Ein Blick in die Geschichte (95): Reiterstatue von Kaiser Wilhelm I. gibt Hinweis auf Entstehungsdatum einer alten Aufnahme vom Markt / Denkmal als „Metallspende“ 1942 eingeschmolzen 

Einen wunderschönen Eindruck von Bremens „guter Stube“ vermittelt diese alte Aufnahme. Wann genau sie entstanden ist, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Ein Fingerzeig ist aber die Reiterstatue auf dem Liebfrauenkirchhof, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal.

Als „Vater“ der Reichsgründung von 1871 ist Otto von Bismarck heute weitaus präsenter als der preußische König und deutsche Kaiser Wilhelm I. Doch das war damals anders, in den Augen der Zeitgenossen hatte Wilhelm I. einen ebenbürtigen Anteil an der deutschen Einheit, nicht umsonst wurde er auch „Wilhelm der Große“ genannt.

Schon bald nach seinem Tod im März 1888 setzten sich vermögende Privatleute in den Kopf, ihn mit einem imposanten Denkmal an exponierter Stelle zu würdigen. Dafür bot sich der Liebfrauenkirchhof an, auf dem zu diesem Zeitpunkt noch die Ruine der Alten Börse stand, die am 1. Januar 1888 abgebrannt war. Ihrem ursprünglichen Zweck hatte sie schon lange nicht mehr gedient, ihre Funktion übernahm 1864 die Neue Börse von Heinrich Müller an der Ostseite des Marktplatzes. Im Juni 1888 billigte die Bürgerschaft den kompletten Abriss des alten Börsenbaus bis auf das Straßenniveau, nur der Keller blieb als Teil des Ratskellers erhalten.

In froher Erwartung des geplanten Denkmals erhielt der Standort bereits 1890 einen neuen Namen, statt „An der alten Börse“ hieß er nun „Kaiser-Wilhelm-Platz“. Nach einem Wettbewerb wurde das Reiterdenkmal am 18. Oktober 1893 feierlich eingeweiht, dem 80. Jahrestag der Völkerschlacht von Leipzig.

Erst danach kann also der Fotograf auf den Auslöser gedrückt haben. Doch wann genau? Auf jeden Fall noch vor 1909, als das gegenüberliegende Eckhaus dem Neubau des „Rathscafés“ weichen musste. Man beachte auch die Pferdebahn, die vor dem Rathaus gemütlich in Richtung Walle zuckelt. Rechts im Bild: der Treppenaufgang der Neuen Börse, deren kriegsbeschädigte Ruine 1955 abgetragen wurde. Schon deutlich früher war das Kaiser-Wilhelm-Denkmal verschwunden: 1942 wurde es als „Metallspende“ im wahrsten Wortsinne für Kriegszwecke verpulvert.

von Frank Hethey

Scheinbar eine klare Sache, doch in Wahrheit birgt dieses zeitgenössische Motiv vom Markt ein paar Geheimnisse.
Quelle: Hansefactory, Sven Brandes

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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