Schwachhausen-Kalender 2016: Peter Strotmann legt zum dritten Mal historische Bildmotive aus Bremer Stadtteil vor

von Frank Hethey

Als Themenschwerpunkt seines neuen Schwachhausen-Kalenders hat Stadtteilforscher und Bremen History-Autor Peter Strotmann es zwar nicht ausgegeben – doch Kinder spielen eine auffallend große Rolle auf seinen historischen Bildmotiven. Auf sechs Kalenderblättern stehen sie im Mittelpunkt. Einmal tummeln sie sich auf einer Brachfläche an der noch jungen Scharnhorststraße, dann füttern sie Gänse beim Focke-Museum oder posieren für den Fotografen in der Buchenstraße. Kinder sind eben zu allen Zeiten ein beliebtes Motiv.

Schon in den Nachkriegsjahren attraktiv: Kinder beim Gänsefüttern am Focke-Museum. Quelle: Strotmann, Schwachhausen-Kalender 2016

Schon in den Nachkriegsjahren attraktiv: Kinder beim Gänsefüttern am Focke-Museum.
Quelle: Strotmann, Schwachhausen-Kalender 2016

Insgesamt sieben Illustrationen stammen aus Kaisers Zeiten. Darunter eine seltene historische Aufnahme der alten Heine-Bank im Bürgerpark. Geradezu ehrfürchtig geben sommerlich gekleidete Spaziergänger den Blick auf die Sitzgelegenheit frei. Unumstritten war die Dichterehrung keineswegs, wurde Heine wegen seiner jüdischen Wurzeln doch stets aufs Neue angefeindet. Auch im sonst so weltoffenen Bremen. Eigentlich wollte der Literarische Verein eine Gedenktafel im Ratskeller anbringen lassen, musste diese Idee aber nach heftigem Widerstand aufgeben. Für den Heine-Experten Axel Seibert stellt die 1904 errichtete Bank deshalb „eine Art Rückzug aus der Öffentlichkeit“ dar, einen Kompromiss. Für die damalige Zeit „gar kein schlechter Kompromiss“, wie Seibert betont. Das Original wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, eine Nachbildung mit den geretteten Tafeln 1989 wieder aufgestellt.

American Football in Bremen

Ehrfürchtiger Abstand: Spaziergänger bei der Heine-Bank im Bürgerpark um 1910. Quelle: Strotmann, Schwachhausen-Kalender 2016

Ehrfürchtiger Abstand: Spaziergänger bei der Heine-Bank im Bürgerpark um 1910.
Quelle: Strotmann, Schwachhausen-Kalender 2016

Zunehmend rücken auch die Nachkriegsjahre ins Blickfeld. Etwa in Gestalt der schon etwas größeren Jungen, die der zigarrenrauchende Sergeant Patrick Moriarty mit der Kunst des American Football vertraut macht. Ein wunderschönes Motiv, das der deutschstämmige Fotograf Walter Sanders im Dezember 1946 im LIFE-Magazine als Teil eines Berichts über des Bremen Boys’ Clubs veröffentlichte. Auf Initiative einzelner GIs war die amerikanische Jugendarbeit bereits im Herbst 1945 in Gang gekommen und diente bald darauf als Modell für ein „German Youth Activity“-Programm in der gesamten amerikanischen Besatzungszone.

Doch auch die Kriegsjahre bleiben ein Thema. Freilich erspart uns Strotmann den Anblick zerstörter Häuser, die es durchaus auch in Schwachhausen gab, nicht nur im besonders betroffenen Bremer Westen oder in der Innenstadt. Dafür ist auf der Aufnahme vom Juli 1940 zu sehen, welch einen „Sensationswert“ die frühen Luftangriffe zu Beginn des Krieges noch hatten. Die Anwohner der Friedrich-Mißler-Straße strömten damals auf die Straße, um sich ein Bild von den Schäden zu machen.

Geht doch: Umzug mit dem Pferdefuhrwerk vor dem Haus Scharnhorststraße 175. Quelle: Strotmann, Schwachhausen-Kalender 2016

Geht doch: Umzug mit dem Pferdefuhrwerk vor dem Haus Scharnhorststraße 175.
Quelle: Strotmann, Schwachhausen-Kalender 2016

Zum nunmehr dritten Mal legt Strotmann einen Schwachhausen-Kalender vor. Wie schon im vorigen Jahr erläutert er die Motive durch knappe Texte. Erneut verzichtet er auf eine Gegenüberstellung alter und neuer Motive, um die Wirkung der historischen Ansichten nicht zu beeinträchtigen. Die ältesten Bilder stammen aus der Zeit der Jahrhundertwende, das jüngste datiert von 1957. Den Hauptbestandteil der Kalendermotive machen alte Ansichtskarten oder Motive der Sammlung Streuer aus Strotmanns Schwachhausen-Archiv aus, daneben gibt es je ein Motiv aus Privatbesitz, vom LIFE-Magazine sowie aus dem Bestand des Staatsarchivs Bremen. Der Preis ist mit 18 Euro stabil geblieben. Verlegt wurde der Kalender mit dem Titel „Historische Ansichten aus Bremen-Schwachhausen“ von der Kalendermanufaktur Verden. Zu haben ist er in den Buchhandlungen

Melchers, Schwachhauser Heerstraße 207

Sattler, Schwachhauser Heerstraße 13

und Thorban, Wachmannstraße 61.

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Als der Zweite Weltkrieg zu Ende war, lag Bremen größtenteils in Trümmern: Die dritte Ausgabe des ­Magazins WK | Geschichte schildert das allgegenwärtige Elend und die Sorgen der Bevölkerung. Es zeigt aber auch die ersten Schritte Richtung Zukunft auf – die Stadt unter der US-Flagge, die ersten Wahlen und die Verteidigung der Selbstständigkeit des Landes Bremens.

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