Die Wagenbrettsche Badeanstalt am Peterswerder als Erlebnis-stätte / Pächter Hermann Wagenbrett: ein stadtbekanntes Original

In seiner Badeanstalt am Peterswerder wollte Hermann Wagenbrett nicht einfach nur eine Badegelegenheit bieten. Die Besucher sollten ihren Spaß haben, jede Saison gab’s ein mit viel Humor gewürztes Unterhaltungsprogramm. Dann erzählte „Vadder“ Wagenbrett seine schrulligen Geschichten aus fernen Ländern. Glaubwürdig waren sie allemal, konnte Wagenbrett doch auf seine Vergangenheit auf den sieben Weltmeeren verweisen. Besonders beliebt: die Indianerfeste mit viel indianerroter Wasserfarbe.

Ein stadtbekanntes Original: Hermann Wagenbrett mit jungen Badegästen im Sommer 1898. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Ein stadtbekanntes Original: Hermann Wagenbrett mit jungen Badegästen im Sommer 1898.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Am 7. Juli 1880 war es die Bremer Bürgerschaft, die nach teilweise heftiger Debatte beschloss, am Peterswerder eine unter Aufsicht stehende Badeanstalt zu errichten. Durch die „Bedenkenträger“ in den Behörden und die Flutkatastrophe von 1880/81 wurde das  Projekt zeitweise verzögert. Aber die Bürgerschaft ließ nicht locker, denn man wollte dem alarmierenden Anstieg von Badeunfällen durch das „wilde“ Baden in der Weser entgegenwirken. Schließlich stimmte auch der Bremer Senat zu und die Stadt stellte das Grundstück zur Verfügung. Nun galt es, die Badestelle auszubaggern und den Strand mit Sand aufzufüllen. Um Sitte und Anstand zu wahren, musste noch ein vier Meter hoher Zaun aufgebaut werden, damit kein Spaziergänger Anstoß an einem zu gering bekleidetem Körper nehmen konnte.

Am 28. Mai 1883 war es dann so weit: Die Badeanstalt unter Leitung des Pächters Hermann Wagenbrett (1858 bis 1926) öffnete ihre Pforten. Die neue Badegelegenheit wurde von Bremern und besonders von den „Osterdoorschen“ sofort gut angenommen.

Das Bad stand anfangs nur dem männlichem Geschlecht zur Verfügung, wobei Hermann Wagenbrett auch Schwimmunterricht gab. Der kostete 1904 für Erwachsene zehn, für Kinder fünf Mark. In jenem Jahr zählte man rund 50.000 Besucher.

Frauen hatten keinen Zutritt

Für Frauen hatte die Polizeidirektion als Aufsichtsbehörde in Paragraf 4 der Badeordnung festgelegt: „Personen weiblichen Geschlechts dürfen den Badeplatz nicht betreten.“

Immer Programm, selbst im Ersten Weltkrieg: Ankündigung der Unterhaltungseinlagen im Sommer 1915. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Immer Programm, selbst im Ersten Weltkrieg: Ankündigung der Unterhaltungseinlagen im Sommer 1915.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Um 1905 hielt sich Hermann Wagenbrett oftmals nicht so genau daran und prompt erhielt er dafür so manche Rüge und Verwarnung. Erst 1913 gab es außerhalb der Schulferien spezielle Badezeiten für Frauen. Im Laufe des Ersten Weltkrieges erfolgte die Umwandlung zum Familienbad.

Einige Schwimmvereine gründeten sich im Flussbad Wagenbrett wie etwa der Bremer Schwimmverein von 1885 oder der 1892 gegründete Oberweser Bade- und Schwimmverein. Jahrelang führten die Vereine dort auch ihre Wettkämpfe durch.

Es wird berichtet, dass Hermann Wagenbrett so ein richtiges Original gewesen sei. Dabei hatte er keine einfache Kindheit. Er wuchs im St. Petri-Waisenhaus auf, heuerte auf einem Schiff an und fuhr zehn Jahre lang als Seemann um die Welt. Er soll auch noch zwei Jahre China durchquert haben und in Korea angekommen sein. Von seinem derart abenteuerlichen Leben konnte er aufregende Geschichten erzählen.

Indianerrote Wasserfarbe am Eingang

Seine Sommer-Schwimm- und Indianerfeste müssen sehr beliebt gewesen sein. Bei den Indianerfesten stand dann am Eingang stand immer ein Eimer Wasserfarbe, damit die Kinder indianerrot angemalt werden konnten. Die Farbe ging im Wasser wieder ab, und die Weser färbte sich dann stellenweise indianerrot. Es wurde auch mit viel Juchhe nach „Indianerart“ getanzt. Bei derartigen Festen war sein Schlachtruf „Alla-valli-jupp-jupp-jeh“.

Die Wagenbrettsche Flussbadeanstalt um 1925. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Die Wagenbrettsche Flussbadeanstalt um 1925.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Auch bei sonstigen Festen muss es hoch hergegangen. Schon eine Ankündigung in den Bremer Nachrichten vom Juni 1902 lässt das erahnen: „Die Hauptglanznummer bildet diesmal ‚Eine Stunde Bagdad‘ oder ‚Mazeppa, der gefesselte Sklave‘. ‚Die amerikanische Barbierstube‘, die im vorigen Jahr den größten Erfolg hatte, wird sicher wieder die Lachmuskeln der Zuschauer in Bewegung setzen und als zeitgemäße Neuerung wird die heitere Episode ‚Eine Reichstagswahl in Kamerun‘ ihre Wirkung nicht verfehlen. Neben einigen Wettschwimmen nennen wir noch die ‚Helgoländer Rutschbahn‘ und die berühmte Delphinstaffette.“

Bei einem dieser Sommerfeste wurde auch die ‚Polonaise nach Blankenese‘ auf’s Foto gebannt.

Postkartengruß vom Sportplatz am Peterswerder um 1905. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Postkartengruß vom Sportplatz am Peterswerder um 1905.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

1926, nach dem Tode von von Hermann Wagenbrett, übernahmen seine Frau und ihr Neffe die Badeanstalt. 1937 ließ man ein neues Restaurantgebäude errichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg lagen die Gebäude in Trümmern und der Strand war verwahrlost. Aber mit neuem Mut wurde alles wieder instand gesetzt.

Ende 1964 war dann mit der Badebetrieb bei Wagenbrett endgültig Schluss. Dafür gab es mehrere Gründe, aber insbesondere war es wohl die Verschmutzung der Weser. Der Strandbereich wurde aufgefüllt und zum Lagerplatz der Sand-Kiesbaggereien umfunktioniert, der hintere Bereich als Liegewiese dem Stadionbad zugeschlagen.

von Peter Strotmann

Viele Jahrzehnte ein beliebter sommerlicher Treffpunkt: Badevergnügen am Peterswerder um 1930. Der Steg reichte weit in die Weser und wirkte besonders bei Niedrigwasser sehr imposant. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Viele Jahrzehnte ein beliebter sommerlicher Treffpunkt: Badevergnügen am Peterswerder um 1930. Der Steg reichte weit in die Weser und wirkte besonders bei Niedrigwasser sehr imposant. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Titel Verbrechen Magazin

Verbechen in Bremen und der Region

Giftmischer, Bombenleger, Messerstecher

16 Kriminalfälle vom Pferderipper über den Bunkermord, Adelina und die immer noch vermisste Jutta Fuchs bis zu einem mysteriösen Vergiftungsfall sind in unserem neuen Magazin WK|Geschichte-Extra „Verbrechen in Bremen und der Region“ aufgearbeitet. Außerdem kommen eine Bremer Krimibuchautorin und ein Phantomzeichner zu Wort.

Jetzt bestellen