Kleingeldscheine mit Weserbrücke und Rathaus: Notgeld zuletzt nicht mehr als Zahlungsmittel, sondern nur noch als Sammlerobjekt
Geld ist, was Geldfunktion erfüllt. Mit der Abkehr vom Tauschhandel kam das universal einsetzbare Geld auf. Schon etwa ab 1000 vor Christi kamen geprägte Münzen in Umlauf. Das Papiergeld ist eine Erfindung der Chinesen im 11. Jahrhundert nach Christi. Von den jeweiligen Herrschern wurde und wird Geld als gesetzliches Zahlungsmittel herausgegeben.
In Deutschland werden sie von der Bundesbank, früher: Reichsbank, bereitgestellt. Kann diese es beispielsweise aus Materialmangel nicht machen, dann haben Städte, Gemeinden oder Privatfirmen in der Vergangenheit sogenanntes Notgeld herausgegeben. Geldersatzmittel, die zu gewissen Zeiten und Situationen eingesetzt werden, gehören nicht zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln.
Notgeld in und nach dem Ersten Weltkrieg
In und nach dem Ersten Weltkrieg fehlte es an Münzen, dem sogenannten Kleingeld. Der Bedarf an Metallen für die Kriegsindustrie war riesengroß gewesen. Außerdem wurde die Silbermünzen zunehmend gehortet. Sie hatten nämlich durch die einsetzende Inflation einen höheren Materialwert als ihren Nennwert erhalten. Um den Zahlungsverkehr aufrecht zu halten, gaben Städte, Gemeinden und Privatfirmen Kleingeldscheine in Papier heraus, das sogenannte Notgeld. Also Scheine, die nur Pfennigbeträge anzeigten.
Dieses Notgeld hat nichts zu tun mit dem Notgeld, das in den Inflationsjahren von 1921 bis 1923 in Umlauf war. Zuletzt wurden Geldnoten von bis zu einer Billion Mark ausgegeben.
Im Laufe der Zeit wurden die Kleingeldscheine in vielen Variationen und ganz heimatbezogen gestaltet. Da schlug das Sammlerherz höher und die Notgeldscheine wurden Sammlerobjekte. Sie wurden nur noch für Sammler gedruckt und ausgegeben. Da sie meist nicht mehr als Zahlungsmittel eingesetzt wurden, brauchte der Herausgeber auch keine Gegenleistung mehr erbringen. Diese Art Scheine werden Serienscheine genannt, weil die Scheine einer Serie immer ein bestimmtes Thema abhandelten. In Berlin etwa stellte eine Serie von Notgeldscheinen die einzelnen Stadtteile vor.
Man muss wohl davon ausgehen, dass die heute angebotenen Kleingeldscheine aus Sammlerbeständen stammen. Während die tatsächlich als Notgeld eingesetzten Scheine verschlissen und im Müll gelandet sind.
Von der Stadt Bremen als Notgeld herausgegebene Kleingeldscheine
Es gab Notgeld in Scheinen sowie als Münzen unter anderem zu 2, 5, 10, 20, 25, 50,75 und 100 Pfennig. Bei den beiden Papiergeldscheinen mit der Großen Weserbrücke und dem alten Domshof ist auffällig, dass beide das Datum des 21. September 1921 tragen. Somit müssen sie als Serienscheine für Sammler eingestuft werden. Alles Notgeld wurde im Jahre 1924 ungültig.
Der Text auf der Rückseite lautet:
Dieser Gutschein wird in der Stadt Bremen von allen bremischen Staatskassen in Zahlung genommen. Er verliert seine Gültigkeit einen Monat nach erfolgter Aufkündigung in den Bremer Tageszeitungen.
Bremen, den 15. September 1921
Die Finanzdeputation
Deutsche Amerika-Woche in Bremen im Frühjahr 1923
Anlässlich der Deutschen Amerika-Woche im Frühjahr 1923 gab die Weser-Gilde eigenes „Notgeld“ heraus, das der Architekt Eduard Scotland gestaltet hatte. Es musste beim Veranstalter gekauft werden. Es wird auch seinen Wert bei ausgewählten Geschäften und Gaststätten gehabt haben. Diese als Serienscheine bezeichnete „Notgeld“ verschaffte dem Veranstalter zusätzliche Einnahmen. Denn die schönen bunten Bildchen sollten Werbung für Bremen sein, als Souvenir mitgenommen und dann in Sammleralben verschwinden. So ist es auch gekommen. In den einschlägigen Verkaufsportalen wird gerade dieses angebliche Notgeld sehr häufig angeboten.
Auf der Rückseite steht geschrieben:
Dieser Gutschein der Weser-Gilde verliert am Tage der Beendigung der 1-ten Deutschen-Amerika-Woche seine Gültigkeit
Das Präsidium
Die Geschäftsführung
Auch damit zeigt sich, dass dieses „Notgeld“ bevorzugt als Sammlerobjekt herausgegeben wurde. In anderen Städten ist die Ausgabe solcher Serienscheine ebenfalls erfolgt.
Bei Geldersatzmitteln ist alles möglich, was von anderen als Zahlungsmittel akzeptiert wird. In der Südsee waren es die Kauri-Muscheln, nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1948 Zigaretten, insbesondere amerikanische, oder die ab 1957 im Club Mediterranée gebräuchliche, aber die zwischenzeitlich aufgegebene Perlenkette (collier bar).
von Peter Strotmann