Kopf hoch (1): Ein alter Datumsstein an der Schlachte
Für die diversen Beiträge „Bremer Schlachte – Einst und jetzt“ war Bremen History-Autor Peter Strotmann auch auf dem Teerhof. Der liegt der Schlachte gegenüber. Von dort aus ist die Schlachte gut einzusehen. Allerdings liegt die Weser dazwischen. Und die hat hier schon eine beachtliche Breite. Um dann auch noch etwas zu entdecken und ein gutes Foto zu machen, dazu braucht es gute Lichtverhältnisse.
Und plötzlich war die Freude groß: An einer Fassade gab es etwas Außergewöhnliches zu entdecken, nämlich ein Relief am Giebel der Schlachte 5. Doch das fotografische Ergebnis war ernüchternd. Die Entfernung zum Objekt beträgt hier etwa 130 Meter. Nach drei Aufnahmetagen war endlich das Bild im Kasten: Ein Sandsteinrelief aus dem Jahre 1605. Das war nicht im entferntesten zu ahnen und auch die vielen Touristen und Schlachte-Bummler laufen achtlos daran vorbei. Deshalb sei hier die Geschichte des Reliefs und der drei Packhäuser berichtet.
Ein Relief mit lateinischer Inschrift
Die lateinische Inschrift lautet:
ANNO 1605
(Auf dem Relief steht geschrieben AÑO,
mit einem Verdoppelungszeichen auf dem „N“)
REBVS NE CREDE CADVCIS
(in anderer Schreibweise U statt V: Rebus ne crede Caducis)
Das lateinische Inschrift ist verhältnismäßig einfach zu entschlüsseln:
Im Jahre des Herrn 1605
Verlasse dich nicht auf Vergängliches.
Dieser Sinnspruch aus dem 16./17. Jahrhundert sollte die Menschen dazu aufrufen, nicht nach Vergänglichem zu trachten, sondern alles Tun an dem Ewigen, also Gott, auszurichten.
Die Geschichte des Reliefs
Es ist ein Datumsstein, der 1605 beim Bau des Hauses Schlachte 5 in die Fassade eingesetzt wurde. Es war ein schlichtes Packhaus mit hohem Giebel. In den unteren beiden Stockwerken waren das Kontor und die Wohnräume, darüber diente es als Packhaus (Lagerhaus). Die beiden Utluchten wurden erst 1750 vorgesetzt. Über dem Eingangsportal (bereits 1898 bereits) war das Sandsteinrelief in die Fassade eingesetzt.
Dieses Packhaus stand in einer Reihe von drei Packhäusern: Schlachte 3, 4 und 5. Alle drei wurden 1898 abgerissen.
Außer dem lateinischen Sinnspruch kann „Fachmann“ Rudolf Stein noch folgende Details erkennen:
Die Sandsteingewände tragen zwei Wappenschilde, links das des Ratsherrn Meyer, das sich auch am Warturm von 1577 befindet; in Silber ein blauer Balken, über ihn zwei, unter ihm eine rote Rose und rechts das Wappen der Correjus: ein grünes Blatt im silbernen Felde.
Ein Correjus war seit 1636 Schlachtevogt. Die Steinplatte über dem Portal hat wahrscheinlich ein späterer Besitzer des Hauses einsetzen lassen. In ihr zwei weitere Wappenschilde, links das der Familie Weitzel: in Blau ein nach rechts gewandter bekränzter Kopf, rechts das Schild der Familie Janzen: geteilt in Blau und Silber, oben belegt mit einem silbernen Stern, unten mit einer roten Rose.
Schlachte 5 gehörte 1840 dem Kaufmann Louis Ferdinand Kalkmann, der neben seiner Handelstätigkeit Kaiserlicher Brasilianischer und Königlicher Portugiesischer Vicekonsul, auch Vicekonsul der Republik Uruguay war.
Der zweite Neubau
Nach dem Abriss der drei Altbauten von 1605 wurden um 1900 drei neue Packhäuser errichtet. Diese gingen im Zweiten Weltkrieg bei einem Luftangriff verloren. Der Datumsstein vom Packhaus Schlachte 5 konnte aus dem Schutt geborgen werden. Er wurde in den Giebel des in den Jahren 1949 bis 1951 errichteten dritten Neubaus eingesetzt.
von Peter Strotmann