Auch eine Überlegung wert: lateinische Inschrift am Neuen Gymnasium an der Parkallee.
Foto: Peter Strotmann

Lateinische Inschriften an alten Bremer Schulgebäuden 

Schon einmal haben wir uns mit lateinischen Inschriften an Apotheken befasst. Interessant sin aber auch lateinische Spruchweisheiten an Schulgebäuden.

Um die drei lateinischen Inschriften an den drei innerstädtischen Schulen zu verstehen, sollte man der chronologischen Entstehung dieser Schulen folgen. Als die Bevölkerung der Stadt Bremen immer weiter zunahm, wuchsen damit auch die Schülerzahlen. Da sich zudem das Schulwesen im Deutschen Reich veränderte, sah sich der Bremer Senat 1905 dazu veranlasst, das höhere Schulwesen neu zu organisieren.

Es gab bis dahin nur das in seinen Anfängen bis 1528 zurückreichende Gymnasium, das seinen Bau (erbaut 1872 bis 1875) an der Dechanatstraße 13/15 bekam. Es wurde 1905 in „Altes Gymnasium“ umbenannt. Dazu wurden das „Neue Gymnasium“ (erbaut 1903 bis 1906) an der Parkallee 39 und das „Real-Gymnasium“ (erbaut 1902 bis 1906) an der Kaiser-Friedrich-Straße 1-9 (heute: Hermann-Böse-Straße) neu errichtet. Diese drei Bildungseinrichtungen führten zum Abitur und waren zu Anfang reine Knabenschulen. Das höhere Mädchenschulwesen blieb bis 1916 in privater Hand.

Bei der Deutung der lateinischen Inschriften musste ich mal wieder meinen Latein-Experten zu Rate ziehen.

„INGENUARUM ARTIUM STUDIIS SACRUM“

Altes Gymnasium an der Dechanatstraße 13/15

Für eine Lebensweisheit gut: das Neue Gymnasium an der Parkallee.
Quelle: Wikicommons

Im Alten Gymnasium hat heute die Hochschule für Künste-Fachbereich Musik ihre Räume. Im Gebälk über dem Eingang stehen die vergoldeten Großbuchstaben „INGENUARUM ARTIUM STUDIIS SACRUM“. Die lateinische Inschrift kann man übersetzen mit „Den Studien der Freien Künste geweiht“ oder aber auch „Den Studien der edlen Künste und Wissenschaften geweiht“. Allerdings ist die Inschrift nicht eindeutig übersetzbar. Die Freien Künste – Artes liberales – waren in der Spätantike eine feste Ordnung von sieben Fächern. Somit könnte die Inschrift auch anders interpretiert werde. Für die Hochschule ist sie aber sinngemäß passend, so der Latein-Experte.

„DEO PATRIAE LITTERIS “

Neues Gymnasium an der Parkallee 39

Die zweite lateinische Schulinschrift „DEO PATRIAE LITTERIS “ befindet sich an der Oberschule am Barkhof, auf einer Sandsteintafel mit erhabenen Großbuchstaben zur Straße Am Barkhof hin. Die Übersetzung könnte lauten „Für Gott, Vaterland und Wissenschaft“. Oder auch: „Gott, dem Vaterland, der Wissenschaft“.

Seneca lässt grüßen: lateinische Inschrift am heutigen Hermann-Böse-Gymnasium.
Foto: Peter Strotmann

Jedenfalls ist die Inschrift typisch für den Geist der spät-wilhelminischen Zeit und ähnlich auch an anderen gleichaltrigen Gymnasien Deutschlands zu finden.

„NON SCHOLAE SED VITAE“

Realgymnasium an der Hermann-Böse-Straße 1-9

Die dritte lateinische Inschrift liest man über der zweiten Fensterreihe am Schulgebäude des Hermann-Böse-Gymnasiums: „NON SCHOLAE SED VITAE“. Übersetzt bedeutet das: „Nicht für die Schule, sondern für das Leben“ (ergänzt: soll die Jugend erzogen werden oder auch: lernen wir). Dieser Satz sollte eigentlich für alle Zeit Geltung haben. Aber er ist eine Umprägung eines fast 2000 Jahre alten Satzes des römischen Philosophen Seneca. Dieser hatte seinerzeit ganz bitter gemeint, dass man in der Schule nicht für das Leben, sondern für die Schule lerne. Wie man sieht, ist es ein altes Problem und kann wohl nicht einfach gelöst werden.

Warum diese Inschriften?

Es lässt sich nicht mehr ermitteln, wer veranlasst hat, die drei Inschriften an den Gymnasien anzubringen. Auch einen inhaltlichen Zusammenhang zu den drei unterschiedlichen Programmen der Schule ist nicht herzustellen. Es war wohl eher Tradition, ein Gymnasium mit derartigen Inschriften auszustatten.

von Peter Strotmann

Ein weiser Spruch für die Schulkarriere: vergoldete Inschrift am Alten Gymnasium an der Dechanatstraße.
Foto: Peter Strotmann

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