Vor 50 Jahren

„Hab‘ schon seit zwei Wochen trainiert“, brüstete sich einer allen Ernstes und stemmte sich in Erwartung des Startschusses mächtig in die Pedale. Doch der gute Mann irrte. Beim 3. Bremer Volksradfahrtag fiel gestern weder ein Startschuß noch ging es um Sieg und Plätze. (WESER-KURIER, 15. Mai 1972)

Hintergrund

Auf sportliche Bestleistungen kam es beim dritten Volksradfahrtag nicht an. Von den 900 Teilnehmern zwischen sechs und 91 Jahren seien die meisten „aus Spaß an der Sache“ dabei gewesen, berichtete der WESER-KURIER. Für die „vorolympisch beflügelten Zeitgenossen“ – eine Anspielung auf die bevorstehenden Sommerspiele von 1972 in München – hatte der Autor nur Hohn und Spott übrig. Tatsächlich wurden keine Zeiten gemessen beim 21 Kilometer langen Rundkurs durchs Blockland.

Doch so ganz abwegig war der vereinzelte Ehrgeiz nicht. Bei der ersten Austragung im April 1969 hatte es noch eine Einteilung nach drei Klassen gegeben: Rennräder, Sporträder und Tourenräder, die Besten wurden mit Goldmedaillen und Plaketten bedacht. Die Radrenngemeinschaft Bremen (RRG) hatte die Veranstaltung nach Vorbild des internationalen Bremer Volkslaufs organisiert, der seit 1966 stets im September stattfand. Volksläufe waren damals ungeheuer populär, nach dem Auftakt 1963 fand die Volkslauf-Bewegung in der ganzen Republik immer mehr Zulauf.

Verteilte Medaillen: der Bremer Radprofi Hans-Peter Jakst.
Quelle: Archiv

Völlig uneigennützig war der Volksradfahrtag nicht. „Damit soll für den Radsport schlechthin und auch für den Verein geworben werden“, gab der WESER-KURIER die Intention der Veranstalter wieder. Nach dem verheißungsvollen Auftakt von 1969 mit 450 Teilnehmern setzte der Volksradfahrtag im Folgejahr aus, erst 1971 gab es eine zweite Auflage unter Mitwirkung zahlreicher Bremer Fahrradhändler. Wieder ging es durchs Blockland, wie bei der Premiere wurde ein Startgeld erhoben. Die Veranstalter gaben sich alle Mühe, keine Wettkampf-Stimmung aufkommen zu lassen. Es handele sich nicht um ein Radrennen, hieß es, sondern um „ein Radwandern mit sportlichem Charakter“.

In den nächsten Jahren fand der Volksradfahrtag regelmäßig im Frühjahr statt. Im Mai 1983 radelten „rund 1100 Stahlroß-Liebhaber“ zum Hexenberg und in die Arberger Marsch. Wie so oft bei durchnummerierten Veranstaltungen haperte es allerdings an der korrekten Zählweise. Laut WESER-KURIER handelte es sich um den 15. Volksradfahrtag – in Wahrheit war es erst die 14. Auflage wegen der ausgefallenen Tour von 1970. Für die Verteilung der Medaillen hatte der Organisator, der langjährige RRG-Vorsitzende Wolfgang Hubrich, den Bremer Radprofi Hans-Peter Jakst engagiert.

Allem Anschein nach schlief die Veranstaltung danach ein. Im Beirat Blockland gab es Vorbehalte, wegen der Heuernte wurde der Volksradfahrtag 1984 auf September verschoben, fand dann aber offenbar gar nicht mehr statt. Im Umland und in Bremen-Nord blieb das Volksradfahren zwar lebendig, doch der Bremer Volksradfahrtag war Geschichte.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hält die Grundidee mit seinen alljährlichen Hochstraßentouren wach. Immer im September führt die Route seit 2006 über Strecken, die sonst mit dem Rad nicht befahren werden dürfen.

 

Viele Jahre zog der Bremer Volksradfahrtag zahlreiche Radbegeisterte ins Blockland – so wie diese jungen Menschen im August 1979. 
Foto: Rosemarie Fleischer

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