Der Glockengang in künstlerischer Freiheit dargestellt.
Ansichtskarte von 1920 nach einem Gemälde.
Quelle: Sammlung Peters

Ein Blick in die Geschichte (173): Foto von 1952 zeigt den Glockengang

Zugegeben, dieser Gang ist leicht zu übersehen. Er ist wirklich sehr schmal.

Er liegt mitten in Bremen, keine 200 Meter vom Roland entfernt. Es ist einer letzten der fast 200 Gänge und Höfe, die es in Bremen einmal gegeben hat. Die meisten lagen in der Altstadt, im Stephaniviertel und in der Neustadt. Der Zweite Weltkrieg hat fast alle zerstört. In der Altstadt sind einige Gänge im Schnoor, der Kuhgang in der Buchtstraße und eben der Glockengang in der Violenstraße übrig geblieben. Man kommt an ihm vorbei, wenn man mit der Straßenbahn oder mit dem Bus in Richtung Domsheide oder in Richtung Schüsselkorb fährt. Zwischen Violenstraße 7 und 9 liegt dieser Gang und geht durch bis zur Ostertorswallstraße.

Wie der Glockengang zu seinem Namen kam

Es ist eine Geschichte, die bis ins Spätmittelalter zurückreicht, also in die Zeit von 1250 bis 1500. Es war die Zeit, in der der alte Volksglauben das Leben der Menschen bestimmte. Gewitter, Feuersbrunst, Hagelschauer und Stürme waren Dämonen. Und diese Dämonen konnten nur durch Glockengeläut niedergerungen werden.

Dazu wurden mutige Männer als Glöckner gebraucht. Diese mussten bei Wind und Wetter auf die Kirchtürme steigen und ein Glockengeläut anstimmen. Jede Kirche, der Dom, die St. Ansgarii-Kirche und die Liebfrauenkirche hatten für die Gewitterdämonen eine besondere Glocke. In der Liebfrauenkirche war es die Marienglocke, die 1327 gegossen wurde.

Der Glockengang um 1900.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Für die Männer, die mit Glockengeläut die Dämonen austreiben und die Götter besänftigen mussten, war es ein Ehrenamt. Die Verpflichtung galt auf Lebenszeit. Die Glöckner wurden zu den Geistlichen gerechnet, denn sie mussten auch bei den Handlungen während der Gottesdienste die Glocken betätigen. Diese Glöckner erhielten den Namen Klockmanni oder auch Klockenmänner.

Ihnen wurden Häuser in Kirchennähe zugewiesen. Daraus hat sich der Glockengang erhalten. Die Häuser im Glockengang haben sich im Laufe der Zeit verändert, aber die Form und die Breite des Ganges wird wie ursprünglich erhalten geblieben sein.

Im Glockengang ist ein Hotel versteckt

Man wird es kaum glauben, aber im Glockengang Nr. 4 befindet sich das City Hotel Hanseatic Bremen. Es ist ist ein einfaches 2-Sterne-Hotel mitten im Bremer Stadtzentrum. In drei Gehminuten ist der Dom erreichbar.

Nachwort an die Leser von Bremen History

Gehen Sie mit dem neuen Wissen doch gelegentlich mal durch den Glockengang. Die Häuser haben sich zwar seit dem Mittelalter verändert. Doch in der engen Gasse ist noch in jedem Winkel etwas vom Dämonen- und Hexenkult der Ureinwohner zu spüren.

von Peter Strotmann

Ein tiefer Blick ins Glas: Blick in den Glockengang in Richtung Ostertorswallstraße im Jahre 1952.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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