Von den Bremer Nachrichten abgedruckt: eine Dankeskarte an „fleißige Schülerinnen“.
Quelle: Bild und Text aus den Bremer Nachrichten, 1914

Erster Kriegswinter 1914/15: „Liebesgaben“ aus Bremen für die Frontsoldaten

Sicher wird jeder schon mal Fotos mit den an die Front ziehenden deutschen Soldaten von Anfang August 1914 gesehen haben. Die Eisenbahnwaggons waren geschmückt und mit Parolen auf einen schnellen Sieg beschrieben. Gab es anfangs noch Erfolge, so stockte der Vormarsch bereits im September 1914. Von der Front kamen Berichte von Verwundeten und Toten.

Der Erste Weltkrieg zeigte seine grausame Fratze.

Die Daheimgebliebenen – die „Heimatfront“ – traten jetzt in Aktion. Es waren insbesondere die Ortsvereine vom Roten Kreuz und die Frauenvereine, die die Bürger zu Geld- und Sachspenden sowie Hilfsleistungen aufriefen. Da der Winter 1914/15 bevorstand, musste rasch gehandelt werden. In Pakete verpackt, gingen sie als „Liebesgaben“ an die Frontsoldaten.

„Wir regen fleißig unsere Kinderhand und stricken für’s liebe Vaterland“

Die Mädchenklassen in den Schulen, aber auch Frauen, gingen ans Werk. Sie strickten Strümpfe, Handschuhe, Pulswärmer, Leibbinden, Kniewärmer, Ohrenschützer usw. Das ging solange gut, bis es zu Engpässen in der Versorgung mit Strickwolle kam. Es mangelte aber auch nicht an Tipps, wie man aus ausgedienten Kinderstrümpfen beispielsweise Pulswärmer herstellen könne. Einzige Bedingung: Die Handschuhe und Pulswärmer sollten „feldgrau“ sein. Jede andere Farbe sei zu auffällig und Ursache von „Handschüssen“.

Die Jungen funktionierten etwa Zigarrenkasten zu Spardosen um. Von dem gesammelten und gesparten Geld kauften sie Dinge, „die die Soldatenherzen erfreuten“. Oder sie sammelten direkt Tabakwaren und Zubehör sowie Artikel für den täglichen Gebrauch.

Ein dreifaches Hoch für 50 Paar selbst gestrickte Strümpfe

Von einer besonders strickwütigen Frau berichteten die Bremer Nachrichten:

Zu dem Kapitel von den fleißigen Strickerinnen sei bemerkt, dass auch eine O p e r n s ä n g e r i n  d e s 

B r e m e r  S t a d t t h e a t e r s außer einer großen Anzahl Kopf-, Puls-, und Brustwärmern und Schals bereits mehr als fünfzig Paar Strümpfe für unsere Soldaten gestrickt hat.

Das 50. Paar erhielt ein Batterieführer Bremerhaven. Als patriotischer Gruß waren sie mit folgenden, mitunter unfreiwillig komischen, etwas holprigen Zeilen garniert:

Ihr steht da draußen, Deutschlands Schutz,

         Und bietet Sturm und Wetter Trutz,

         Scheut nicht Gefahr, nicht Sümpfe.

         Wir können nichts als mittlerweil‘,

         Treu wünschend unseres Landes Heil,

         Euch stricken warme Strümpfe.

Stillgesessen: Strümpfestricken für die Truppe.
Quelle: Sonder-Beilage der Bremer Nachrichten, 1914

         Nachdem ich 50 Paar gestrickt,

         Sei’s „Jubiläums-Paar“ gestrickt.

         Dem Freund im nassen Flandern,

         Daß er in diesem schweren Krieg

         Für Deutschlands Heil von Sieg zu Sieg

         In warmen Strümpfen möge wandern.

Doch Grußbotschaften gab es auch auf umgekehrtem Wege. Von einer Radfahr-Abteilung im Osten schrieb ein Offizier eine Dankeskarte nach Bremen, die die Bremer Nachrichten unverzüglich als Beitrag zur geistigen Mobilmachung abdruckten. Der Text lautete:

An die Schülerinnen der Klasse 4 der Mädchenschule Ritterhuder Straße hat der Vizefeldwebel der Landwehr Rißle die nachstehend abgebildete Postkarte mit einer von ihm ausgeführten netten Zeichnung gesandt. Die Mädchen hatten Pulswärmer als Liebesgabe nach dem östlichen Kriegsschauplatz geschickt. Wir haben die Postkarte in der chemigrafischen Abteilung unseres Verlagsgeschäfts genau so, wie sie ist, nachbilden lassen.

Immer weniger Liebesgaben 1916/17

Je länger Krieg dauerte, desto weniger Liebesgaben wurden angefertigt und versandt.

Das lag zum einen daran, dass

  • sich die Versorgungslage der Bevölkerung verschlechtert hatte
  • inzwischen auch für andere Zwecke gesammelt wurde
  • das Militär lieber Geldspenden wollte, um selbst preiswerter einzukaufen und den Transport durchzuführen
  • Frauen jetzt vermehrt zur Arbeit an der „Heimatfront“ und in Lazaretten eingesetzt wurden

Fazit

Die Liebesgaben aus der Heimat dienten der Stärkung der Kampfmoral. Für die Soldaten sicher ein Trost, da sie spürten, dass sie von der „Heimatfront“ materiell und moralisch unterstützt wurden.

von Peter Strotmann

Kein Friede auf Erden: Weihnachtsfeier 1914 im Lazarett.
Quelle: Bild und Text aus den Bremer Nachrichten, 1914

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