Ein Blick in die Geschichte (203): Luftbild zeigt den Teerhof in den Vorkriegsjahren
Einen schönen Eindruck vom Teerhof inmitten der Weser vermittelt diese Luftaufnahme aus Vorkriegszeiten. Der Teerhof war damals dicht mit Wohn- , Geschäfts- und Packhäusern bebaut, die Kaiserbrücke verbindet die Altstadt mit der Neustadt. Am nordwestlichen Ausläufer der Landzunge ist das auffällige Gebäude der Kaffeerösterei Schilling zu sehen, heute Standort des Neuen Museums Weserburg. Die Bezeichnung „Weserburg“ war schon damals geläufig, der Volksmund hatte sie ersonnen, um den burgartigen Charakter des Backsteingebäudes zu kennzeichnen. Dazu trugen vor allem die beiden Türme an der Vorderseite bei, die rückseitig mit einem Stufengiebel ausgestattet waren.
Das historistische Gebäude im damals populären neugotischen Stil war 1897/98 nach Plänen des Baumeisters Johannes Rippe errichtet worden, seit 1876 als Baudirektor der Leiter der Bremer Bauverwaltung. Die Zigarrenfabrik Ad. Hagens & Co. hatte das Gebäude als neuen Firmensitz in Auftrag gegeben, in den einzelnen Geschossen befanden sich Büro- und Proberäume. Rippes bevorzugter Architekturstil war bis zuletzt die Neugotik. Zusammen mit seinem Vorgänger Alexander Schröder entwarf er auch die Friedenskirche an der Humboldtstraße (1869), die Justizvollzugsanstalt Oslebshausen (1874) und die Friedhofskapelle Riensberg (1875).
Unter zeitgenössischen Kollegen fand das Gebäude viel Anerkennung. „Das Bauwerk, im Thorcharakter gehalten, bildet durch seine malerische Gruppierung, in einfachen, kräftigen gotischen Rohbauformen gehalten, einen wirksamen Abschluss der sonst so eintönigen alten Packhausgruppe auf der Teerhofinsel“, schrieb Franz Wilhelm Mehlhorn, Architekt und Oberlehrer am Technikum, in „Bremen und seine Bauten“.
Seinen Namen erhielt der Teerhof im 18. Jahrhundert. Damals befanden sich auf der schmalen Landzunge eine Reihe kleinerer Werften, beim Schiffsbau wurde Teer zum Abdichten der Planken und Fugen verwendet. Für die Teerarbeiten gab es ein Teerhaus, daraus entwickelte sich die Bezeichnung Teerhof. Ungefähr in Höhe der heutigen Weserburg stand bis 1669 eine Bockwindmühle, im 18. Jahrhundert zählte man auf dem Teerhof rund 40 Wohn- , Geschäfts- und Packhäuser.
Vollständig bebaut wurde der Teerhof erst im 19. Jahrhundert. In den Inflationsjahren nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Weserburg an die Kaffeerösterei Schilling veräußert. Damals war der Teerhof die Wohnstatt sogenannter kleiner Leute, in den Häuschen lebten zahlreiche Arbeiter und Handwerker. Beim verheerenden Luftangriff vom 6. Oktober 1944 fielen zahlreiche Bomben auf den Teerhof, die meisten Gebäude gingen in Flammen auf. Auch die Weserburg, die erst ein paar Jahre später in neuer Gestalt wiederaufgebaut wurde.