Der Macher: Fritz Schlotte um 1940.
Quelle: Archiv des Bremer Tennis-Clubs

Ein Tausendsassa im Bremer Sportleben: der Geschäftsmann Fritz Schlotte

Um einen Verein zu gründen, braucht man nicht nur das richtige Thema, den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort. Sondern man braucht auch jemanden, der andere mitreißt. Ein Initiator mit Tatkraft muss es sein. Er muss Beziehungen in alle Richtungen haben.

Drei Bremer Vereine, die bereits ihren 100. Geburtstag feierten, haben einen gemeinsamen Gründer, Mitbegründer oder langjährigen Vorsitzenden gehabt: Fritz Schlotte.

Den Namen Fritz Schlotte haben Sie noch nie gehört? Der Bremer Tennis-Club von 1912 e.V., der Bremer Hockey-Club von 1913 e.V. und der Sport-Verein „Werder“ v. 1899 e. V. kennen ihn. Dort ist er fest in den Vereinschroniken verankert.

Die Anfänge des Tennis in Bremen

Ende des 19. Jahrhunderts kam der „weiße Sport“ nach Bremen. Bald darauf gründeten sich der Bremer Lawn-Tennis Verein von 1896 und der Club zur Vahr (1905). Da diese sehr auf ihren Standesdünkel achteten, entstanden parallel dazu in den Parzellen der Schwachhauser Vorstadt kleine, private Anlagen.

Fritz Schlotte gründet den BTC

Als Fritz Schlotte sich für eine Mitgliedschaft im Club zur Vahr bewarb, wurde ihm diese verwehrt, da er lediglich ein „offenes Ladengeschäft“ führte und damit nicht zur Bremer Kaufmannschaft zählte. Er galt mit seinem „Haus für Geschenke“ in der Obernstraße 44/54 lediglich als Einzelhändler. Über diesen Bescheid ärgerte er sich so sehr, dass er kurzerhand einen eigenen Club gründete. Mit einigen Gleichgesinnten wurde der „Bremer Tennis-Club von 1912 e.V.“ (kurz: BTC) am 19. September 1912 ins Leben gerufen.

Erste Erwähnung des BTC im Bremer Adressbuch von 1914.

Zu den Gründern zählten u.a. Fritz Schlotte (1882 bis 1944) und sein jüngerer Bruder Ernst (1888 bis 1951). Fritz Schlotte gehörte auch zum erweiterten Kreis der Gründer des SV Werder. Er hatte somit Vereinserfahrung und war bereit, den Vereinsvorsitz des BTC zu übernehmen. Sein Bruder Ernst wurde Kassenwart. Der junge Verein übernahm die vier, in vorzüglicher Verfassung befindlichen Plätze, einschließlich der „Vereinsbude“, des Turnierclubs Bremen an der Georg-Gröning-Straße, zwischen Schubert- und Joseph-Haydn-Straße gelegen.

Der Spielbetrieb des BTC

In den Jahren 1913 und 1914 wurden interne Clubturniere durchgeführt. Im Ersten Weltkrieg (1914 bis 1918) wurde kaum gespielt. Die Plätze verödeten oder wurden sogar teilweise zum Anbau von Gemüse genutzt. Auf der ersten Generalversammlung nach dem Ersten Weltkrieg wurde wiederum Fritz Schlotte zum ersten Vorsitzenden gewählt. Vordringliche Aufgabe war die Wiederherstellung der Tennisplätze.

Die Damen des BTC in vorschriftsmäßiger Bekleidung, ca. 1913, Martha Schlotte (Ehefrau von Fritz Schlotte, zweite von links).
Quelle: 75 Jahre Bremer Tennis-Club von 1912 e.V.

Umzug zum Fettkampsweg im Jahre 1928 bis heute

Die Platzanlage an der Georg-Gröning-Straße genügte den Anforderungen nicht mehr. Nach langen Verhandlungen verpachtete die Stadt Bremen dem BTC eine Wiese von 8.000 Quadratmetern am Fettkampsweg (heute Biermannstraße). Diese Wiese wurde mittels Schutt, der beim Abbruch der alten Häuser zum Bau des Nordwollehauses (Haus des Reichs) angefallen war, um 40 Zentimeter erhöht. Damit war der Platz planierfähig. Im Mai 1928 konnte die neue Vereinsanlage am Fettkampsweg zum Spielen freigegeben werden.

Fritz Schlotte, der seit 1912 ununterbrochen Vereinsführer gewesen war, trat im November 1935 überraschenderweise zurück. Er blieb dem Verein jedoch eng verbunden.

Heute (2017) hat der BTC die Anschrift Biermannstraße 3, 28213 Bremen.

Den mehr als 500 Vereinsmitgliedern stehen 10 Sandplätze und im Winter 2 Hallenplätze zur Verfügung. Das Clubhaus mit der Gaststätte „12er“, ist Mittelpunkt des geselligen Lebens. Auch die sportlichen Erfolge können sich sehen lassen.

Fazit: Fritz Schlotte hat den BTC ununterbrochen 22 Jahre als Vorsitzender geführt. Er hat damit die wichtigen Weichen bis in die heutige Zeit gestellt.

Fritz Schlotte und der Bremer Hockey-Club e.V. von 1913

Fritz Schlotte hat auch in der Geschichte des Bremer Hockey-Clubs aktiv mitgewirkt. Es zeigt sich, dass bereits 1901 ein Bremer Hockey-Club (BHC) gegründet wurde, der aber in dem 1905 gegründeten Club zur Vahr aufging. Dazu wurde ein Bremer Hockey-Club von 1904 neu gegründet. Er hatte nur zwölf Mitglieder.

Mitten in Schwachhausen: die Tennisanlage des Bremer Tennis-Clubs.

Das reichte auf die Dauer nicht und da weitere Vereine fehlten, drohte der Spielbetrieb einzuschlafen. Da entschlossen sich die Herren Gustav Reese und Fritz Schlotte vom Bremer Tennis-Club von 1912 sowie einige ehemalige Mitglieder des Bremer Hockey-Clubs von 1904 – unterstützt von der Hockey-Abteilung des Clubs zur Vahr – den Bremer Hockey-Club im Jahre 1913 wieder aufleben zu lassen. Gespielt wurde auf einem Platz an der Parkallee zwischen Schwachhauser Ring und Emmastraße.

Nach Abzug des Bremer Tennis-Clubs an der Georg-Gröning-Straße vermittelte Fritz Schlotte die Vermietung der alten Platzanlage an die Tennisabteilung des BHC. Diese konnte die Anlage nur bis 1935 nutzen, da das Grundstück anschließend bebaut wurde.

Im Laufe der Jahre hat der Verein Höhen und Tiefen durchgemacht und auf verschiedenen Plätzen gespielt. Seit 1972 besitzt der Verein am Heinrich-Baden-Weg 25 in Oberneuland eine eigene Spielstätte. Heute (2017) bietet der Verein seinen derzeit knapp 1.200 Mitgliedern ein breites Angebot in den Sportarten Tennis und Hockey.

Fazit: Fritz Schlotte hat die „Wiederauferstehung“ des Bremer Hockey-Clubs im Jahre 1913 maßgeblich mit in Gang gebracht. Was wäre ohne ihn gewesen?

Jugendmannschaft des FV Werder in Sportkleidung am Buß- und Bettag 1919.
Quelle. Werder Bremen-100 Jahre Sport im Rampenlicht, Focke Museum

Fritz Schlotte und der Sport-Verein „Werder“ v. 1899 e. V.

Das Fußballspiel entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Großbritannien. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden auch in Bremen Fußballvereine. So kam es, dass am 4. Februar 1899 der „Fußballverein Werder von 1899“ – auch kurz Werder genannt – gegründet wurde. Der sportliche Erfolg in den drei existierenden Spielklassen ließ nicht lange auf sich warten: Alle drei Werder-Mannschaften wurden im Jahre 1903 Bremer Meister.

In den folgenden Jahren kamen noch andere Sportarten hinzu. Auf einer Mitgliederversammlung im Jahre 1919 lag der Antrag vor, den Verein in Sport-Verein „Werder“ v. 1899 e. V. umzubenennen. Doch auf Einwand von Fritz Schlotte vertagten die Mitglieder diese Entscheidung. Die Änderung des Vereinsnamens wurde dann doch 1920 beschlossen. Anschließend zeigte sich, dass der Verein mit seinen 1000 Mitgliedern vom Vorstand nicht mehr auf Kurs gebracht werden konnte. Deshalb traten Fritz Schlotte und zwei weitere Männer aus dem Vorstand im August 1921 von ihrem Posten zurück.

Nach schlechten Leistungen der Ersten Mannschaft wuchs die Unmut im Verein. Da arbeitete ein „Altherrenkabinett“ den Vorschlag aus, in der Mitgliederversammlung Fritz Schlotte zum „Diktator“ zu wählen. Und so geschah es auch: Fritz Schlotte wurde gewählt.

Martha und Fritz Schlotte, um 1935
Quelle: 75 Jahre Bremer Tennis-Club von 1912 e.V.

Die „Diktatur Schlotte“

Fast das ganze Jahr 1924 ging damit als „Diktatur Schlotte“ in die Vereinsgeschichte ein. Es gab keine Mitgliederversammlungen mehr, sondern jeder musste sich seinem Diktat unterwerfen. Aber Fritz Schlotte sorgte mit „Wagemut und Kaufmannsgeist“ für einen neuen Erfolg. Unter seiner Führung entstand auch das Symbol Werder-W., allerdings noch ohne Raute. Die kam erst 1929. Nach dieser Gewaltkur im Jahre 1924 war der Verein wieder im Tritt. Fritz Schlotte blieb noch bis November 1925 Vereinsvorsitzender.

Die weitere Geschichte des Sportvereins Werder bis heute (2017) sei nur kurz erwähnt: Im Profibereich Fußball gehörte Werder in den letzten Jahrzehnten national wie international zu den erfolgreichsten Mannschaften der Bundesliga. Neben vier deutschen Meisterschaften und sechs DFB-Pokal-Siegen ist ein Gewinn des Europapokals der Pokalsieger 1992 zu verzeichnen. Das Weserstadion hat etwas mehr als 42.000 Plätze.

Werder Bremen bietet im Amateurbereich neben Fußball auch Handball, Leichtathletik, Tischtennis, Turnspiele, Gymnastik und Schach an. Der Verein hatte im Juli 2016 etwa 36.500 Mitglieder.

Fazit: Fritz Schlotte hatte im Jahre 1924 das „Ruder herumgerissen“ und dem Verein wichtige Impulse für die Zukunft gegeben.

Das Geschäftshaus „E. Schlotte – Haus der der Geschenke“, erbaut 1903, an der Obernstraße 44/54, Ecke Kahlenstraße bis zum Schuhgeschäft „Chasalla“.
Quelle: Staatsarchiv Bremen, Foto um 1925

Fritz Schlotte und seine Biografie

Schlottes Großvater war der aus Leipzig stammende Schriftsetzer Eduard Schlotte (1827 bis 1899). Er heiratete 1850 nach Bremen ein und betrieb eine Annoncen-Expedition. 1852 eröffnete er ein Geschäft für Haushaltsgegenstände und Geschenke.

Sein Sohn Heinrich Wilhelm Rudolph Schlotte (1852 bis 1914) ließ 1903 vom Bauunternehmer und Architekten Wilhelm Blanke ein prunkvolles Geschäftshaus an der Obernstraße 44/54 errichten. Zeitgleich folgte noch sein Privathaus an der Kaiser-Friedrich-Straße 25 (heute Hermann-Böse-Straße 25). Nach seiner Ausbildung zum Kaufmann trat Fritz Schlotte in das „Haus der Geschenke“ ein.

Fritz Schlotte während des Ersten Weltkriegs

In den ersten Monaten seines Einsatzes im Ersten Weltkrieg schrieb er eine Feldpostkarte an Otto Tannert. Im Text auf der Rückseite heißt es unter anderem: „Der Frühling kommt – der Friede aber noch nicht. Ich rechne auf Spätherbst.“

In den Jahren 1916/17 war Fritz Schlotte als Leutnant an der Ostfront. Dort organisierte er hinter der Front Punktrunden im Fußball zwischen verschiedenen Bataillonen und auch große Sportfeste. Anfang September 1917 schrieb er per Feldpost, er habe inzwischen einen richtigen Bühnenplatz hinter der Front aufgebaut und schon ein vielbeachtetes Sportfest organisiert. Er sei zum „Sportoffizier“ ernannt worden.

Als der Erste Weltkrieg vorbei war, widmete er sich umso mehr seinen drei Vereinen. In den 1930er Jahren sehen wir ihn mit seiner Frau Martha als Privatmann.

Beim 122. Bombenangriff vom 20. Dezember 1943 wurden die prächtigen Geschäftsräume an der Obernstraße 44/54 zur Ruine. Vermutlich bei einem weiteren Angriff im Juni 1944 wurde Fritz Schlotte schwer verletzt aus den Trümmern geborgen und starb am 21. Juni 1944 im St. Joseph-Stift.

1956 gab die Familie Schlotte ihr notdürftig eingerichtetes Geschäft an der Obernstraße 44/54 auf. Auf dem Grundstück entstand im Jahre 1958 der Neubau für das Textilgeschäft Peek & Cloppenburg. Nach einem Umbau im Jahre 2004 befinden sich heute (2017) in dem Gebäude die Geschäfte Mango, Benetton und Thalia. Peek & Cloppenburg ist zur Obernstraße 2 bis 12 gezogen.

von Peter Strotmann

Ein Verdienst von Fritz Schlotte: der Spielbetrieb beim Bremer Tennis-Club, hier ein Foto von 1927.
Quelle: Archiv des Bremer Tennis-Clubs

75 Jahre Kriegsende

Neuanfang nach der Diktatur

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