Letzte Bemühungen: Verzweifelte Versuche zur Rettung der Brücken.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Ein Blick in die Geschichte (148): Provisorische Fährverbindungen nach Brückenkatastrophe vor 70 Jahren

So gar nichts von einer lustigen Seefahrt hatte die Überquerung der Weser vor 70 Jahren. Schon allein die langen Wartezeiten sorgten für reichlich Unmut, erst recht das Geschiebe und Gedränge am Martini-Anleger. In die „gewaltige Schlange der Wartenden“ an der Schlachte musste sich im Juli 1947 auch Dorothea Naumann einreihen. „Ich stand eingepfercht zwischen Menschen aller Altersklassen“, beschrieb die damals 39-Jährige ihre eher ungemütliche Zwangslage. Ewig lang kam ihr die Zeit vor, bis sich die Fähre endlich geleert hatte. Und dann die Ernüchterung, als nur ein Bruchteil der Wartenden zusteigen konnte. Mehrfach wiederholte sich das immer gleiche Procedere. Die Menschen seien „wie von einem Fieber“ ergriffen gewesen. „Dumpfes Murmeln, Füßescharren, gereckte Köpfe.“

Am 11. April 1947 war sie eröffnet worden, die neue Fährverbindung zwischen Martini-Anleger und Teerhof. Allerdings nur als Notnagel, als Provisorium, um die Zeit bis zur Wiederherstellung der Weserbrücken zu umschiffen. Durch Eisgang und losgerissene Schiffe waren am 18. März 1947 sämtliche Flussübergänge in Bremen zerstört worden. Als „Brückenkatastrophe“ ging dieses Ereignis in die Lokalgeschichte ein. Für die Stadt auch deshalb ein schwerer Schlag, weil die Instandsetzungsarbeiten an den kriegszerstörten Weserbrücken damals schon weit vorangeschritten waren. Und dann machte ein einziger Tag alles wieder zunichte. Nicht nur, was an alter Bausubstanz bereits repariert worden war, ging den Bach runter. Auch die hölzernen Behelfsbrücken knickten ein wie Streichhölzer.

Doch die Schockstarre war nur von kurzer Dauer. Schon kurz nach der Katastrophe pendelten zu Fähren umfunktionierte Schlepper zwischen verschiedenen Anlegestellen auf der Alt- und Neustadtseite hin und her. Eine Fähre verkehrte zwischen Woltmershausen und den Atlaswerken auf der Stephanikirchenweide, zwei weitere Dampfschiffe setzten Passagiere vom Sielwall und der Lüneburger Straße über. Zusätzlich verkehrte eine kleine Fähre „auf eigenes Risiko“ ab dem Hemelinger Hafen sowie seit dem 21. März 1947 eine Fähre nur für Hafenarbeiter mit Dockausweis vom Hohentorshafen zum Europahafen.

Ersatzverkehr für die zerstörte Weserbrücke. Als Ersatz für die zerstörtte Große Weserbrücke pendelt eine Barkasse zwischen Martinianleger und der Neustadtseite als Personenfähre. Ruine der Martinikirche an der gegenüberliegenden Seite.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Massenauflauf am Landungssteg

Weil dieser geballte Fährbetrieb offenbar noch immer nicht ausreichte, kam am 5. April 1947 eine Schlepperfähre an der Mozartstraße hinzu und am 11. April 1947 die Innenstadtfähre zwischen Martini-Anleger und Teerhof. Zwei Schlepper verkehrten unaufhörlich zwischen den Anlegestellen. Und doch war damit keineswegs ein adäquater Ersatz für die zerstörten Brücken geschaffen. Sehr anschaulich beschreibt Dorothea Naumann, wie sie „die beiden schwarzen Dampfer und den kümmerlichen Landungssteg und die vielen Wartenden und überhaupt alles und jedes an diesem Fährbetrieb“ verwünschte.

Derweil arbeitete man fieberhaft an der Wiederherstellung der zerstörten Brücken. Über die Lüderitzbrücke (Große Weserbrücke) führte zwar ab dem 24. März 1947 ein kleiner Laufsteg, doch der war nur für Bauarbeiter vorgesehen. Anders sah es bei der Eisenbahnbrücke aus, die mit Holzbohlen notdürftig repariert worden war und am 25. März 1947 erstmals für Fußgänger freigegeben wurde. Ein Spaß war die Überquerung der Weser auf der Eisenbahnbrücke allerdings nicht, weil gleichzeitig auch Fahrzeuge den schmalen Übergang nutzen durften. Und das ging nicht anders als im wechselseitigen Einbahnstraßenverkehr. Kein Wunder, dass sich Fußgänger und Fahrzeuge immerzu in die Quere kamen. Bei gewagten Überholmanövern sei es „fortwährend zu teilweise schweren Unfällen“ gekommen, schreibt der Regionalhistoriker Harry Schwarzwälder. Am 3. Juni 1947 waren sogar zwei Tote zu beklagen.

Immerhin entspannte sich die Lage, als am 8. Mai 1947 die instandgesetzte Memorial-Bridge direkt neben der Lüderitzbrücke für den Verkehr freigegeben wurde. Ab diesem Zeitpunkt galt eine Art Kreisverkehr: Die Eisenbahnbrücke war nur noch für den Fahrzeugverkehr in Richtung Neustadt freigegeben und die Memorial-Bridge dem Verkehr in die Altstadt vorbehalten. Das bedeutete aber nicht, dass nun der Fährbetrieb eingestellt werden konnte. „Fußgänger sollten in Anbetracht des engen Steges möglichst die Fähren benutzen“, schreibt Harry Schwarzwälder.

Wie lange der Fährbetrieb beibehalten wurde, ist indessen nicht ganz klar. Eine spürbare Erleichterung dürfte eingetreten sein, als am 8. Juli 1947 ein zweiter Fußgängersteg an der Memorial-Bridge angebracht wurde. Ein weiterer Meilenstein war die Wiedereröffnung der Lüderitzbrücke unter ihrem alten Namen Große Weserbrücke am 29. November 1947. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte auch der Fährbetrieb zwischen Martini-Anleger und Teerhof eingestellt worden sein.

von Frank Hethey

Drangvolle Enge: die memorail-Bridge 1946.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Jung, aber mit viel Geschichte

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