Das corpus delicti: die südliche Tür der Raths-Apotheke (Eingang zu den Ärzten). Im Türsturz ist die lateinische Inschrift zu sehen.
Foto: Peter Strotmann

Lateinische Inschriften an zwei Bremer Apotheken

An der Raths-Apotheke, Markt 11, liest man über der südlichen Tür (Eingang zu den Ärzten) zwischen den Medaillons der antiken Ärzte Galenos und Hippokrates einen lateinischen Spruch:

NEQVE HERBA NEQVE MALGMA SANAVIT EOS,

SED TVVS DOMINE SERMO QUI SANAT OMNIA.

Da musste ich wieder einmal einen pensionierten Lateinlehrer als Spezialisten zu Rate ziehen.

Das sei ein Bibelzitat aus dem Alten Testament, genauer: dem Buch der Weisheit oder Weisheit Salomons (Weish. Salom. 16,12), klärte er mich auf. Und der Text sei ursprünglich sogar auf griechisch verfasst worden.

Übersetzt lautet der Spruch:

Weder Kraut noch Pflaster heilte sie,

sondern Dein Wort, Herr, welches alles heilt.

Damit sei gemeint, dass Medikamente allein nicht helfen. Soll heißen: Diese Weisheit spricht den Ärzten und Apothekern nur wenig Einfluss auf die Heilung eines Kranken zu. Allgemein gesagt, solle der Mensch vor Überheblichkeit gewarnt sein.

Selbstbewusst: Inschrift an der Seitenwand der früheren Engel-Apotheke.
Foto: Peter Strotmann

Eigentlich nicht gerade eine vorteilhafte Weisheit für die menschliche Heilkunst. Trotzdem findet man diesen Spruch häufig an Apotheken, so in Stade und Lüneburg. An der Raths-Apotheke soll 1895 der Dombaumeisters Max Salzmann (*1850 Breslau, † 1895 in Bremen ) zur Anbringung geraten haben.

Zuletzt zitierte der Lateinlehrer noch den Raths-Apotheker von 1952. Der soll gesagt haben: „Wenn die Leute Latein verstünden, dann würden sie nicht bei mir kaufen.“

Bei der ehemaligen Engel-Apotheke heilen Apothekers Heilmittel

Dort, wo heute das Engel WeinCafé am Ostertorsteinweg 31-33 ist, war bis etwa Mitte der 1980er die Engel-Apotheke ansässig. Davon zeugt die lateinische Inschrift an der Hausseite zum Ulrichsplatz über dem mittleren Fenster der ersten Etage:

Die ehemalige Engel-Apotheke am Ostertorsteinweg 31-33
heute: Engel WeinCafé oder kurz: Engel.
Foto: Peter Strotmann

MORBI NON ELOQUENTIA

SED REMEDIIS CURANTUR.

Auch hier brauchte ich wieder externe Hilfe. Die Inschrift soll übersetzt lauten:

Krankheiten heilt man nicht durch Beredsamkeit, sondern mit Heilmitteln.

War die Inschrift an der Raths-Apotheke doch recht gottgefällig, so ist diese Inschrift als das Gegenteil anzusehen. Der Apotheker hätte auch direkt auf die Heilmittel hinweisen können, denn alles andere schließt er aus. Es zählt nichts außer (seinen) Medikamenten. Das mag 1902 beim Bau des Hauses noch durchgegangen sein, heute sehen wir das wesentlich skeptischer.

Die Apotheke machte Mitte der 1980er dicht und das Café Engel eröffnete in den Räumen. Mit dieser neuen Nutzung ist der eigentliche Sinn der Inschrift verloren gegangen. Deshalb wird es noch einen Beitrag über die Engel-Apotheke geben.

von Peter Strotmann

Eine Apotheke am Ende ihres Lateins: Inschrift an der Raths-Apotheke.
Foto: Peter Strotmann

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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