Verstreuter Besitz: die damals hannoverschen Besitzungen des Dombezirks im Jahre 1750.

Ein Blick in die Geschichte (163): Gebäude war ursprünglich ein Kaufmannshaus

Die Domsheide ohne das Gerichtsgebäude kann man sich kaum vorstellen. In Stein gemeißelt steht er da, der monumentale Prachtbau aus dem späten 19. Jahrhundert: ein typisches Beispiel historistischer Baukunst.

Doch was war am gleichen Standort eigentlich vorher? Ein altes Foto aus dem Jahre 1885 gibt darüber Auskunft. Es zeigt die Einmündung der damals noch äußerst schmalen Violenstraße auf den Platz der Domsheide. Als Blickfang erhebt sich dahinter das alte Packhaus der Post, kurz „Alte Post“.

Im Grunde ist die volkstümliche Bezeichnung ein wenig irreführend, denn das Klinkergebäude hat die längste Zeit seines Bestehens gar nicht als Postgebäude gedient. Wann genau es errichtet wurde, ist nicht mehr zu ergründen. Die abgerundeten welschen Giebel gelten aber als typisches Stilelement der Weserrenaissance im 16. Jahrhundert. Der merkwürdige Anbau zur Linken beherbergte das Treppenhaus. Einigermaßen kurios nur, dass dessen eindeutig gotischer Staffelgiebel nicht zum welschen Hauptgiebel passen will.

Die Packpforten als Fingerzeig

Kein Zweifel kann daran bestehen, dass es sich ursprünglich um ein Kaufmannshaus handelte. Darauf weisen unmissverständlich die Packpforten und das Schutzdach für den Seilaufzug hin. In den beiden Hauptstockwerken befanden sich Wohn- und Kontorräume , in den beiden Giebelgeschossen die Lagerräume: eine typische Einteilung alter Kaufmannshäuser.

Pittoresk: das Gebäude der „Alten Post“ 1885 – am Standort des heutigen Gerichtsgebäudes.
Quelle: Bestand Herbert Fuß

Zu einem unbekannten Zeitpunkt ging das Gebäude in erzbischöflichen Besitz über und war damit Teil des Dombezirks. Bis 1803 war in dem früheren Kaufmannshaus die Domstruktur untergebracht, eine ehemals erzbischöfliche Behörde. Als mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 der berühmte deutsche Flickenteppich gründlich entrümpelt wurde, kam der frühere Dombezirk – damals seit knapp 100 Jahren in hannoverschem Besitz – wieder zu Bremen. Eine Art kleine Wiedervereinigung, nachdem sich Bremen 1646 als Freie Reichsstadt von den erzbischöflichen Landesherrn endgültig losgesagt hatte.

Die früher hannoverschen Gebäude wurden verkauft oder für städtische Zwecke genutzt. So auch die „Alte Post“, die erst jetzt als Lagerhaus und Wagenremise der städtischen Post Verwendung fand. Allerdings nicht auf Dauer, in späteren Jahren diente das Klinkergebäude verschiedenen Privatunternehmern als Lagerstätte. So auch einem gewissen A. S. Meyer, wie der Aufschrift über Tür zu entnehmen ist. Laut Adressbuch von 1886 handelte es sich um August Simon Meyer, der eine „Wagenfabrik“ in der benachbarten Buchtstraße unterhielt. In der „Alten Post“ an der Violenstraße 7/8 befand sich sein Lager.

Baupläne schon seit 1854

Schon seit langem hatte es Pläne für den Bau eines Gerichtsgebäudes am heutigen Standort gegeben. Doch ein erster Wettbewerb 1854 blieb ohne Folgen, erst ein zweiter Durchgang 1889/90 führte zum Erfolg. Nachdem bereits Heinrich Müller durch den Saalbau für den Künstlerverein (1869) und die neugotische Fassade für das Domkapitelhaus (1875) erste Akzente an der Domsheide gesetzt hatte, wertete die neue Oberpostdirektion (1875 bis 1879) den Platz noch einmal deutlich auf. Das Gerichtsgebäude an der östlichen Stirnseite (1891 bis 1894) bildete sozusagen den krönenden Abschluss. Um Platz zu schaffen, wurde die „Alte Post“ 1890/91 abgebrochen.

Am linken Bildrand ist das Predigerhaus zu erkennen, die 1808 errichtete Heimstatt der Domprediger. Es musste 1960 im Zuge der Ostumgehung des Altstadtkerns der Verbreiterung der Violenstraße weichen. Eine Kuriosität am Rande: die fälsche Bezeichnung der Violenstraße als „Veolenstraße“ – womöglich der Fehler eines ortsunkundigen Herstellers von Ansichtskarten.

von Frank Hethey

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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