Vor 50 Jahren

Seit etwa drei Wochen hat der Koch Wilfried K. aus der Theodor-Billroth-Straße in Kattenesch an seinem Feierabend keine rechte Freude mehr. Dinge, die ihm früher Entspannung boten, sind heute geeignet, ihm nach des Tages Arbeit auch noch den letzten Nerv zu rauben. Sobald er zu Hause das Radio einschaltet, werden auf allen Wellenbereichen Nachrichten und frohe Weisen im Abstand von jeweils acht Sekunden von einem unangenehmen Piepton begleitet. (WESER-KURIER, 14. Januar 1972)

Hintergrund

Woher das Piepen kam, konnten sich Wilfried K. und andere Bremer aus den Stadtteilen Kattenturm, Kattenesch, Huckelriede und der Südervorstadt seinerzeit zunächst nicht erklären. Und nicht nur das Radio war betroffen: Auch bei Plattenspielern, Tonbandgeräten und beim Fernsehen gab es Probleme. „Wendet sich Wilfried K. dem Fernsehen zu, ist zwar der Piepton weg, doch dafür huschen mit penetranter Regelmäßigkeit drei weiße Striche übers Bild“, berichtete der WESER-KURIER damals. Doch weder Herr K. noch seine Nachbarn oder die Geräte waren schuld am gestörten Empfang. Verantwortlich war der damals neue Radarturm am Flughafen, direkt an der Ochtum.

Der Turm war der erste von insgesamt sechs sogenannten Rundsicht-Radaranlagen, die im Gebiet der Bundesrepublik ein weiträumiges Radarbeobachtungssystem für die zivile und militärische Luftfahrt bilden. Mit der Radaranlage am Bremer Flughafen konnten damals Flugzeuge im Umkreis von 280 Kilometern und in bis zu 22 Kilometern Höhe überwacht werden. 1972 ging die Radaranlage in den Testbetrieb und im April 1974 dann in den regulären Betrieb. Der Turm sendete seine Signale damals tangential – also mehr oder weniger parallel – zur Erdoberfläche und damit auch durch Wohnungswände, die der Antenne zugewandt waren. Das löste die Störungen aus.

50 Jahre später gibt es den Radarturm immer noch. Er hilft der Deutschen Flugsicherung in Bremen bei der Kontrolle des norddeutschen Luftraumes zwischen den Niederlanden im Westen und Polen im Osten. Solche Störungen wie damals seien heute nicht mehr möglich, weil die Anlage heute in einem höheren Frequenzbereich sende als 1972, erklärt DFS-Sprecherin Anja Naumann. „Dieser liegt im Gigahertz-Bereich und damit weit oberhalb der Rundfunkfrequenzen.“ Dank der technischen Entwicklungen der Hochfrequenztechnik in den vergangenen Jahrzehnten sind laut der Sprecherin heute deutlich geringere Sendeleistungen notwendig. Trotzdem könnten damit auch kleinere, weit entfernte Flugzeuge erfasst werden.

Der Radarturm am Ochtumdeich sorgte im Januar 1972 für Unmut: Seine Sendefrequenzen störten den Fernseh- und Radioempfang bei einigen Anwohnern rund um den Flughafen.
Quelle: Archiv

Jung, aber mit viel Geschichte

50 Jahre
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