Wilhelm II. (1859-1941), war von 1888 bis 1918 letzter deutscher Kaiser und König von Preußen.
Quelle: Wikimedia Commons

Sehr anerkennend hat sich erst kürzlich ein prominenter Freund Bremens über die republikanische Gesinnung an der Weser geäußert. In Köln sei eine Brücke nach den deutschen Kaisern benannt, die Hohenzollernbrücke. Derlei gebe es in Bremen nicht, in seinen Augen ein wohltuendes Zeugnis hanseatischen Bürgerstolzes.

Ein gewiss sehr schmeichelhaftes Statement. Doch leider beruht es auf reinem Wunschdenken, die historische Wahrheit sieht anders aus.

Man könnte sogar sagen, das Gegenteil ist richtig. Denn im Kampf gegen die Kirche oder benachbarte Territorialmächte hat Bremen stets den engen Schulterschluss mit dem Reich gesucht, der Kaiser war immer so etwas wie der Schutzpatron Bremens. Erst recht, nachdem er den Status Bremens als Freie Reichsstadt 1646 mit Brief und Siegel garantiert hatte. Diese enge Verbundenheit setzte sich auch später fort, fest und treu stand Bremen nach der Reichsgründung von 1871 zum Kaiser und der Hohenzollern-Dynastie.

Seinen sinnfälligen Ausdruck fand dieser Umstand nicht zuletzt in einem Brückenbau: der Kaiserbrücke von 1875. Und nicht nur mit dieser Namensgebung ehrte Bremen die Monarchie. Neben dem Rathaus gab es seit 1890 den Kaiser-Wilhelm-Platz und in seinem Zentrum das Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Ein weiteres Reiterdenkmal hält bis heute die Erinnerung an dessen Sohn wach, den 99-Tage-Kaiser Friedrich III. Ein Denkmal, das nicht in erster Linie seine inzwischen umstrittene liberale Haltung würdigen sollte, sondern mehr noch das durch ihn verkörperte Kaisertum. Kaum überraschend denn auch, dass die angrenzende Straße den Namen Kaiser-Friedrich-Straße erhielt.

Im Hauptbahnhof gab es einen Empfangssaal für fürstlich Reisende, konzipiert vor allem für Wilhelm II., um ihm den Aufenthalt möglichst angenehm zu gestalten, wenn er mal wieder auf der Durchreise zum Marinestützpunkt Wilhelmshaven war. Geradezu kurios wirken heute die Kaiserzimmer im Neuen Rathaus und im Ratskeller. Vom Personenkult ist das nicht mehr weit entfernt.

Und was die Hohenzollern angeht, so hat Bremen vielleicht keine Brücke nach der kaiserlichen Dynastie benannt, wohl aber eine Straße in Schwachhausen. Den Bremern also einen republikanischen Bürgerstolz zu attestieren und daraus abzuleiten, Bremen habe sich im Gegensatz zu anderen Städten bei Kaiserehrungen zurückgehalten, ist unhaltbar. Einen kleinen Eindruck davon vermittelt die Berichterstattung zum Besuch des Kaisers im März 1912 in Bremen.

Kurze Zusammenfassung eines Zeitungsberichtes der Bremer Nachrichten vom 9. März 1912 über den 21. Besuch des Kaisers in Bremen

Der Kaiser kommt am Eingang des Ratskeller an. Dieses Foto ist von einem der früheren Besuche, bei der er noch in einer Kutsche fuhr. Am 8. März 1912 kam er im Automobil.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Als der Kaiser sich nach etwa halbstündigem Verweilen im Lloydgebäude wieder zum Automobil begab, wiederum lebhafte Hurrarufe und der Ruf: „Auf Wiedersehen“.

Vor dem Eingange zum Ratskeller wurden dem Kaiser von hiesigen Damen wieder Blumensträuße überreicht, die er dankend entgegennahm. Auf der Treppe unterhielt sich der Kaiser minutenlang mit den Spenderinnen, besonders Frau Konsul Gerdes. Beim Betreten des Kellers wurde er von lebhaften Zurufen begrüßt; auch hier wurden ihm, besonders von Kindern, Blumen überreicht. Beim Erscheinen des Prinzen Heinrich wiederholten sich die Hurrarufe. In den Senatorenräumen des Ratskellers wurde das Frühstück eingenommen. An demselben nahmen teil von dem Senat die Herren Präsident Bürgermeister Stadtländer, die Bürgermeister Dr. Barkhausen und Dr. Pauli, die Senatoren Dr. Oelrichs, Wessels, Dr. Donandt, Dr. Meyer, Bömers, Feuß und Biermann.

Dr. Karl. F. H. Stadtländer (1844-1916), Bürgermeister von Bremen.
Quelle: Wikimedia Commons

In Begleitung des Kaisers befanden sich Prinz Heinrich von Preußen nebst Adjudanten Korvettenkapitän von Usedom, General von Moltke, Chef des Generalstabs der Armee, General Freiherr von Lynker, Chef des Militärkabinetts, die Generaladjudanten Generaloberst von Plessen und Admiral von Müller, Hausmarschall Freiherr von Lynker, Admiral von Hollmann, Die Flügeladjudanten Kapitän zur See von Bülow und Major von Dommes, Leibarzt Oberstabsarzt Dr. Riedner.

Geladen waren der Kommandeur des Infanterie-Regiments „Bremen“, Oberst Woide, und vom Norddeutschen Lloyd Präsident Fr. Achelis, Vizepräsident Konsul Nolze und Generaldirektor Phil. Heineken.

Zum Frühstück im Ratskeller wurden serviert:

Schildkröten-Bouillon, Beluga-Kaviar, Frischer Hummer, Sandwichs, Kaiserkringel; an Wein wurde geschenkt: 1900er Schoß Johannisberger, 1904er Erbacher Honigberg Auslese, 1904er Rüdesheimer Burgweg Beerenauslese, 1898er Hattenheimer Nußbrunnen Goldbeeren Auslese.

Herr Photograph Max Kaufmann hatte hatte bei der Ankunft des Kaisers vor dem Lloydgebäude einige Aufnahmen gemacht, von denen dem Kaiser noch während seines Verweilens im Ratskeller Vergrößerungen überreicht werden konnten, die er dankend entgegennahm.

Der Kaiser verweilte bis 3 Uhr 10 Minuten im Ratskeller. Im Automobil des Kaisers nahm auch Herr Bürgermeister Stadtländer Platz. Die Fahrt ging direkt zum Hautbahnhof. Der Kaiser schritt die Treppe zum Wartesaal für fürstlich Reisende hinauf und durchquerte diesen. Auf dem Bahnsteig verabschiedete sich der Kaiser auf das herzlichste von Herrn Bürgermeister Stadtländer. Die Abfahrt erfolgte um 3 Uhr 19 des Nachmittags.

von Frank Hethey und Peter Strotmann

Das Kaiserzimmer im Rathaus: eine Ehrung für Wilhelm II., der im Relief abgebildet ist. Foto: Frank Hethey

Das Kaiserzimmer im Rathaus: eine Ehrung für Wilhelm II., der im Relief abgebildet ist.
Foto: Frank Hethey

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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