Ein Blick in die Geschichte (195): Ansichtskarte von 1902 zeigt Weserstrand in Vegesack

Adrett gekleidete Kinder beim Spielen im Sand: Auf dieser kolorierten Ansichtskarte von 1902 ist laut Aufschrift eine Partie an der Weser zu sehen. Im Beitrag zum Strandlustbad in Vegesack (Bade-Lexikon auf Bremen History vom 10. Mai 2016) war schon beschrieben, dass der zur Strandlust gehörige Strand an einem Zaun endete (Bremen History vom 15. Juni 2016). Dahinter befanden sich Privatstrände, die den Anliegern der Villen an der Weserstraße gehörten. Auch das an der Weserstraße 82 gelegene „Hotel Bellevue“ (Bremen History vom 3. März 2017) hatte einen derartigen Privatstrand. Zudem hatte es auch noch einen privaten Schiffsanleger. Ab 1900 bekam auch der Vegesacker Ruderverein Zutritt zu diesem Privatstrand.

Der Vegesacker Ruderverein 

Im Jahre 1900 gründeten begeisterte Wassersportler den Vegesacker Ruderverein. Gründungsort war das Hotel Bellevue an der Weserstraße 82. Ein Bootshaus wurde einige Jahre später im unteren Teils des Hotelgartens errichtet. Als die Vegesacker Weserpromenade ausgebaut wurde, gab es auch keine Privatstrände mehr.

Der Vegesacker Ruderverein übernahm und sanierte 1927 das alte Domizil der Wasserschutzpolizei an der Weserpromenade 2 (früher: Strandstraße). Dieses Haus, auch „Papageienhaus“ genannt, das sich am Stil der Moderne der 1920er Jahre orientierte, steht seit 1994 unter Denkmalschutz. Mit dem Bau der Vegesacker Weserpromenade wurde das Bootshaus an der Weser aufgegeben und im Jahre 1974 in Grohn an der Lesum ein neues Bootshaus errichtet (Am Wasser 23).

Markierung 1: Lage des Privatstrandes Hotel Bellevue und des Vegesacker Rudervereins (ab 1900)
Markierung 2: Lage des ehemaligen „Hotel Bellevue“ (Weserstraße 82)
Markierung 3: Villa Bischoff (Weserstraße 84), erbaut 1886/87, steht seit 1994 unter Denkmalschutz. Die Villa ist auch auf der Ansichtskarte von 1902 auszumachen
Markierung 4: von 1927 bis 1974 Vereins- und Bootshaus des Vegesacker Rudervereins (Vegesacker Weserpromenade 2)
Foto: Peter Strotmann

Die Rückseite der Ansichtskarte hat’s in sich

Nicht ganz uninteressant ist die Rückseite dieser Ansichtskarte von 1902.

Es schreibt eine gewisser Willy Siebert an seine Verlobte Les in Stotel.

Transkription:

An Fräulein Frida Wendelken

Stotel bei Geestemünde

 

Liebe Frida!

Für Deine letzte Karte vielen Dank. Schade, daß jetzt schon der schöne Vegesacker Markt vorbei ist, haben wir einfach großartig in einem fort jeden Abend kräftig mit gemacht. Hoffentlich schreibst Du bald wieder.

Mit tausend Grüßen

Dein Willy Siebert

Grüße

  1. Siedenburg
  2. Fischer

 

Da sind drei junge Männer in Vegesack beim Vegesacker Markt, der jährlich in der ersten Septemberwoche stattfindet. Sieberts Aussage „wir haben kräftig mit gemacht“ kann doch wohl nur bedeuten, dass sie kräftig ins Bierglas geschaut haben, oder? Und um zu betätigen, dass er auch wirklich nur ins Bierglas geschaut hat und nicht nach netten Mädchen, unterschreiben seine beiden Saufkumpane: H. Siedenburg und H. Fischer ebenfalls.

Wie die Recherche ergab, stammten die drei Männer sowie Willys Verlobte Frida aus Geestemünde. Auch Stotel gehörte von 1885 bis 1932 zum damals preußischen Geestemünde. Heute ist Geestemünde ein Stadtteil im Stadtbezirk Süd der Stadtgemeinde Bremerhaven im Land Bremen. Stotel ist ein Ort im niedersächsischen Landkreis Cuxhaven.

von Peter Strotmann

Partie an der Weser mit Privatstrand auf einer Ansichtskarte von 1902: links: Schild „Hotel Bellevue“ mit Anleger. Das Hotel liegt hinter Bäumen. Rechts: Schild „Vegesacker Ruder-Verein“ und Zaun. Von der „Villa Bischoff“ ist der Turm mit dem Turmaufsatz zu sehen.
Quelle: Sammlung Peter Strotmann

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

„Erst der Hafen, dann ist die Stadt“

Im Magazin „Erst der Hafen, dann ist die Stadt“ über Bremen und seine Häfen gehen wir in vielen historischen Bildern auf Zeitreise durch die maritime Vergangenheit unserer Hansestadt. Wie entwickelten sich die Häfen in Bremen vom Mittelalter bis heute? Wie sah die Arbeit zwischen Ladeluke, Kaje und Schuppen aus? Was hatte es mit den Anbiethallen auf sich? Und wie veränderte die Containerschifffahrt die Häfen? Wir blicken auf die Gründung der Freihäfen um 1900 und den Strukturwandel rund 100 Jahre später. Wir erzählen von Schmugglern und Zöllnern, von Bremens großen Werften sowie Abenteuern, Sex und Alkohol an der Küste – dem Rotlichtviertel am Hafen.

Jetzt bestellen