Im US-Spionagethriller „Shanghai“ (2010) macht der Schnelldampfer „Bremen“ im Oktober 1941 in der chinesischen Metropole fest – ein erstaunlicher Törn

Zu ziemlich später Stunde lief in der Nacht auf Sonntag im deutschen Fernsehen der amerikanische Spionagethriller „Shanghai“ von 2010. An sich für Bremen völlig ohne Belang, weil der ambitionierte, aber auch viel gescholtene Streifen zwischen Oktober und Dezember 1941 in der chinesischen Hafenstadt Shanghai spielt.

Wer so lange durchgehalten hat, dürfte indes nicht schlecht gestaunt haben.

Kein wirklicher Durchblick: In Shanghai war die „Bremen“ eher selten zu Gast.

Gleich die Eingangsszene hält eine faustdicke Überraschung parat: Entsteigt der bekannte Schauspieler John Cusack als amerikanischer Agent doch dem Schnelldampfer „Bremen“! Deutlich ist der Schriftzug am Heck des Schiffes zu erkennen. In mehreren Einstellungen sieht man den Stolz des Norddeutschen Lloyd im Hafen von Shanghai liegen, zwar nie in ganzer Schönheit, aber immerhin. Eine hübsche kleine Nebenrolle in einem Spionagefilm mit so bekannten Schauspielern wie Franka Potente, Ken Watanabe und Hugh Bonneville („Downton Abbey“) – sehr schmeichelhaft.

Gleichwohl mag der eine oder andere ins Grübeln gekommen sein. Die „Bremen“ in Shanghai? Und das im Oktober 1941?

Auf Tauchstation: Gleich nach seiner Ankunft geraten der US-Agent und seine Begleitung in die Schusslinie.

Mit der historischen Wahrheit nicht sonderlich genau genommen

Tatsächlich haben es die Macher des US-Thrillers mit der historischen Wahrheit nicht sonderlich genau genommen. Denn Fakt ist: Die „Bremen“ ist niemals in Shanghai gewesen, schon damals eine Millionenmetropole, die seit 1937 von den Japanern besetzt war. Verkehrte der NDL-Dampfer doch von 1929 bis 1939 im Liniendienst auf der Route Bremerhaven-New York.

Freilich spricht es für das Renommee der „Bremen“, ihren Bekanntheitsgrad, dass die amerikanischen Drehbuchschreiber ausgerechnet ihr die Ehre zuteil werden ließen, Shanghai anzulaufen. Das wäre wohl kaum der Fall gewesen, hätte sie nicht regelmäßig New York angesteuert.

Nicht schlecht besetzt: Kinoplakat des US-Thrillers „Shanghai“ von 2010.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war dann aber Schluss mit den Atlantiktouren, zuletzt sollte die „Bremen“ als Truppentransporter bei der Landung in England dienen. Doch dazu kam es nicht mehr – nicht nur, weil die Invasion abgeblasen wurde. Sondern auch, weil die „Bremen“ unter nie ganz geklärten Umständen im März 1941 in Flammen aufging.

Just zu dem Zeitpunkt, als das Schiff gemäß Film im Hafen von Shanghai festmacht, befand es sich in Wirklichkeit auf der anderen Seite der Weltkugel, nämlich im Kaiserdock II von Bremerhaven, damals Wesermünde. Und das in einem durchaus beklagenswerten Zustand, weit entfernt von der makellosen Schönheit, die im Film zur Schau gestellt wird. Zu retten war die „Bremen“ nicht mehr, es wurden nur noch brauchbare Teile ausgebaut und der Rest verschrottet. Die letzten Doppelbodensektionen versenkte man 1946 in der Weser gegenüber von Nordenham.

von Frank Hethey

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