Robertstraße zweimal umbenannt
Ein wirklich glückliches Händchen hatte der Senat nicht, als im Dezember 1945 ein neuer Namen für die Moltkestraße in Hemelingen gesucht wurde, die heutige Robertstraße. Die amerikanische Militärregierung drängte damals die deutsche Verwaltung, bei den Straßennamen gründlich aufzuräumen. Nicht nur Namensgebungen aus dem „Dritten Reich“ sollten verschwinden, auch Straßennamen aus den Jahren des Kaiserreichs standen auf dem Prüfstand. Das galt nicht zuletzt für prominente Heerführer wie Helmuth Graf von Moltke, nach dem die neu angelegte Straße im Mai 1895 benannt worden war. Damals gehörte Hemelingen noch zu Preußen.
Nach der Eingliederung Hemelingens, Mahndorfs und mehrerer Gemeinden in Bremen-Nord im November 1939 hatte Bremen das Problem doppelter Straßennamen. Bereits kurz nach seinem Tod im April 1891 würdigte die Stadt den Generalfeldmarschall mit der Moltkestraße, seit 1905 Graf-Moltke-Straße. Zwei Moltkestraßen in Bremen stifteten Verwirrung, auch das dürfte zur Umbenennung beigetragen haben.
Künftig sollte die Moltkestraße in Hemelingen an ein bekanntes Opfer des Nationalsozialismus erinnern: den ermordeten Arbeiterführer Ernst Thälmann. Als Vorsitzender der KPD hatte der gebürtige Hamburger zweimal für das Amt des Reichspräsidenten kandidiert. Kurz nach Kriegsende mochte der bekannte Kommunist als Namenspatron noch opportun sein. Doch als die Spannungen zwischen den westlichen Siegermächten und der Sowjetunion in den „Kalten Krieg“ übergingen, wurde Thälmann schnell zur Persona non grata.
Die Initiative zur Umbenennung ging von 30 Anliegern aus. Im Oktober 1950 folgte der Beirat Hemelingen bei einer Gegenstimme ihrem Antrag, die ungeliebte Thälmannstraße in Robertstraße umzubenennen. Per Senatsbeschluss wurde die Umbenennung im Juli 1951 offiziell vollzogen – nach nur knapp sechs Jahren hatte Thälmann als Namensgeber ausgedient.
Heute gibt es in den alten Bundesländern gerade einmal drei Thälmannstraßen. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sieht das natürlich anders aus, dort erinnern insgesamt 53 Straßen an Thälmann, wie dem online-Straßenlexikon der Wochenzeitung „Die Zeit“ zu entnehmen ist.
Doch warum Robertstraße?
Laut Stadtteilforscher Friedrich Rauer orientierten sich die Thälmann-Gegner an der Posse „Robert und Bertram“ aus der Feder des Schauspielers und Bühnenautors Gustav Raeder. Raeder hatte das einst viel gespielte Stück 1856 veröffentlicht, nach Einschätzung des Theaterkritikers Paul Schlenther seine „wirksamste und dauerhafteste Posse“.
Wenn die kleine Straße schon von der Bertramstraße abzweigte, ließ sich die Bezeichnung Robertstraße als passende Ergänzung verstehen – zusammen gesehen eine originelle Erinnerung an die Lustspielposse. Was machte es da schon, dass die Bertramstraße mit der Posse nichts zu tun hatte? Erhielt sie doch ihren Namen zum Gedenken an den ersten Anwohner der Straße, den Steuereinnehmer Bertram.