Berichtete seiner Schwester aus Bremen: der junge Friedrich Engels. Quelle: Wikicommons

Berichtete seiner Schwester aus Bremen: der junge Friedrich Engels.
Quelle: Wikicommons

Friedrich Engels als Kaufmannsgehilfe in Bremen

Friedrich Engels (1820 bis 1895) war ein deutscher Philosoph und zusammen mit Karl Marx ein führender Theoretiker des Sozialismus. Engels verbrachte seine dreijährige Lehrzeit (1838 bis 1841) zum Kaufmannsgehilfen in Bremen. Er lebte im Hause des Pastors von St. Martini, Georg Gottfried Treviranus (1788 bis 1868), in unmittelbarer Nähe der Weser.

Doch der Fluss zeigte nicht immer nur liebliche Seiten. Die Schilderungen, die er seiner Schwester in Barmen zukommen ließ, sehen recht sachlich aus. „Den 28. Dezember 1840. Die Weser ist jetzt ganz zugefroren, so dass man mit Wagen darauf spazieren fährt. Ich glaube, dass man bis Vegesack, was auf der Weser 5 Stunden sind, Schlittschuh laufen könnte. Nachmittags geht der ganze beau monde [die feinen Leute] darauf spazieren.“

Wenig später wusste Engels dann von Hochwasser zu berichten.

„18. Februar 1841. Seit meinem letzten Briefe haben wir hier eine schöne Überschwemmung gehabt. Das Wasser stand bei Treviranus zwölf bis vierzehn Zoll hoch in meiner Stube, und ich musste zum Alten [seinem Lehrherrn] flüchten, der mich mit gewohnter Güte beinahe vierzehn Tage beherbergte. Da aber ging der Tanz erst recht los. Das Wasser stand anderthalb Fuß vor dem Haus und damit es nicht in den Keller käme, der eine Luke hat, mauerten wir diese mit Kuhmist zu. Aber das maliziöse [boshafte] Wasser lief nun aus dem Keller des Nachbars in unsren durch die Wand. Und damit unsre schönen Rumfässer und Kartoffeln und vor allem der wohlassortierte Weinkeller des Alten nicht ersoff, mussten wir Tag und Nacht pumpen, vier Nächte hintereinander, die ich alle vier durchgepumpt habe.“

Friedrich Engels war an Bord: das Dampfschiff „Roland“, gebaut 1839, vor Bremerhaven. Quelle: Focke-Museum Bremen

Friedrich Engels war an Bord: das Dampfschiff „Roland“, gebaut 1839, vor Bremerhaven.
Quelle: Focke-Museum Bremen

„Lauter rattenscheue Frauenzimmer“

Allerlei Kuriositäten brachte der Briefeschreiber zu Papier. „Bei dieser Überschwemmung sind rührende Dinge vorgefallen. In einem Hause vor der Stadt, das bis an die Fenster des untersten Stocks voll Wasser stand, sahen die Leute plötzlich eine ungeheure Masse Ratten anschwimmen, die durch die Fenster hereinkamen und das ganze Haus besetzten. In diesem Hause waren außerdem lauter rattenscheue Frauenzimmer, gar kein Mann, so dass sich die zarten Damen sich trotz ihrer Angst entschließen mussten mit Säbeln, Stöcken etc. auf die wilde Horde loszugehen. In einem Hause, das ganz an der Weser liegt, saßen eben die Comptoiristen [Büroangestellten] beim Frühstück, als eine große Eisscholle herabgetrieben kam, die Wand durchstieß und den unbescheidenen Kopf ins Zimmer steckte, worauf denn gleich eine gute Portion Wasser nachfolgte.“

Friedrich Engels ist auch einer der frühen Touristen, die sich mittels damals modernster Technologie das Pläsier einer Flussfahrt gönnten. Im „Morgenblatt für gebildete Leser“ veröffentlichte er 1841 einen Bericht über „Eine Reise nach Bremerhaven“, die er an Bord der „Roland“ angetreten hatte: „Das Dampfschiff fuhr ab …. Auf dem Räderkasten stand, trotz des starken Regens und scharfen Windes, ein langer Assekuranzmaklergehilfe und unterhielt sich in plattdeutscher Sprache mit dem Kapitän, der ruhig seinen Kaffee trank …. jetzt stürmte er eilig vom Räderkasten herunter und brachte die Nachricht: ‚In einer Viertelstunde sind wir in Vegesack’, ‚Vegesack!’ wiederholten erfreut alle Zuhörer, denn Vegesack ist die Oase in der bremischen Wüste. Die Lesum fließt hier in die Weser und bildet mit ihren Hügeln ebenfalls ganz niedliche Ufer, die sogar romantisch sein sollen.“

Die Schilderung der Fahrt von Vegesack nach Bremerhaven folgt in der Fortsetzung.

Letzte Rettung: Bei der Überschwemmung von 1841 flüchten Bewohner am Buntentorsteinweg auf die Hausdächer. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Letzte Rettung: Bei der Überschwemmung von 1841 flüchten Bewohner am Buntentorsteinweg
auf die Hausdächer.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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