Alle Symbole parat: die Justitia in Nahansicht.
Foto: Peter Strotmann

Die Justitia im Gerichtsgebäude des Landgerichts verschwand in der NS-Zeit

Es gibt Orte, die man nicht so gerne betritt. Einer davon ist das Bremer Gerichtsgebäude an der Domsheide. Als Zeuge oder Zuschauer einer Gerichtsverhandlung ist ein Gang ins Haus hinein unvermeidlich. Auch Besucher und Touristen sind willkommen. Doch in allen Fällen muss man beim Eintritt durch den Haupteingang einen Sicherheitscheck über sich ergehen lassen. Aber danach umgibt einem das Flair des Jahres 1895. Es ist das Jahr, im welchem das Gerichtsgebäude fertiggestellt wurde. Das Erdgeschoss ist bald erkundet und man steigt dann die Haupttreppe zur ersten Etage hinauf. In der Fensterfront der Zwischenplattform ist das Glasfenster mit der Justitia der besondere Blickfang.

Die Symbole der Justitia

Die Justitia ist die römische Göttin der Gerechtigkeit und damit des Rechtswesens. Deshalb ist sie sicher in allen historischen Gerichtsgebäuden in irgendeiner Form, sei es als Gemälde oder Plastik, vorhanden. Seit dem Mittelalter wird sie als Jungfrau dargestellt. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts zeigt sie sich entweder blind, einäugig, mit oder ohne Augenbinde. In der linken Hand hält sie eine Waage, in der Rechten das Richtschwert. Damit soll herausgestellt werden, dass das Recht ohne Ansehen der Person (Augenbinde), nach sorgfältiger Abwägung der Sachlage (Waage) gesprochen und schließlich mit der nötigen Härte (Richtschwert) durchgesetzt wird.

An der Frage, ob die Symbolfigur der Justiz mit oder ohne Augenbinde darzustellen sei, scheiden sich die Geister. Sie muss in jedem Fall unparteilich sein und ohne Ansehen der Person richten. In Preußen ordnete Seine Majestät mit Schreiben vom 18. Juli 1907 an, dass bei künftigen Gerichtsbauten die Justitia ohne Augenbinde auszuführen sei.

Die Justitia in der NS-Zeit

Kolorierte Darstellung von 1900 mit dem damals noch neuen Gerichtsgebäude und demGustav-Adolf-Denkmal.

Es sei zu bemerken, dass die Darstellungen der Justitia in anderen Hansestädten keine Augenbinde tragen. Bremen hätte sich dem königlichen Erlass sicher angeschlossen. Doch er kam für das 1895 geschaffene Glasbildfenster zu spät. Die Bremer Justitia hat ihre Augen verbunden und zeigt damit an, dass sie unparteilich urteilt.

Das gefiel den Herrschenden während der NS-Zeit nicht. Diese meinten, dass die Justiz nicht mit blinden Augen urteilen solle. Dem Polizeipräsidenten wurde befohlen, das Fensterbild zu entfernen und zu vernichten. Er führte den ersten Teil des Befehls aus, versteckte die Justitia aber auf dem Dachboden seines Hauses. Nach 1945 übergab er das Bildnis einer Rechtsanwaltskanzlei. Die stellte es im Eingangsbereich in einer beleuchteten Vitrine aus. Im Jahre 1991 wurde die Justitia wieder im Gerichtsgebäude eingebaut.

Weitere Justitia-Darstellungen in Bremen

Außer dem Fensterbild im Gerichtsgebäude des Landgerichtes sei noch auf diese Justitia-Darstellungen hingewiesen:

  • Ansgaritorstraße 24 am Gewerbehaus über dem Haupteingang: Statue der Justitia (ohne Augenbinde)
  • Neustadtswallanlagen (Hohentorsplatz): Statue der Justitia (ohne Augenbinde)
  • Domsheide 16, Gerichtsgebäude des Landgerichts im Schwurgerichtssaal: nur die Waage in der Holzverkleidung
  • Am Markt 21, Bremer Rathaus obere Rathaushalle: Statue der Justitia (ohne Augenbinde)
  • Universitätsallee im GW1: Statue der Justitia (nur rechts Augenbinde). Die Statue wurde von einem Menschen geschaffen, der Erfahrung mit der Justiz gesammelt hat. So trägt sie in der rechten Hand statt eines Schwertes einen Geldbeutel.

von Peter Strotmann

Hier mit Augenbinde: Glasbildfenster mit der Darstellung der Justitia in der
Fensterfront im Haupttreppenhaus des Gerichtsgebäudes.
Foto: Peter Strotmann

200 Jahre Bremer Stadmusikanten

200 Jahre Bremer Stadtmusikanten

Das schönste Märchen über die Freundschaft

1819 haben die Brüder Grimm die Geschichte der Bremer Stadtmusikanten veröffentlicht. Unser Magazin zu diesem Geburtstag ist voller Geschichten rund um die berühmten Aussteiger – etwa eine Reportage über das Grimm-Museum in Kassel, über die Bedeutung des Märchens in Japan und vieles anderes mehr.

Jetzt bestellen