Vor 50 Jahren

Bis zum Jahre 2100 können sich die Bremer und Bremerhavener nach menschlichem Ermessen hinter ihren Deichen sicher fühlen. Obwohl von Jahr zu Jahr der Wasserspiegel des Meeres steigt, die Küste sich senkt – um einen Zentimeter. Bei den Deichbauarbeiten in den vergangenen Jahren hat man die Höhe der Deiche unter Berücksichtigung der künftigen Sturmflutsperrwerke an Lesum, Ochtum und Hunte so bemessen, daß erst unsere Ur- und Ururenkel wieder für einen stärkeren Schutz ihres Landes sorgen müssen. (WESER-KURIER, 13./14. Februar 1971)

Hintergrund

Nur müde lächeln kann Michael Dierks, wenn er die optimistische Prognose zum Deichbau aus den frühen 1970er-Jahren hört. „Deichbau ist eine Daueraufgabe“, sagt der neue Geschäftsführer des Bremischen Deichverbands am linken Weserufer. Durch immer höhere Wasserstände müssten auch die Deiche sehr viel früher erhöht werden als vorgesehen. Schon jetzt entspreche der erste Generalplan Küstenschutz von 2007 nicht mehr den voraussichtlichen Anforderungen.

Es muss also im wahrsten Wortsinne eine Schippe draufgelegt werden. „Es ist geplant, die Deiche um einen halben Meter zu erhöhen“, sagt Dierks. Und wenn das geschehen ist, werde man nicht langfristig Ruhe haben. „In den nächsten 15 bis 20 Jahren werden wir die Deiche schon wieder ertüchtigen müssen.“ Das liegt nach Dierks’ Einschätzung nicht nur am Anstieg des Meeresspiegels infolge des Klimawandels. Ein Teil des Problems ist auch hausgemacht. „Die Weservertiefung trägt dazu bei, dass wir mit höheren Sturmflutständen rechnen müssen.“

Auch der Teerhof ist im März 1881 überflutet. Das Foto ist von der Neustadtseite aus aufgenommen und zeigt den Blick auf den Turm der St. Ansgarii-Kirche in der Altstadt.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

In der Bremer Geschichte haben Hochwasserkatastrophen tiefe Spuren hinterlassen. Für einen bleibenden Eindruck sorgten die Überschwemmungen von 1880/81, als weite Teile des Stadtgebiets monatelang unter Wasser standen. Noch in lebhafter Erinnerung dürfte vielen Menschen die Sturmflut vom Februar 1962 sein, damals kamen in Bremen sieben Menschen ums Leben. In den Folgejahren wurde kräftig in den Deichbau an der Weser investiert, nach Fertigstellung des Ochtumsperrwerks im Oktober 1976 schien Bremen seine Hausaufgaben gemacht zu haben.

Seit 2007 ziehen Niedersachsen und Bremen im Hochwasserschutz an einem Strang, der gemeinsame Generalplan Küstenschutz (GPK I) gilt als Zäsur. Bis Ende 2020 wurden laut Baubehörde rund 28 Kilometer Deichlinie in Bremen und Bremerhaven erhöht, 153 Millionen Euro flossen in den Küstenschutz. „Damit entsprechen nunmehr circa 70 Prozent der rund 80 Kilometer langen Deichlinie entlang der Unterweser den Anforderungen des GPK I aus 2007“, vermeldet die Baubehörde.

Dass diese Anforderungen nun schon wieder überholt sind, steht auf einem anderen Blatt. Die alte Linie des Generalplans lautete, die Deiche um einen halben Meter zu erhöhen mit der Option, sie jederzeit um weitere 75 Zentimeter aufstocken zu können. „Nun ist eine sofortige Erhöhung um einen Meter angepeilt und ein Vorsorgemaß von ebenfalls einem Meter“, sagt Dierks – macht zusammen zwei Meter statt vorher 1,25 Meter.

Dramatische Szenen: Bei der Sturmflut im Februar 1962 wurden am Rablinghauser Deich Boote eingesetzt, um Menschen zu retten.
Quelle: August Sycholt

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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