Bade-Lexikon: Erste Bremer Militärbadeanstalt an der Kleinen Weser
Wenn alle Soldaten sich nicht waschen und vor sich „hinmuffen“, dann mag das in früheren Zeiten für manchen Strategen normal gewesen sein. Doch zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte der preußische General Ernst von Pfuel etwas dagegen. Noch in österreichischen Diensten, gründete er zuerst in Prag und Wien, später auch in Berlin Militärbadeanstalten. Das Schwimmen wurde in die militärische Ausbildung aufgenommen.
Das war eine wegweisende Neuerung. Denn in der Bevölkerung hatte bisher kaum jemand Wasser an seinen Körper herangelassen. Bei Bauern und Arbeitern war Dreck und Schmutz keine Schande. Gewaschen wurde unter dem kalten Wasserstrahl einer Pumpe oder mit Wasser in einer Waschschüssel. Zur Reinigung wurde Kernseife benutzt. Und das auch nur zu besonderen Anlässen.
Ohne das Militär wäre die Körperpflege und der Schwimmunterricht nicht allgemein in die Bevölkerung hineingebracht worden. Den Soldaten sollte mit dem Baden und Schwimmen nicht nur Reinlichkeit beigebracht werden, sondern es galt auch Seuchen und Krankheiten vorzubeugen. Besonders wichtig war es der Militärführung, dass die Soldaten abgehärtet wurden. Damit sollte die Armee schlagkräftiger, die Soldaten kampffreudiger und beweglicher werden.
Allenthalben Militärbadeanstalten
An nahezu allen Militärstandorten entstanden an Flüssen und Seen Militärbadeanstalten. Das waren anfangs meist einfache Holzkonstruktionen mit Laufstegen und Unterständen. An einigen Standorten wurden Anfang des 20. Jahrhunderts auch Freibäder mit Becken errichtet. Es bleibt anzunehmen, dass die Soldaten bei Wind und Wetter zum Schwimmunterricht antreten mussten. Alles geschah unter der Maxime, aus jungen Männern belastbare Soldaten zu machen.
Das erste Duschbad wurde erst 1879 in einer Berliner Kaserne eingerichtet. Damit war es möglich, dass gleichzeitig bis zu zehn Soldaten wöchentlich einmal für drei Minuten duschen konnten. Damit wurde die Körperpflege fundamental verbessert, denn bis dahin gab es, insbesondere im Winter, keine Möglichkeit zur wöchentlichen Ganzkörperreinigung.
Die Militärbadeanstalt in Bremen
Die erste Bremer Kaserne des Infanterie-Regiments „Bremen“ befand sich an der Westerstraße. Auf dem zugeschütteten Stadtgraben entstanden 1892/93 weitere Kasernenneubauten, dann aber am Neustadtswall. Dieses Infanterie-Regiment „Bremen“ (1. Hanseatisches) Nr. 75 war ein Infanterieverband der Preußischen Armee, der in Bremen und Stade stationiert war. Er wurde 1866 gegründet und 1919 aufgelöst.
Wann genau die Militärbadeanstalt an der Kleinen Weser eingerichtet wurde, das war nicht zu ermitteln. Es ist anzunehmen, dass bald nach der Gründung des Regimentes (1866) auch eine Flussbadestelle eingerichtet wurde, um die Soldaten nach preußischer Manier abzuhärten.
Der erste bekannte Beleg ist ein Stadtplan von 1894, auf dem die Lage der „Militair-Badeanstalt“ eingezeichnet ist. Sie befand sich an der Kleinen Weser, und zwar am hinteren äußeren Ende des Wasserwerksgeländes. Die Zugang/Zufahrt erfolgte über eine Stichstraße von der Werderstraße aus.
Mit den Jahren verschlammte die Kleine Weser immer mehr. Man hätte den Bereich um die Militärbadeanstalt jährlich ausbaggern müssen. Dagegen hatte das Gesundheitsamt im Jahre 1905 jedoch Einwände, da in der Nähe eine Schöpfstelle für das Wasserwerk lag und die Wasserversorgung gefährdet worden wäre. Deshalb wurden alle Badeanstalten an der Kleinen Weser aufgegeben.
Die Militärbadeanstalt zog daraufhin nach Woltmershausen, sie lag stromabwärts neben der 1893 an den Bademeister Wilhelm Timmermann übertragenen Badeanstalt. Beide Badeanstalten waren durch eine Sichtblende getrennt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Militärbadeanstalt zunächst als Damenbadeanstalt benutzt. In späteren Jahre wurde die Sichtblende beseitigt und beide Badestrände zusammengelegt. Mit dem Zweiten Weltkrieg kam auch das Ende von Timmermann’s Badeanstalt.
von Peter Strotmann