Mal hier, mal dort: Den Hurrelberg gab es zweimal in der Altstadt
Vor einigen Tagen wollte ich als Zuschauer einer Gerichtsverhandlung im Justizzentrum beiwohnen. Doch wer so wie ich bisher wenig mit der Justiz zu tun hat, der weiß nicht unbedingt, wo das Justizzentrum in Bremen ist. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als mich vom alten Gerichtshaus und weiter bis zum Amtsgericht durchzufragen. „Das ist am Wall 198.“ bekam ich jedesmal zur Antwort.
Und schon bog ich nach links zwischen der Rückseite des Gerichtsgebäudes und dem ehemaligem Polizeigebäude in die Buchtstraße ein. Nur kurz schweifte mein Blick nach oben zur sogenannten „Seufzerbrücke“, bis ich dann nach rechts zum Hurrelberg einschwenkte. An der Ecke zur Ostertorwallstraße geht eine Treppe zum Am Wall hoch. Noch einmal links und man steht vor dem Eingang zum Justizzentrum.
War doch ganz einfach, oder? Aber warum Hurrelberg? Um das zu ergründen, muss man seine Schritte in Richtung Markt lenken.
Der erste „Hurrelberg“
Dort, wo heute an der Ecke Bremer Marktplatz/Liebfrauenkirchhof das 1909 bis 1911 erbaute Rathscafé, heute Deutsche Haus, steht, stand seit dem 15. Jahrhundert ein städtisches Weinhaus. Dessen Weinkeller war mit mit der Rathsapotheke verbunden. Außerdem gab es eine Verbindung mit dem „Hurrelberg“ an der Hakenstraße. Der „Hurrelberg“ war das städtische Gefängnis. Dort, so ist zu vermuten, waren nicht nur Gefangene untergebracht, sondern es wurden auch betrunkene und randalierende Gäste des Weinkellers hinein befördert, die ihren Rausch ausschlafen mussten. Der „Hurrelberg“ an der Hakenstraße wurde 1787 verpachtet und 1835 verkauft.
Was hat der Name zu bedeuten?
Doch was der Name „Hurrelberg“ zu bedeuten? Nicht einmal das vielbändige Werk „Versuch eines bremisch-niedersächsischen Wörterbuchs“ von 1747 vermag es eindeutig zu klären. Die geläufigste Erklärung sei, so steht da geschrieben, dass es sich umgangssprachlich um eine „Huren-Herberge“ handeln könnte. Das sei aber nicht belegt. Vielleicht sei es aber von hurreln (verdrießlich machen) herzuleiten. Es käme aber auch eine „Hüdel-Barg“ infrage: von hüden, verstecken, verwahren und Barg, ein Ort, wo man etwas verbirgt? – Nun ja, wer weiß, was in den Gewölben alles passiert ist!?
Der zweite „Hurrelberg“
Nachdem das Gefängnis an der Hakenstraße aufgegeben war, übertrug man den Namen „Hurrelberg“ auf einen Festungsturm am Ostertorswall. Dieser hieß vorher Ravensturm und gehörte ehemals zur Stadtmauer. Er diente bereits als Gefängnis, der Gefängniswärter wohnte in einem kleinen angebauten Haus. Trotz des 1828 gebauten Detentionshauses (Gefangenenhaus Ostertorwache am Ostertor, heute: Wilhelm Wagenfeld-Haus mit originalem Zellentrakt aus der Gefängniszeit) wurde der Hurrelberg weiter als Gefängnis genutzt, und zwar war um Untersuchungshäftlinge voneinander zu trennen. 1876 verkaufte die Stadt den Turm. 1903 wurde der baufällige Hurrelturm abgebrochen, um Platz für das neue Polizeigebäude zu machen.
von Peter Strotmann