Auffälliges historistisches Bauwerk am Tiefer auf vielen Postkarten zu sehen – eine Spurensuche

Diese Stadtansicht, vom Werder aus auf den Altenwall und Tiefer gesehen, ist wirklich häufig fotografiert worden. Es ist gut, wenn man im Abstand von einigen Jahren aufgenommene Fotos zur Hand hat. Dann wird man feststellen, dass sich Im Laufe der Zeit doch so einiges verändert hat.

Noch kein Backsteinbau: Um 1900 stand an gleicher Stelle noch ein Gebäude aus der Biedermeierzeit. Bildvorlage: Peter Strotmann

Noch kein Backsteinbau: Um 1900 stand an gleicher Stelle noch ein Gebäude aus der Biedermeierzeit.
Bildvorlage: Peter Strotmann

Das fragliche Haus ist das Grundstück „Hinter der Holzpforte 9/10“. Diese Straße beginnt an der Wüstestätte im Schnoorviertel und verläuft bis zum Stavendamm. Erst da beginnt die Straße „Tiefer“.

So war es bis 1945.

Dann wird dieser Straßenanteil „Hinter der Holzpforte“ der „Tiefer“ zugeschlagen. Die neue Anschrift lautet Tiefer 2.

Auf einer Postkarte von 1900 sehen wir das Haus „Hinter der Holzpforte 9/10“ mit seiner schlichten Biedermeierfassade. Es ist im Stil unauffällig und den Nachbarbauten angepasst und wird als Packhaus genutzt. Auf der Ufermauer stehen Kräne.

Ein Backsteinbau mit zwei Pseudo-Renaissance-Giebeln

1908/09 lässt sich die Bremer Schleppschiffahrtsgesellschaft, 1886 gegründet, ein repräsentatives Verwaltungsgebäude errichten. Es ist ein Backsteinbau mit zwei Pseudo-Renaissance-Giebeln. Er passt hier nicht ins Straßengefüge, aber an der Tiefer gab es einige Gebäude mit ähnlichem architektonischem Stil.

Der Backsteinbau: 1908/09 von der Bremer Schleppschiffahrtsgesellschaft als repräsentatives Verwaltungsbgebäude errichtet. Bildvorlage: Peter Strotmann

Der Backsteinbau: 1908/09 von der Bremer Schleppschiffahrtsgesellschaft als repräsentatives Verwaltungsbgebäude errichtet.
Bildvorlage: Peter Strotmann

Auf einer weiteren Ansichtskarte von 1938 sehen wir die Partie „Hinter der Holzpforte“ und die Türme der Stadt. 1939 vereinigen sich die Bremer Schleppschiffahrtsgesellschaft und die Mindener  Schleppschiffahrtsgesellschaft (gegründet 1893) zur Bremer-Mindener Schiffahrts AG. Sie verfügte über circa zehn Schlepper.

Ein Foto von 1965 zeigt, dass das Gebäude den Zweiten Weltkrieg offensichtlich gut überstanden hat, obwohl die Gegend schwer verwüstet wurde.

1971 ging die Bremen-Mindener Schiffahrts AG in der Fendel-Schiffahrts-AG, Mannheim auf, welche heute zur Rhenus-Logistics gehört. Schiffahrt auf der Ober- und Mittelweser wird nicht mehr betrieben.

Das historistische Bauwerk wurde 1972 abgerissen

Die Firma Rhenus hatte damit auch das aus den Gründerjahren der Schleppschiffahrt stammende Gebäude Tiefer 2 übernommen. Dieses ließen sie 1972 abreißen und durch den Architekten Müller-Menckens in nur zehn Monaten Bauzeit einen Neubau errichten. Die Einweihung war am 28. Januar 1974.

Der Nachfolgebau: 1972 wurde das historistische Gebäude abgerissen und durch modernen Neubau ersetzt. Foto: Peter Strotmann

Der Nachfolgebau: 1972 wurde das historistische Gebäude abgerissen und durch modernen Neubau ersetzt.
Foto: Peter Strotmann

Unter der Überschrift: „Altes und Neues verträgt sich gut“ schreibt der Weser-Kurier: „Geschickte Planer und Architekten haben mit dem Rhenus-Haus im Schnoor ein wahres Meisterwerk geschaffen. Der moderne Bau fügt sich harmonisch in das alte Viertel ein und bietet mit den Fertigbetonteilen aus rötlichem nordischen Gestein und den bronzefarbenen Aluminiumfensterbändern einen freundlichen Anblick. Wie der Architekt mitteilte, sollen auf den Terrassen noch Blumenkästen angebracht werden, so dass die Ansicht durch ein farbenprächtiges Blütenmeer weiter verschönert wird.“

Tiefer 2 mit den „Fertigbetonteilen aus rötlichem nordischem Stein“ von rechts: Altenwall  27 (teilweise zu sehen), Altenwall 28 (Schnoorbräu), Altenwall  29 (Auf dem Foto von 1965 stand dort ein Bretterzaun vor dem Ruinen-Grundstück.)

Blick über die Weser: Von der Werderstraße aus gesehen machen die Bauten eine annehmbare Weserfront aus. Nach 1945 wurde die Tiefer zur Hauptverkehrsstraße ausgebaut und die Ufermauer erneuert. Foto: Peter Strotmann

Blick über die Weser: Von der Werderstraße aus gesehen machen die Bauten eine annehmbare Weserfront aus. Nach 1945 wurde die Tiefer zur Hauptverkehrsstraße ausgebaut und die Ufermauer erneuert.
Foto: Peter Strotmann

Heute ist die Rhenus-Logistic im Bremer Kaffee-Quartier angesiedelt und in ihrem ehemaligen  Bürogebäude, Tiefer 2, haben diverse Firmen ihren Sitz.

von Peter Strotmann

Eine beliebte Postkartenansicht: Blick vom Wasserturm auf die Weser in Richtung Tiefer auf einer Aufnahme von 1967. Am linken Bildrand ist ein auffälliges, rot verklinkertes Backsteingebäude zu erkennen - was war das für ein Bau und was ist daraus geworden? Bildvorlage: Wikicommons/G. Friedrich

Eine beliebte Postkartenansicht: Blick vom Wasserturm auf die Weser in Richtung Tiefer auf einer Aufnahme von 1967. Am linken Bildrand ist ein auffälliges, rot verklinkertes Backsteingebäude zu erkennen – was war das für ein Bau und was ist daraus geworden?
Bildvorlage: Wikimedia Commons/G. Friedrich

Jung, aber mit viel Geschichte

50 Jahre
Universität Bremen

50 Jahre sind seit der Gründung der Universität Bremen vergangen. Auf dem Weg von der vermeintlichen roten Kaderschmiede zur Exzellenzuniversität ist viel passiert: Wir haben den ersten sowie den aktuellen Rektor interviewt und mit Absolventen gesprochen – zu denen auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte gehört. Zudem hat uns ein Architekt über den Campus begleitet. Das Magazin der Reihe WK | Geschichte gibt es ab 18. September in den ­Kundenzentren des WESER-­KURIER, im Buch- und Zeitschriftenhandel, online unter www.weser-kurier.de/shop und unter 0421 / 36 71 66 16.

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