Im Zeichen des Hakenkreuzes: die Obernstraße während der Olympiade 1936.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Vor 75 Jahren: Gründung der Gesellschaft für öffentliche Bäder am 18. Februar 1942

Wer 75 Jahre alt wird, hat allen Grund zum Feiern. So auch die Bremer Bäder GmbH, die zum Jubiläum in Zusammenarbeit mit dem Weser-Kurier eine 52-seitige Chronik erstellt hat. Dennoch kommt man ins Grübeln: Die Gründung mitten im Zweiten Weltkrieg, am 18. Februar 1942, erscheint erklärungsbedürftig.

Zu verstehen ist die Sache nur, wenn man sich die Doppelstruktur im Bremer Badewesen vor Augen hält. Einerseits gab es den 1875 gegründeten privatwirtschaftlichen Verein für öffentliche Bäder, andererseits den staatlichen Betrieb unter Obhut der Behörde für Leibesübungen und Jugendpflege.

Diese Doppelstruktur gab nicht erst seit der NS-Machtübernahme immer wieder Anlass zur Kritik. Nach 1933 geriet sie aber zunehmend unter Druck, der Regierende Bürgermeister Heinrich Böhmcker drängte auf „Gleichschaltung“ des Bäderwesens. Um die Dinge in Fluss zu bringen, wurde im Sommer 1939 bei einem Berliner Institut ein Gutachten in Auftrag gegeben.

Für Böhmcker ein Schlag ins Wasser

Erst im März 1941 lag das Papier vor. Für Böhmcker war es ein Schlag ins Wasser, da die Gutachter von einer Verstaatlichung des Vereins dringend abrieten. Der Verein werde „sehr gut bewirtschaftet“, unter staatlicher Regie sei mit einem spürbaren Anstieg der Personalkosten zu rechnen. Das Ergebnis: Böhmcker ruderte zurück. Nun drehte der Verein für öffentliche Bäder den Spieß sogar um, indem er anregte, die staatlichen Sommerbäder zu übernehmen.

Lieferte das Gutachten für die Gründung der GmbH: der frühere Senator Theodor Spitta. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Wie Eugen de Porre im Buch über das Bremer Badewesen ausführt, ging die Initiative zur Gründung einer GmbH im Juli 1941 vom Verein aus. Kurz danach machte sich das Land Bremen den Vorschlag zu Eigen. Den Entwurf für den Gesellschaftsvertrag lieferte der frühere Senator Theodor Spitta, der für den Senat immer mal wieder Gutachten erstellte. Am 18. Februar 1942 wurde die Gesellschaft für öffentliche Bäder rückwirkend zum 1. Januar 1942 gegründet, das Land Bremen und der Verein brachten ihre jeweiligen Bäder in die neue Gesellschaft ein: das Land seine Freibäder, der Verein die Hallenbäder am Breitenweg und das Hansabad.

225 Jahre öffentliches Badewesen in Bremen

Mit dem 75. Geburtstag verbunden ist auch der 225. Geburtstag des öffentlichen Badewesens in Bremen. Es war nämlich das Jahr 1792, als die ersten beiden öffentlichen Flussbadeanstalten eröffnet wurden. Beide lagen am linken Weserufer, eine oberhalb der großen Weserbrücke etwa gegenüber dem Altenwall und die andere unterhalb der Stadt in der Nähe der heutigen Eisenbahnbrücke. Diese Badeanstalten hatte der Senat genehmigt. Es wurden Aufseher eingestellt, die auch Schwimmunterricht erteilten. Und es wurden Rettungsmittel, wie Boote und Stangen, vorgehalten. Damit hatte die Stadt erstmals in das Badewesen eingegriffen. Gleichzeitig wurde angeordnet, dass das Baden an anderen Stellen nicht mehr erlaubt sei.

Die Stadt hatte das Badewesen an sich gezogen, um das angeblich Unsittliche den Blicken anderer fernzuhalten und Badeunfälle zu vermeiden. Weniger wichtig waren Körperpflege und Hygiene. Viele Menschen, ob arm oder reich, badeten ihr Leben lang nicht. Für andere hingegen war es erfrischend, wenn sie nackt ein Bad in der Weser nahmen. Das war allerdings nur vom späten Frühling bis zum frühen Herbst möglich.

Wasser aus der Weser:
Brückentor und links daneben das Wasserschöpfrad, auch Wasserkunst genannt (Karte von 1750).
Quelle: Staats- und Universitätsbibliothek Bremen

Ganz miese Verhältnisse in der Stadt

Manch einer mag jetzt über diese schlechten hygienischenVerhältnisse die Nase rümpfen. Bremen hatte zwar schon ab 1394 ein vom Weserwasser, später durch Pferde, angetriebenes Schöpfrad. Das damit geförderte Wasser wurde durch Holz- oder Bleileitungen in die Stadt geleitet. Es erreichte aber nur den inneren Stadtkern. Für die äußeren Gebiete gab es öffentliche Pumpen und Brunnen. Das alles versagte bei strengem Frost, bei dem sogar die Weser zugefroren war.

Badezimmer waren sehr selten anzutreffen. Erschwert wurden die Verhältnisse noch dadurch, dass man nicht wusste: Wohin mit den Fäkalien? In einigen Häusern gab es Plumpsklos, deren Gruben gelegentlich geleert wurden. In den ärmeren Vierteln, Gängen und Höfen schüttete man den Inhalt der Pinkelpötte oftmals einfach auf die Straße. Man mag sich kaum vorstellen, wie es gestunken hat. Das alles hat Krankheiten hervorgerufen, an denen letztlich nicht wenige Menschen gestorben sind.

Ab 1842 bis kommt es zu einem Boom der Flussbadeanstalten. Die Badeanstalt am linken Weserufer, oberhalb der Großen Weserbrücke, war besonders beliebt. 1842 verlegt man sie an den Sielwall, gleich beim Fähranleger. Hier wurde die Badestelle groß ausgebaut.

Badestelle am linken Weserufer wenig frequentiert

Hinein ins kühle Nass: links die Hufelandsche Badeanstalt, rechts die Militärbadeanstalt.
Quelle: SuUB/Peter Strotmann

Die 1792 am linken Weserufer angelegte Badestelle, in Nähe der heutigen Eisenbahnbrücke, war nicht stark frequentiert. Durch Abwässer war der Standort ungeeignet und wurde aus diesen und anderen Gründen mehrmals verlegt.

In der Folgezeit entstanden auch an der Kleinen Weser die Hufelandsche Badeanstalt und die Militärbadeanstalt.

Auf der Weser ankerten im Laufe der Zeit mehrere Badeschiffe. Sie hatten Badekabinen, in denen sich die Menschen waschen konnten. Diese Badeschiffe besaßen meist ein Schwimmbecken.

Ab den 1880er Jahren wurden Flussbadeanstalten, wie Eberlein in Hastedt und Wagenbrett am Peterwerder, eingerichtet. Es war die Zeit, in der sich mehrere Schwimmvereine gründeten, Schulschwimmen und kostenloser Schwimmunterricht staatlich gefördert wurde.

Das Breitenwegbad

1877 erlebte Bremen die Eröffnung des Bades am Breitenweg. Damit hatte die Stadt endlich ein Badehaus, das ganzjährig genutzt werden konnte. Zur Verfügung standen:

  • 63 Wannenbäder 1. und 2. Klasse
  • ein Duschsaal und Einzelduschen für „Reinigungsbäder“
  • Medizinalbäder 1. und 2. Klasse
  • ein Römisch-irisches Bad und eine Russische Badeanstalt
  • eine Schwimmhalle mit den Ausmaßen 14,25 x 8,1 Meter bei einer Wassertiefe von 100 bis 160 Zentimeter
  • ein Damenbad

Volksbad am Steffensweg und Badeanstalt beim Ohlenhof

1927 als städtisches Bad eröffnet: das Strandbad am Waller See.
Quelle: Stadtteil-Archiv Bremen-Neustadt

1899 eröffnete das Volksbad am Steffenweg. Es hatte fünf Wannenbäder 1. Klasse, 52 Wannenbäder 2. Klasse, zwölf Brausebäder sowie Dampf- und Heißluftkastenbäder. Ein Schwimmbecken kam erst 1928 dazu, damals wurde es in „Hansabad“ umbenannt.

Die Badeanstalt beim Ohlenhof wurde 1914 eingeweiht. Es blieb ohne Schwimmbecken.

Freibäder

Als eines der Strandbäder, die nicht an einem Fluss lagen, sei das Waller See Strandbad genannt. Es wurde 1927 als städtisches Bad eröffnet und 1943/44 bei Luftangriffen schwer beschädigt. Die Schwimmbecken blieben unbeschädigt.

von Frank Hethey und Peter Strotmann

Viele Jahre die zentrale Badeanstalt in Bremen: das Breitenwegbad.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

75 Jahre Kriegsende

Neuanfang nach der Diktatur

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