Die „Fünf Erdteile“ in Oslebshausen wiederentdeckt
Treffe ich mit anderen an der Bremer Stadtgeschichte Interessierten zusammen, dann kommt man von der alten St. Ansgarii-Kirche, zur alten großen Weserbrücke, auch schnell zum Thema „Lloyd-Gebäude“. „Weißt du noch, das große Verwaltungsgebäude des Norddeutschen Lloyd. Es stand da, wo sie Horten gebaut haben. Und unten war Remmer drin. Das die das 1968/69 abgerissen haben! ’nen richtiger Prachtbau war das, mit Sandsteinfiguren dran.“ „Ja, ja“, pflege ich dann zu sagen, „und wenn ich wüsste, wo der ganze Schutt geblieben ist, dann würde ich heute noch graben, um noch ein paar Schätze zu retten.“
Das war bislang nur ein Schnack von mir. Bis ich dieser Tage auf jemanden traf, der mir einen Tipp zu diesen versunkenen Schätzen gab. Nach Oslebshausen zum Sander-Center solle ich mich begeben, dort würden fünf große Sandsteintafeln mit den Erdteilen stehen. Und er lieferte mir auch gleich eine Geschichte dazu mit: Beim Abbruch des Gebäudes hätte der alte Herr Sander sie gegen eine großzügige Spende übernehmen können.
Als 1973 die Sander-Wohnwelt eröffnet wurde, schrieb die Presse: Die „Sander-Wohnwelt“ will ihren internationalen Charakter bereits am Eingang deutlich machen: Fünf große Steintafeln mit allegorischen Darstellungen der fünf Erdteile, dahinter flattern Fahnen aus diesen Erdteilen.
Jede Tafel wiegt rund drei Tonnen
Gleich am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg nach Oslebshausen und wurde im China Restaurant „Phoenix“ fündig. Da standen sie: Fünf große Sandsteinreliefs, jedes zwei Meter achtundsiebzig lang und ein Meter vierzig hoch. Sie tragen die Aufschriften Europa, Amerika, Afrika, Asien und Australien. In der Mitte jeweils ein Kranz mit einem Profil eines Menschen aus dem entsprechenden Erdteil, vom linken und rechten Rand schauen uns Frauen an. Jede der Tafel soll wohl drei Tonnen wiegen. Leider findet sich kein Hinweis auf die Herkunft vom Lloyd-Gebäude.
Sie waren ursprünglich am Hauptportal des Lloyd-Gebäudes angebracht, und zwar über den Rundfenstern. Das mag so in etwa zehn Metern Höhe gewesen sein. Auch mit diesen Tafeln wollte diese große Bremer Reederei zeigen, dass ihre Schiffe auf allen Meeren fahren und die Häfen der Länder aller Kontinente bedient. Der nach den Entwürfen des Architekten Johann Georg Poppe im Stil der Neorenaissance errichtete Bau war von 1910 bis 1945 Verwaltungssitz der Reederei Norddeutscher Lloyd. Bereits Anfang der 1950er zog die Reederei in die Gebäude der ehemaligen Lloyd-Gepäckabfertigung an der Gustav-Deetjen-Allee am Hauptbahnhof. Der Abriss des Lloyd-Gebäudes erfolgte 1968/69. Horten errichtete an gleicher Stelle ein Kaufhaus. Es wurde im September 1972 eröffnet (seit 1997 Kaufhof).
Eine über 25-seitige Dokumention, auf Photopapier ausgedruckt und gebunden, kann beim Autor bestellt werden. Preis 10 Euro gegen Vorkasse oder bei Abholung.
von Peter Strotmann