Vor 50 Jahren

Kattenturm, bis vor wenigen Jahren noch eine kleine, verträumte Siedlung mit wenig mehr als 5000 Einwohnern, mausert sich zu einer modernen Stadt. Noch ist das junge Gebilde in Obervieland nicht aus dem Gröbsten heraus. Aber mit jedem Gerüst, das von den Neubauten verschwindet, wächst das Wohlbehagen der bereits 8000 Menschen zählenden Schar der Neubürger: Stück für Stück rundet sich das Bild der neuen Trabantenstadt. An vielen Stellen, wo noch vor wenigen Jahren Kühe auf den satten Weiden grasten, sprießt wieder frisches Grün über die von scharfen Baggerzähnen gerissenen Wunden in der Landschaft. Schon bald wird es zwischen den geschickt gestaffelten Wohnblocks und Häuserzeilen wieder wohnlich aussehen. (Weser-Kurier, 10. Juli 1970)

Hintergrund

Unter den Bremer Großsiedlungen, die bis in die 1970er-Jahre auf der sprichwörtlichen grünen Wiese aus dem Boden gestampft wurden, gehört Kattenturm zu den Nachzüglern. Bereits in den 1950er-Jahren waren die Gartenstadt Vahr und bis 1962 die Neue Vahr als besonderes Prestigeprojekt entstanden. Damals huldigten die Stadtplaner noch der durchgrünten und aufgelockerten Stadt. Doch bald darauf verschoben sich die Eckwerte des Städtebaus. „Urbanität durch Verdichtung“ lautete die neue Zauberformel, eng nebeneinander stehende Hochhäuser wurden zum Markenzeichen moderner Großsiedlungen.

Das Herz des neuen Ortsteils: das Einkaufszentrum Arster Feld in Kattenturm.
Quelle: Archiv des Weser-Kurier

Eine Tendenz, die sich auch im Fall der Siedlung Kattenturm erkennen ließ. Die Richtlinie für die Erschließung der freien Flächen gab der „Gesamtplan linkes Weserufer“ von 1961 vor. Vom Bau der Neustädter Häfen und neuer Industriegebiete im Niedervie­land erwartete man einen enormen Schub für den Bremer Süden, für die Massen der Beschäftigten und ihre Familien musste ausreichend Wohnraum her. Den Anfang machte das Krankenhaus Links der Weser: 1965 wurde der Grundstein gelegt. Danach ging es Schlag auf Schlag, in der Nachbarschaft wurden vier- bis achtgeschossige Wohngebäude und ein Hochhaus mit zwölf Stockwerken hochgezogen.

Schon zuvor waren von 1956 bis 1960 größere Wohngebiete im benachbarten Ortsteil Kattenesch entstanden. Vor allem für Heimatvertriebene wurden Mietwohnungen und Reihenhäuser rund um die Münsterstraße gebaut, südöstlich schlossen sich Eigenheime an der ­Wecholder und Morsumer Straße an. Mit der ländlichen Idylle des alten Dorfs Katten­esch war es nun endgültig vorbei. Laut Regionalhistoriker Herbert Schwarzwälder wurde der Name erstmals 1297 erwähnt. „Wohl als Katzen-Esch zu deuten“, lautet seine knappe Erklärung.

Von Kattenesch leitet sich Schwarzwälder zufolge der Name Kattenturm ab. Und zwar zunächst einmal als Bezeichnung für einen 1309 errichteten Wachturm an der Ochtum, den Grenzfluss zur benachbarten Grafschaft Oldenburg. Zusammen mit dem Arster Turm und dem Warturm bildete der Kattenturm die äußerste Verteidigungslinie Bremens. Im 17. Jahrhundert wurde der Turm zu einer Schanze ausgebaut und 1803 abgebrochen.

Über die Namensfindung „Kattenturm“ gibt es aber auch andere Ansichten. „Katte war die Bezeichnung für ein Geschütz“, schreibt Stadtteilexperte Siegmund Eibich. Schwarzwälder indessen findet das „unwahrscheinlich“. Bleibt ein anderes Rätsel: Warum wird eine Siedlung nach einem Turm benannt, der früher ein paar Kilometer entfernt nahe Kattenesch stand?

Was auch immer es damit auf sich haben mag: Kattenturm ist heute ein dicht besiedeltes Wohngebiet, kein Ortsteil von Obervieland hat so viele Einwohner wie Kattenturm: Rund 13 500 Menschen leben auf einer Fläche von 3,27 Quadratkilometern.

Noch ein weites Feld: Ab 1965 entstand das Krankenhaus Links der Weser (hier im September 1969), die Wohnbebauung folgte. 
Foto: Klaus Sander / Senator für Häfen, Schiffahrt und Verkehr, Bremen

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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