Vor 125 Jahren: Eröffnung der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrieausstellung im Bürgerpark am 31. Mai 1890

Bis zur letzten Minuten dauerten die Innenarbeiten im neuen Parkhaus: Erst in der Nacht vor der feierlichen Eröffnung wurden die letzten Gerüste im Festsaal abgebaut. Draußen blieben sie noch eine Weile stehen – es war beileibe nicht alles fertig, als am 31. Mai 1890 der Startschuss für die Nordwestdeutsche Gewerbe- und Industrieausstellung fiel. Doch trotz einiger Kritik erwies sich die bis dahin größte deutsche Leistungsschau als durchschlagender Erfolg. 

Wer sich heute noch einen kleinen Eindruck von der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrieausstellung von 1890 verschaffen will, sollte die Waldbühne im Bürgerpark mal mit anderen Augen betrachten. Denn dieses verschnörkelte Bauwerk ganz im Geschmack der Zeit ist das letzte Überbleibsel der viel beachteten

Übersichtsplan der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrieausstellung 1890: A) Haupteingang / Alt-Bremer Tor, B) Parkhaus / Festhalle, C) Hauptausstellung, D) Alt-Bremer Marktstraße, E) Handelsausstellung, F) Gartenbauausstellung, G) Marine- und Hochseefischereiausstellung, H) Kunstausstellung, I) Architektur- und Ingenieurausstellung, J) Maschinenhalle. 1) Hollersee mit Pagode, 2) Fesselballon, 3) Berg- und Talbahn, 4) Marcusbrunnen, 5) Fontaine, 6) Kaskaden, 7) Theater Quelle: Wikicommons

Übersichtsplan der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrieausstellung 1890: A) Haupteingang / Alt-Bremer Tor, B) Parkhaus / Festhalle, C) Hauptausstellung, D) Alt-Bremer Marktstraße, E) Handelsausstellung, F) Gartenbauausstellung, G) Marine- und Hochseefischereiausstellung, H) Kunstausstellung, I) Architektur- und Ingenieurausstellung, J) Maschinenhalle. 1) Hollersee mit Pagode, 2) Fesselballon, 3) Berg- und Talbahn, 4) Marcusbrunnen, 5) Fontaine, 6) Kaskaden, 7) Theater
Quelle: Till F. Teenck, Gewerbeausstellung 1890, CC BY-SA 2.5

Leistungsschau, die vor genau 125 Jahren feierlich eröffnet wurde. Viereinhalb Monate lang zog die Ausstellung an guten Tagen bis zu 45.000 Besucher in den Bürgerpark, teils kamen sie mit Sonderzügen aus Hamburg und Hannover. Genau 1156 Teilnehmer präsentierten ihr Können in einer Vielzahl von Ausstellungshallen und Pavillons. Mit einer Ausstellungsfläche von 37,5 Hektar hatte die Bremer Schau eine echte Superlative zu bieten – größer war bisher noch keine Ausstellung in Deutschland gewesen, auch nicht die Hamburger Gewerbeschau im Vorjahr. Als die Ausstellung am 15. Oktober 1890 zu Ende ging, waren Schätzungen zufolge mehr als eine Million Besucher in den Bürgerpark gepilgert.

Eine große, ambitionierte Ausstellung als probates Mittel, die eigene Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen – das war ein typisches Phänomen des Industriezeitalters. Auf internationaler Ebene hatte 1851 die legendäre Londoner Weltausstellung mit dem sagenumwobenen Kristallpalast den Anfang gemacht. Seither waren über ein Dutzend weiterer Ausstellungen gefolgt, zuletzt 1889 jene von Paris mit dem Eiffelturm als nationalem Vorzeigeobjekt.

Planspiele seit dem Zollanschluss von 1888

Was auf der großen Bühne möglich war, das ging natürlich auch im kleineren, regionalen Rahmen. Darüber grübelte man an der Weser schon seit der wirtschaftlichen Angliederung an das deutsche Reich durch den sogenannten Zollanschluss im Oktober 1888 nach. Lange hatten die beiden alten Hansestädte Hamburg und Bremen gezögert, der politischen Einigung durch die Reichsgründung von 1871 auch die ökonomische durch den Beitritt zum Zollverein folgen zu lassen. Maßgeblich waren Bedenken wegen des Überseehandels gewesen, man wollte sich durch nationale Schutzzölle nicht das Geschäft verderben lassen. Der unübersehbare Nachteil der selbstgewählten Isolierung: Die Zollschranken machten Industrieansiedlungen in Bremen praktisch unmöglich. Wer als Bremer oder auswärtiger Unternehmer seine Waren ohne lästigen Zollaufschlag vertreiben wollte, tat gut daran, sich einen Produktionsstandort außerhalb der Stadtgrenzen zu suchen.

Moderner Stahlbeton vor historisierendem Kuppelbau - ein merkwürdiger Gegensatz. Quelle: Der Bremer Bürgerpark, 125 Jahre

Moderner Stahlbeton vor historisierendem Kuppelbau – ein merkwürdiger Gegensatz.
Quelle: Der Bremer Bürgerpark, 125 Jahre

Doch damit war es seit dem Zollanschluss vorbei. Nun galt es, auf nationaler Ebene ein Zeichen zu setzen, Bremen als attraktiven Gewerbe- und Industriestandort zu präsentieren. Dabei erwies es sich als geschickter Schachzug, den Hamburgern mit ihrer Gewerbeschau von 1889 den Vortritt zu lassen statt ihnen zeitgleich Konkurrenz zu machen. Denn während Hamburg sich auf sich selbst beschränkte, sondierten die Bremer hinter den Kulissen, ob die Nachbarn sich an einer Ausstellung beteiligen wollten. Und tatsächlich, das Großherzogtum Oldenburg schlug sofort ein, die preußische Provinz Hannover nach einiger Bedenkzeit. Damit war für die Ausstellung ein viel größerer Rahmen gezogen, nicht nur bremisch, sondern nordwestdeutsch würde sie sein – die Nachbarn zogen an einem Strang.

Papendieck als treibende Kraft

Treibende Kraft des Vorhabens war der charismatische Kaufmann und Politiker Christoph Hellwig Papendieck, ein scharfzüngiger Hans Dampf in allen Gassen, der früher gegen den Zollanschluss polemisiert hatte. Als Präsident des achtköpfigen Organisationskomitees entfaltete der 49-Jährige ab Sommer 1889 eine rastlose Tätigkeit, lockte hier und verhandelte da bis endlich alles unter Dach und Fach war.

Auch für die beliebte Unterhaltungszeitschrift Gartenlaube ein Thema: die Nordwestdeutsche Gewerbe- und Industrieausstellung. Quelle: Wikicommons

Auch für die beliebte Unterhaltungszeitschrift Gartenlaube ein Thema: die Nordwestdeutsche Gewerbe- und Industrieausstellung.
Quelle: Wikimedia Commons

Über den Bürgerpark als Ausstellungsort konnte rasch Einigkeit erzielt werden. Wohl auch deshalb, weil der vordere Teil der Parkanlage schon einmal seine Tauglichkeit als Ausstellungsareal unter Beweis gestellt hatte: Und zwar im Sommer 1874, als eine internationale Landwirtschaftsschau neun Tage lang auf dem Gelände gastiert hatte. Zur schnellen Entscheidungsfindung trug sicherlich nicht minder bei, dass der Vorsitzende des Bürgerparkvereins, Franz Schütte, dem Organisationskomitee angehörte.

Doch so erfolgversprechend die ersten Schritte auch gewesen waren, schon bald stellten sich ungeahnte Schwierigkeiten ein. Völlig unbefriedigend verlief die Ausschreibung für die repräsentativen Gebäude und die gesamte Anlage. In seiner Not wandte sich das Komitee daraufhin an Johann Georg Poppe, damals einer der renommiertesten Architekten in Bremen. Sein Markenzeichen: ein fast orientalisch anmutender Stilmix aus neobarocken Elementen und Anleihen bei der Renaissance, seine üppig mit Zierrat überfrachteten Bauten waren das Gegenteil von schnörkellos. Entsprechend sahen nicht nur die von ihm entworfenen hölzernen Ausstellungsgebäude aus. Sondern auch die monumentale Festhalle, das Parkhaus, das anstelle des provisorischen Vorgängerbaus von 1873 in rekordverdächtiger Bauzeit am Hollersee aus dem Boden gestampft wurde – dort, wo heute das Park Hotel steht. Besonders auffallend waren die Zwiebeltürme mit ihren hoch aufragenden Bauteilen, die 1902 wegen mangelhafter Standfestigkeit bei Wind und Wetter erheblich zurechtgestutzt werden mussten.

Ex-Parkdirektor Benque als Kritiker

Der Napoleon unter den Gartenbauarchitekten: der frühere Parkdirektor Wilhelm Benque. Quelle: Der Bremer Bürgerpark, 125 Jahre

Der Napoleon unter den Gartenbauarchitekten: der frühere Parkdirektor Wilhelm Benque.
Quelle: Der Bremer Bürgerpark, 125 Jahre

Von Anfang an stand das Ausstellungsprojekt unter scharfer Beobachtung der Öffentlichkeit. Immer wieder argwöhnten Bewunderer des Bürgerparks, die Ausstellung könnte sich zum Nachteil der Parkanlage auswirken.

Völlig unberechtigt waren solche Befürchtungen nicht. Bereits im August 1889 kritisierte der streitbare Ex-Direktor des Bürgerparks, Wilhelm Benque, die wuchtige Kuppel des Parkhauses werde den Blick auf den Dom verstellen und damit die bewusst konzipierte Sichtachse in die Altstadt zerstören. Einen Aufschrei der Empörung gab es im Dezember 1889, als in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ohne Rücksprache mit dem Bürgerparkverein kurzerhand sechs prächtige Bäume gefällt wurden.

Dass nicht alle Arbeiten rechtzeitig abgeschlossen sein würden, zeichnete sich schon im Vorfeld ab. Von hektischen Aktivitäten unmittelbar vorm Eröffnungstermin war in den Zeitungen zu lesen. Nicht zuletzt wegen mehrerer Streikunterbrechungen seit Baubeginn im Herbst 1889 dauerten die Arbeiten bis buchstäblich zur letzten Minute an. Im Parkhaus wurden die Gerüste erst in der Nacht vor der Ausstellungseröffnung entfernt, an den Außenwänden blieben sogar noch welche über den Starttermin hinaus stehen.

Weil die Zeit immer mehr drängte, haperte es an der Koordinierung der verschiedenen Arbeiten. Die Bremer Nachrichten kritisierten, die Rasenflächen vor den Kaskaden seien „kaum grün geworden, da kommen die Elektrotechniker wieder und graben eine Rille für ihre Drähte“. Fatalistisch denn auch der Kommentar zur feierlichen Eröffnung: Die Ausstellung sei zwar zur angesetzten Zeit eröffnet, aber nicht fertig geworden – Töne, die einem merkwürdig vertraut erscheinen. Von wegen gute alte Zeit! Auch im kaiserlichen Deutschland waren Pünktlichkeit und Perfektion allenfalls erstrebenswerte Tugenden.

Viele Ausstellungspavillons eng beieinander

Gleichwohl konnte sich das Ergebnis sehen lassen. Ob es um Nahrungs- und Genussmittel ging, Textil- und Bekleidungswaren, Metallprodukte, Tabak und Zigarren, die chemische Industrie oder Papierwaren: Aufgeteilt in 21 Abteilungen präsentierten die verschiedensten Branchen im Hauptgebäude und im Freigelände ihr Leistungsvermögen. Eine beeindruckende Anzahl von Ausstellungspavillons drängelte sich zwischen Parkhaus und Hauptgebäude, darunter das Gebäude der Bremer Zigarrenfirma Engelhardt & Biermann – heute an ganz anderer Stelle als Waldbühne ein beliebtes Ausflugslokal.

Hier mal ohne Baugerüste: das fertige Parkhaus während der Ausstellung von 1890.  Quelle: Wikicommons

Hier mal ohne Baugerüste: das fertige Parkhaus während der Ausstellung von 1890. 
Quelle: Wikimedia Commons

Doch es sollte nicht nur der reine Nützlichkeitsgedanke vorherrschen. Eine Kunsthalle, regelmäßige Musikkonzerte und Theateraufführungen zählten ebenso zum Unterhaltungs- und Erlebnisprogramm wie Schießbuden und Karussells. Als spektakulär galten die Fontänen und Kaskaden sowie wiederholte Beleuchtungsarien mit überdimensionalen Scheinwerfern. Wer dazu Neigung hatte, konnte in einem Fesselballon die Aussicht genießen oder mit einer Drahtseilbahn fahren. Sehr beliebt auch das Bootshaus inmitten des Hollersees: Das einer indischen Pagode nachempfundene Bauwerk wurde tagtäglich von Ruderbooten und einem Petroleumboot angesteuert.

Alt-Bremer Straße als Kulissendorf

Wenig verwunderlich, dass Bremen auch die eigene Geschichte als traditionsreiche Hansestadt in Szene setzte. Der Eingangsbereich kam als Nachbau des altehrwürdigen Ostertors daher, im hinteren Teil des Ausstellungsgeländes präsentierte sich eine Alt-Bremer Marktstraße als Kulissendorf. Auch „ein echt alterthümlich niedersächsisches Bauernhaus“ fehlte nicht als regionale Spezialität, der in Bremen wohlbekannte Marschendichter Hermann Allmers lieferte dafür den Entwurf.

Doch nicht nur das regionale, auch das nationale Prestige spielte eine Rolle. In der Marinehalle zeigte sich neben

Ein echter Fortschritt: die elektrische Straßenbahn vor dem Eingangsportal der Ausstellung. Quelle: Wikicommons

Ein echter Fortschritt: die elektrische Straßenbahn vor dem Eingangsportal der Ausstellung.
Quelle: Wikimedia Commons

Reedereien, Werften und Hochseefischerei erstmals in aller Öffentlichkeit des Kaisers liebstes Kind, die deutsche Flotte. Nur das Staatsoberhaupt selbst ließ sich zum Leidwesen der Ausstellungsmacher nicht blicken, weil er gerade erst im April 1890 der Hansestadt einen Besuch abgestattet hatte.

Dafür beehrten andere blaublütige Prominente die Ausstellung mit einer Stippvisite. Zum Beispiel der Oldenburger Großherzog nebst Gemahlin und die verwitwete Herzogin von Württemberg. „Die Fürstin, welche mit ihren Töchtern auf Norderney weilt, ist mit ihrem Hofmarschall und drei Hofdamen nach Bremen gekommen, um die Ausstellung kennen zu lernen“, berichteten am 7. Juli 1890 die Bremer Nachrichten. Auch der Bismarck-Nachfolger Leo von Caprivi soll laut Archivdirektor Wilhelm Lührs am 29. Juli 1890 zugegen gewesen sein. Ein Irrtum, wie der zeitgenössischen Berichterstattung zu entnehmen ist: Obgleich Bürgermeister Carl Friedrich Buff und Ausstellungspräsident Papendieck zum durchreisenden Reichskanzler eilten, ließ der sich nicht bewegen, seinen Salonwagen zu verlassen.

Verlängerung um einen halben Monat

Entgegen der ursprünglichen Planung wurde die Ausstellung um einen halben Monat verlängert, statt am 30. September endete sie erst am 15. Oktober 1890. Bereits am 27. September war Papendieck für seine Verdienste um Bremen die Goldene Ehrenmedaille verliehen worden – eine Ehre, die zuletzt Konsul H. H. Meier 1866 zuteil

Schnörkellosigkeit war seine Sache nicht: der Architekt Johann Georg Poppe. Quelle: Wikicommons

Schnörkellosigkeit war seine Sache nicht: der Architekt Johann Georg Poppe.
Quelle: Wikimedia Commons

geworden war. Am 28. September dann die feierliche Verteilung der Preise für innovative oder originelle Schaustücke und Neuigkeiten. Einige Prämierungskriterien klingen höchst aktuell, ausgelobt war unter anderem ein Preis für die leichteste Schultasche für Kinder von sieben bis zwölf Jahren.

Doch wie bereits im Vorfeld, gab es auch nach Ausstellungsende mancherlei Misstöne. Nur einen Tag nach den Abschlussfeierlichkeiten kam es am 16. Oktober 1890 zu einer Versammlung unzufriedener Aussteller. In der teils turbulenten Zusammenkunft kreideten die Beschwerdeführer dem Preisgericht an, bei Verteilung der Prämien stümperhaft und schlampig vorgegangen zu sein.

Zu Wort meldete sich recht bald auch der Parkhaus-Kritiker Benque, im Januar 1891 blies er per Zeitungsaufsatz zum Generalangriff auf das verhasste Bauwerk. Tatsächlich galt das Gebäude schon bald als Fehlgriff, der Bürgerparkverein musste tief in die Tasche greifen, um gravierende Baumängel beheben zu lassen. Seine Sorgen war der Verein erst los, als der von Papendieck noch euphorisch bejubelte „Prachtbau“ 1907 infolge eines Feuerwerks in Flammen aufging.

Schneller Abriss der hölzernen Gebäude

Die hölzernen Gebäude wurden nach Ende der Ausstellung in atemberaubender Geschwindigkeit abgerissen, nur das Parkhaus blieb erhalten. Für manch ein Pavillon wurden Interessenten per Inserat gesucht. Am 18. Oktober 1890 verkündete ein Auktionator, er werde ein Verkaufspavillon, das „sehr schön als Gartenhäuschen zu verwenden“ sei, gegen Barzahlung an Ort und Stelle verkaufen.

Das Ende vom Lied: Per Inserat wurde die Versteigerung eines Ausstellungspavillons angekündigt. Quelle: Staats- und Universitätsbibliothek Bremen

Das Ende vom Lied: Per Inserat wurde die Versteigerung eines Ausstellungspavillons angekündigt.
Quelle: Staats- und Universitätsbibliothek Bremen

Mit einem Defizit von 87.000 Mark schloss die Ausstellung ab, eine Summe, die bis August 1891 noch auf über 136.000 Mark anwuchs. Doch derlei war bei Ausstellungsprojekten offenbar schon damals ein einkalkuliertes Risiko. Die Organisatoren hatten erhebliche Sicherheiten in Reserve, am Ende musste nur ein Drittel des Garantiefonds’ herhalten, um das Defizit auszugleichen.

Weitaus mehr fiel in die Waagschale, dass die Ausstellung für Bremen einen beträchtlichen Innovationsschub brachte. Zu nennen ist nicht nur die schrittweise Einführung der elektrischen Straßenbahn nach dem erfolgreichen Testlauf zu Ausstellungszeiten, als sie zwischen Marktplatz und Bürgerpark verkehrt hatte. Auch die elektrische Straßenbeleuchtung bekam den nötigen Rückenwind, nachdem sie sich auf dem Ausstellungsgelände und entlang der Straßenbahnstrecke bewährt hatte. Ohne diese positiven Erfahrungen wäre es kaum so rasch zum Bau des Elektrizitätswerks gekommen, das im Oktober 1893 ans Netz ging.

Als weniger zukunftsträchtig erwies sich indessen die Petroleumbahn, die von der Bahnunterführung der Schwachhauser Chaussee zum Ausstellungseingang an der Hollerallee gependelt war. Zwar ging sie im April 1891 auf der Parkallee in Betrieb, wurde aber nach diversen Pannen bereits 1893 wieder eingestellt.

Exponate als Grundstock fürs Museum

Bleibt als positiver Schlusspunkt anzumerken, dass die überseeischen Exponate der Handels- und Kolonialausstellung und der Marinehalle den Grundstock bildeten für die Gründung des heutigen Übersee-Museums im Januar 1896. Unter Leitung des umtriebigen Papendieck hatte sich im Januar 1891 ein Verein zur Errichtung eines Museums für die Handelsausstellung und die städtischen Sammlungen für Naturgeschichte und Ethnographie gebildet.

Fast tragisch, dass Papendieck die Umsetzung nicht mehr erleben sollte. Schon länger kränkelnd, starb der geistige Vater der Ausstellung eine Woche vor seinem 52. Geburtstag am 17. November 1891 in der Schweiz, wohin er sich zur Erholung zurückgezogen hatte.

von Frank Hethey

Auf den letzten Drücker: Auf dieser Aufnahme ist gut zu erkennen, dass die letzten Gerüste am neuen Parkhaus noch nicht einmal entfernt waren, als der Bootsbetrieb auf dem Hollersee schon im Gange war. Quelle: Der Bremer Bürgerpark, 125 Jahre

Auf den letzten Drücker: Auf dieser Aufnahme ist gut zu erkennen, dass die letzten Gerüste am neuen Parkhaus noch nicht einmal entfernt waren, als der Bootsbetrieb auf dem Hollersee schon im Gange war.
Quelle: Der Bremer Bürgerpark, 125 Jahre31

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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