Ein Blick in die Geschichte (24): Die Gebäude an der Nordwestecke des Marktplatzes

Nur allzu leicht lässt man sich beim Anblick des Marktplatzes etwas vormachen: Doch was alt aussieht, ist in Wahrheit gar nicht alt. Oder jedenfalls nicht so alt, wie man meinen könnte.

Wie die Nordwestseite des Markts um 1900 aussah, zeigt diese historische Ansichtskarte. Vom markanten Eckgebäude des „Deutschen Hauses“ ist noch nichts zu sehen, obwohl es auf den heutigen Betrachter wirkt wie ein Kaufmannsdomizil aus dem 18. Jahrhundert. An seiner Stelle stand damals ein nüchterner Putzbau aus der Biedermeierzeit, der ein Wäschegeschäft beherbergte.

Im ebenso unscheinbaren Nachbarhaus war ein Weinhandel untergebracht. Links davon ist gerade noch die heute verschwundene Fleischstraße zu erkennen, ein schmaler Gang zur Hakenstraße. Der Name erinnerte an das einstige „Fleischhaus“, das den Fleischern bis ins frühe 19. Jahrhundert als Lagerstätte diente.

Beim Neubau des Kauneschen Hauses 1962/63 wurde die Fleischstraße überbaut. Die beiden Biedermeierhäuser gingen um 1905 in den Besitz der Stadt über. Nach ihrem Abriss wurde im Eckbereich zur Obernstraße von 1908 bis 1911 das „Rathscafé“ errichtet, heute das „Deutsche Haus“: ein moderner Betonbau im historischen Gewand, etliche Fassadenteile stammen von alten Abbruchhäusern.

Der Giebel ist ein bewusster Rückgriff auf das historische Erscheinungsbild: Die Vorgängerbauten hatten einen backsteingotischen Treppengiebel, später einen aufwändig gestalteten Renaissancegiebel.

Der Bau des„Rathscafé“ ist ein Paradebeispiel dafür, dass die Stadtväter schon damals mehr in petto hatten, als an zentralen Stellen der Altstadt einen historistischen Monumentalbau nach dem anderen hochzuziehen. So wie die Neue Börse am Standort der heutigen Bürgerschaft oder die Baumwollbörse an der Ecke Marktstraße/Wachtstraße. Das eher behutsame Retro-Konzept von damals war wohl durchdacht – und überzeugt bis heute.

Nicht sonderlich repräsentativ: die schlichten Biedermeierhäuser im Eckbereich Markt/Obernstraße. Quelle: Wikicommons

Nicht sonderlich repräsentativ: die schlichten Biedermeierhäuser im Eckbereich Markt/Obernstraße.
Quelle: Wikicommons

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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