Keine Repräsentativbauten für 1873 errichtete Anlage auf der Bürgerweide / Abriss nach Fertigstellung des Hauptbahnhofs
Am 7. Dezember 1835 machte die erste deutsche, mit Dampf betriebene Eisenbahn „Adler“ von Nürnberg nach Fürth ihre erfolgreiche Probefahrt. Danach brach das Baufieber aus. In allen deutschen Ländern plante und baute man ein dichtes Netz von Bahnstrecken. Bis 1912 waren es 58.297 Kilometer Eisenbahnstrecke, die die Staatsbahnen des Deutschen Reiches in Betrieb hatten.
Aber es ging nur in kleinen Schritten voran. Bremen hatte seit 1847 Anschluss an Minden und Hannover, die Bahnstrecke nach Geestemünde mit Anschluss an Bremerhaven ging 1862 in Betrieb (halb von Bremen finanziert), ab 1867 war Oldenburg mit der Bahn erreichbar, 1870 ist die Verbindung zwischen Langwedel und Uelzen fertiggestellt, die übrigens komplett von Bremen finanziert wurde. Letztere Verbindung ist Teil der sogenannten „Amerikalinie“, um Berlin über Stendal mit den Nordseehäfen zu verbinden. Da auch Kaiser Wilhelm II. diese Strecke gerne benutzte, hieß sie auch „Kaiserroute“.
Die Hamburg-Venloer Bahn wird gebaut
In Planung hatte man unter anderem noch eine länderübergreifende Verbindung zwischen Hamburg und Paris, die „Paris-Hamburger Bahn“. Aber erst durch die allgemeine Begeisterung nach dem Deutsch-Franzözischen Krieg von 1870/71 und nach Proklamation des zweiten deutschen Kaiserreichs am 18. Januar 1871 nahm man dieses Vorhaben wieder auf. Als Teilstrecke entstand die „Venlo-Hamburger Bahn“, eine überregionale Bahnverbindung in Norddeutschland. Damit bekamen Bremen im Jahre 1873 und Hamburg 1874 Anschluss ans Ruhrgebiet und weiter zur niederländischen Stadt Venlo.
Da Bremen bis 1888 Zollausland war, mussten jedoch zwei Strecken gebaut werden:
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Eine reine Güterstrecke um das Bremer Staatsgebiet herum und zwar nur für den Güterverkehr. Nach der neu gebauten Eisenbahnbrücke in Hemelingen wurden deshalb Gleise bis Sagehorn Richtung Hamburg verlegt.
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Eine Hauptstrecke durch Bremen für den Güter- und Personenverkehr. In der östlichen Vorstadt verliefen Gleise neben der Strecke nach Hannover. Vor dem sogenannten Concordiatunnel zweigten sie in Richtung der heutigen Straße Am Barkhof (früher Parallelstraße) ab und führten weiter zum Nordrand der Bürgerweide.
Dort entstand der Hamburg-Venloer Bahnhof (kurz: Hamburger Bahnhof). Dieser hatte keine aufwendigen, repräsentativen Bauten, sondern nur die nötigen Güter- und Wartungsschuppen, Wartesaal für Passagiere, Kohlenlager, Wasserturm, sowie Gleisanlagen.
Ab dem Hamburg-Venloer Bahnhof führte diese Strecke durch das Gebiet des späteren Stadtteils Findorff, um dann – damals wie heute – zwischen Bürgerpark und Stadtwald hindurch über Oberneuland nach Sagehorn zu stoßen. Alle Strecken waren für zwei Spuren ausgelegt, doch in der ersten Ausbaustufe begnügte man sich mit einem Gleispaar.
Nach 22 Jahren: Aus für den Hamburg-Venloer Bahnhof
Ein Grund, warum der Hamburg-Venloer Bahnhof sehr schlicht ausgeführt war, lag wohl darin, dass man einen Centralbahnhof plante. Wie man aus alten Stadtplänen entnehmen kann, war dieser als Zweigbahnhof nach dem Concordiatunnel geplant.
Denn weder der Hannoversche Bahnhof, noch der Hamburg-Venloer Bahnhof genügten den steigenden Anforderungen an den Bahnbetrieb. Auch die Stadtentwicklung war durch die teilweise ebenerdig verlegten Gleise gestört. Deshalb führte man im Stadtgebiet die beiden Linien auf einem gemeinsamen Bahndamm zusammen.
Zum Bau des neuen Centralbahnhofes (1886 bis 1889), heute Hauptbahnhof genannt, musste 1886 der Hannoversche Bahnhof abgerissen werden und der Hamburg-Venloer Bahnhof übernahm den Passagier- und Güterverkehr. Als der neue Hauptbahnhof am 15. Oktober 1889 eingeweiht war, wurden die Anlagen des Hamburg-Venloer Bahnhofs nicht mehr benötigt. Sie wurden größtenteils abgerissen. Teile des Bahnhofsgeländes und die alte Trasse benutzte jedoch die Kleinbahn Bremen–Tarmstedt von 1900 bis 1954. Vom neuen Bahnhof ausgehend musste auch ein neuer Bogen zur Bahnstrecke nach Hamburg angelegt werden.
Die Hamburg-Venloer-Bahn ist in ihrem nordöstlichen Teil bis heute eine vielbefahrene Verbindungsstrecke zwischen Hamburg und Wanne-Eickel. Der westliche Teil zwischen Haltern und Venlo war nicht wirtschaftlich, man legte ihn deshalb größtenteils still.
Die Fortführung von Venlo nach Paris wurde übrigens nie gebaut.
von Peter Strotmann