Vor 50 Jahren

„Wir verschenken unseren alten Ruf.“ Denn unser Ruf, der Ruf Bremens, sei, so sagt Herr Dirks aus Hamburg, nach hinten gerichtet und getäfelt. Und Bürgermeister Hans Koschnick sagt: „Bremen – Schlüssel zur Welt, das ist ja Größenwahn. Das wollen wir jetzt einmal bewußt nach unten spielen.“ Die Freie Hansestadt Bremen zieht aus einer Untersuchung über ihr Image im Binnenland die Konsequenzen. Koschnick: „Wir wollen unser Image verbessern. Wir wollen erreichen, daß die Leute ihr Urteil über Bremen revidieren oder sich überhaupt erst einmal eines bilden.“ Die erste Aktion: eine überregionale Anzeigenkampagne. Kostenpunkt: 750 000 Mark. Slogan: „Wir verschenken unseren alten Ruf.“ ( WESER-KURIER, 11. September 1970)

Hintergrund

So richtig gut kam die eben erst angelaufene Imagekampagne für Bremen nicht an. Zumindest nicht in der Hansestadt. Anfang Januar 1971 sah sich der frischgebackene Senatssprecher Manfred von Scheven genötigt, eine Lanze für die PR-Texter zu brechen. Dass der Auftrag ausgerechnet an eine Hamburger Werbeagentur gegangen war, spielte dabei keine Rolle. Vielmehr ging es um den frechen Wortlaut des Slogans. Wenn Bremen seinen alten Ruf verschenken wollte, so klang das fast ein wenig nach Selbstgeißelung. Weshalb der Senatssprecher betonte, mit dem „alten Ruf“ seien nur Vorurteile gemeint – die Bremer als steife Langeweiler. Der „gute Ruf“ müsse natürlich gepflegt werden.

Warb 2007 für Bremen: der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl.
Quelle: Freie Hansestadt Bremen

Mit der umstrittenen Anzeigenkampagne machte Bremen erstmals in seiner Geschichte eine erhebliche Geldsumme locker, um Eindruck in der Republik zu machen. Bis dahin galt Werbung in eigener Sache als „unbremisch“, der Senat wollte nichts davon wissen. Was allerdings nicht heißt, dass für Bremen nicht schon vorher die Werbetrommel gerührt worden wäre. Bereits 1890 hatte die „Nordwestdeutsche Gewerbe- und Industrieausstellung“ im Bürgerpark dieses Ziel verfolgt. Das Gleiche galt 1938 für die Ausstellung „Bremen – Schlüssel zur Welt“ auf der Bürgerweide. Doch damals kamen die Impulse nicht von offizieller Seite. Erst war die Wirtschaft die treibende Kraft, dann die NSDAP. Bei der Finanzierung gab sich der Senat in beiden Fällen knauserig, sowohl 1890 als auch 1938 beließ man es dabei, für die Infrastruktur zu sorgen.

Den Gesinnungswandel hatte eine Marktforschungsstudie bewirkt. In der rangierten die Bremer am Ende der Beliebtheitsskala, sie kamen bei ihren Landsleuten als förmlich, stur und verschlossen an. Diesem schlechten Image sollte die auf eine fünfjährige Laufzeit angelegte Kampagne abhelfen, 63 Prozent der westdeutschen Gesamtbevölkerung wollte man erreichen. Damit tat Bremen, was zuvor schon Berlin, Nürnberg und Hannover gemacht hatten: nämlich kräftig an der eigenen Außenwirkung zu feilen. Der selbstironische Ansatz brachte der Kampagne im Oktober 1970 sogar einen Artikel in „Der Spiegel“ ein. Unter der Überschrift „Ruf zu verschenken“ berichtete das Nachrichtenmagazin über die Bremer Bemühungen.

Einigermaßen spektakulär auch die Imagekampagne, die Bremen und heimische Unternehmen im Januar 2007 starteten. Damals warben prominente Politiker mit kurzen, natürlich schmeichelhaften Sätzen für Bremen, darunter der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl und Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der in den 1950er-Jahren in Bremen gelebt hatte.

Aktuell wirbt Bremen für sich im touristischen Bereich mit dem Slogan „Bremen erleben“. Dabei handelt es sich um eine verkürzte Variante von „Bremen neu erleben“, den Werbespruch aus den Tagen der Weltausstellung Expo im Jahre 2000. Abweichende Slogans gibt es für die Bereiche Wirtschaft („Moin Zukunft!“) und Wissenschaft („Exzellent aufgestellt“). Seit März 2016 sind diese Slogans als sogenannte Hauptclaims festgelegt, sie sollen den Markenkern Bremens widerspiegeln. Für besondere Aktionen oder Anlässe kann sich das Standortmarketing auch aus dem Claimpool bedienen. Der enthält derzeit 14 Claims, unter anderem den Slogan „Zukunft aus Tradition“.

Eine klassische Imagekampagne fährt Bremen momentan nicht. Aus finanziellen Gründen, wie zu hören ist. „So etwas kostet mehrere Millionen Euro“, sagt Maike Bialek, Sprecherin für Marketing und Tourismus bei der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). Dafür beteilige sich Bremen aber periodisch an bundesweiten Kampagnen im touristischen Bereich. Für diese Zielgruppe plant die WFB ab Herbst auch wieder eine eigene Anzeigenkampagne. Der Slogan: „Bremen muckelig“.

Schöne neue Welt: Eine Senatsbroschüre von 1970 zeigt Bahnhofsplatz mitsamt Hochstraße und Siemens-Hochhaus in den schillerndsten Farben.
Quelle: Bremer Zentrum für Baukultur (b.zb)

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

„Erst der Hafen, dann ist die Stadt“

Im Magazin „Erst der Hafen, dann ist die Stadt“ über Bremen und seine Häfen gehen wir in vielen historischen Bildern auf Zeitreise durch die maritime Vergangenheit unserer Hansestadt. Wie entwickelten sich die Häfen in Bremen vom Mittelalter bis heute? Wie sah die Arbeit zwischen Ladeluke, Kaje und Schuppen aus? Was hatte es mit den Anbiethallen auf sich? Und wie veränderte die Containerschifffahrt die Häfen? Wir blicken auf die Gründung der Freihäfen um 1900 und den Strukturwandel rund 100 Jahre später. Wir erzählen von Schmugglern und Zöllnern, von Bremens großen Werften sowie Abenteuern, Sex und Alkohol an der Küste – dem Rotlichtviertel am Hafen.

Jetzt bestellen