Vor 50 Jahren

Aus etwa einem Dutzend Eisenbahnwaggons nahm der indonesische Frachter „Johannes Latuharhary“ (6866 BRT) des Djakarta Lloyd gestern in Bremerhaven die zweite Hälfte einer riesigen Beregnungsanlage an Bord, die im Auftrage der Deutsch-Indonesischen Tabakhandelsgesellschaft GmbH & Co. KG, Bremen, bei der Perrot Regnerbau GmbH & Co. in Calw hergestellt wurde. Die aus rund 100 Kilometern Schnellkupplungsrohren mit 2000 angeschlossenen Regnern bestehende Anlage im Gesamtwert von rund 1,6 Millionen Mark ist für die 25 Tabakplantagen auf Nordsumatra bestimmt und so groß ausgelegt, daß sie in Trockenzeiten und auf neu zu erschließenden Hochflächen die Bewässerung von etwa 1600 Hektar Tabakanbaufläche sicherstellen kann. Diese Fläche entspricht dem Anbaugebiet für ca. 60 Prozent einer regulären Sumatra-Tabakernte. (21. November 1970)

Hintergrund

„Das Projekt war leider nicht so erfolgreich“, sagt Wolfgang Köhne. Er führt in dritter Generation die Rohtabak-Firma Hellmering, Köhne & Co und ist Chef der Bremer Tabakbörse. 1972 absolvierte er eine neunmonatige Ausbildung zum Rohtabak-Kaufmann auf den indonesischen Staatsplantagen. Sein Vater Walter Köhne war Inhaber der Deutsch-Indonesischen Tabak-Handelsgesellschaft, die die Beregnungsanlage vor 50 Jahren in Auftrag gegeben hatte.

„Nur einige der Plantagen konnten bewässert werden“, erinnert sich Köhne, der seit 2017 Honorarkonsul Indonesiens ist. Geplant war, dass die Beregnungsanlage mehr als die Hälfte der Sumatra-Tabakernte erreicht. Anschließend hätten die Tabak-Produzenten versucht, das Gebiet mithilfe lokaler Projekte zu bewässern. „Das war nicht besser, aber günstiger. Die hochwertige deutsche Qualität hatte sich nicht ausgezahlt“, so Köhne. Die Tabak-Handelsgesellschaft hatte sich erhofft, mithilfe der Beregnungsanlage eine gleichbleibende Produktionsmenge und -qualität des Sumatra-Tabaks zu erreichen. Nur wenn es während der Wachstumszeit zwischen Februar und Juni eine ausgeglichene Sonnen- und Regeneinwirkung gebe, könnten höchste Erträge erzielt werden, schrieb der ­WESER-KURIER damals.

Die kostspielige Anlage von mehr als anderthalb Millionen Mark sei langfristig von der Bremer Gesellschaft finanziert worden, stand in der Zeitung, wobei die Absicherung der Finanzierung sowohl durch das Land Bremen als auch durch Bürgschaften der Bremer Tabakgruppe erfolgte. „Das war ein riesiges Projekt“, sagt Köhne.

1970 war Tabak für die Hansestadt noch von großer Bedeutung. 1959 machte eine Regierungsverordnung der Republik Indonesien Bremen zum Zentralmarkt aller indonesischen Exporttabake; im April des Jahres erreichte die erste Tabaksendung die Stadt. Zuvor mussten Tabake noch über Amsterdam oder Rotterdam umgeschlagen und verkauft werden. Doch Indonesien hatte sich dazu entschieden, die engen Außenhandelsbeziehungen zu seinem ehemaligen Kolonisator zu lösen. Darum entzog die Regierung den Städten das Monopol und verstaatlichte in einem innenpolitischen Akt die holländischen Tabakplantagen.

Heute hat ein anderes Exportprodukt Tabak den Rang abgelaufen: Palmöl. Das Land ist der größte Produzent der Welt. „Indonesien hat seine Tabak-Plantagen extrem reduziert“, sagt Köhne. Mittlerweile werde auf den meisten Plantagen der begehrte Rohstoff abgebaut und der Regenwald gerodet, um neue Anlagen zu erschließen. „Es gibt aber noch Sumatra-Tabak“, sagt Köhne. „Und den vermarkten wir auch.“

1959 erhielt Bremen den ersten Tabak aus Indonesien. Foto: Otto Lohrisch-Achilles

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