weiß“ war in der Hausnummer 16 beheimatet, „Wehage“ in Nr. 11.

Deutscher Kolonialismus als Postkartenmotiv: Motiv von Tanga mit Porträt Hermann von Wissmanns.
Quelle: Wikimedia Commons

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