Gaststätten-Lexikon: „Zur alten Bierstube“, Violenstraße 11 (bis 1965: Buchtstraße 19)

Interview mit der ehemaligen Pächterin Maria Bilz („Bilz wie Pils, nur mit b“) im Frühjahr 2016

War 31 Jahre Pächterin der Kneipe „Zur alten Bierstube“: Maria Bilz. Bildvorlage: Privat

War 31 Jahre Pächterin der Kneipe „Zur alten Bierstube“: Maria Bilz.
Bildvorlage: Privat

Peter Strotmann: Sie und ihr Mann Axel betrieben von 1976 bis 2007 die Gaststätte „Zur alten Bierstube“ an der Violenstraße 11. Das war eine lange Zeit…

Maria Bilz: Ja, 31 Jahre hatten wir die Gaststätte. Sie hatte nur drei Tische und die Theke. Am Eingang war ein kleiner Windfang. Wir hatten unsere Wohnung in den oberen Etagen. Mein Mann und ich kamen beide aus der Branche, er war Berliner und ich bin Österreicherin. Bis zu meiner Heirat sind wir beide jahrelang zur See gefahren und haben uns dort auch kennen gelernt..

Ich kann mich daran erinnern, dass der Gastraum etwas düster wirkte.

Die Wände waren komplett mit Holz getäfelt. Die blank gescheuerten Tische hatten schon manches Gelage erlebt. An der Decke baumelte ein ausgestopftes Krokodil, über dem Windfang ein Leguan. Dann gab es an einer Wand noch einen großen Schildkrötenpanzer sowie den Kiefer eines Hais. Die Teile hatten wohl Seeleute irgendwann mal mitgebracht. Durch den Tabakqualm war alles in Jahrzehnten ordentlich konserviert.

Von der Decke baumelte ein Krokodil. Quelle: Privat

Von der Decke baumelte ein Krokodil.
Quelle: Privat

Das war wohl zu den Zeiten, als man noch Schildkröten- und Haifischflossensuppe serviert bekam, Froschschenkel und sonst alles aß, was nicht bei drei auf den Bäumen war … Wer waren ihre Gäste?

Es waren zum großen Teil Stammgäste. Dann kamen, allerdings wenige, Touristen. Die Stammgäste kamen aus dem Gerichtshaus, aus der Domgemeinde, der Bürgerschaft und den umliegenden Firmen und Behörden. Wir haben kaum etwas geändert. Unsere Gäste wollten Tradition.

Stammgäste schätzten die Kneipe. Quelle: Privat

Stammgäste schätzten die Kneipe.
Quelle: Privat

Waren Sie ein bisschen wehmütig, als Sie und ihr Mann die Kneipe 2007 dicht machten?

Ja und nein. Es waren oft 15 Stunden Arbeit am Tag. Das wurde uns doch im Laufe der Zeit zu viel. Unsere Stammgäste werden was Neues gefunden haben. Seit 2011 bin ich im „Gastfeld“, aber am Ende dieses Jahres setze ich mich endgültig zur Ruhe.

Ich danke für dieses Interview und wünsche Ihnen für alle Gute.

 

Das Gebäude, in dem das Ehepaar Bilz vor 40 Jahren die Gaststätte „Zur alten Bierstube“ eröffnete, hat eine lange Geschichte. Sie reicht zurück bis ins frühe 19. Jahrhundert. Um genau zu sein: bis ins Jahr 1805, als das kleine Häuschen an der Buchtstraße 19 errichtet wurde. Allerdings nur als Wohnhaus, von Gastronomie war damals noch keine Rede. Die zog erst ein, als Hans Heinrich Friedrich Castens 1863 im Erdgeschoss eine Speisewirtschaft eröffnete. Das war der Beginn einer bis 2009 andauernden Gaststättengeschichte.

Beliebter Treffpunkt: die Traditionskneipe in den 1950er Jahren. Quelle: Landesamt für Denkmalpflege

Beliebter Treffpunkt: die Traditionskneipe in den 1950er Jahren.
Quelle: Landesamt für Denkmalpflege

1953 wurde das Lokal nachweislich „Zur alten Bierstube“ genannt. 1956 übernahmen Karl Grützmeier und Frau die Gaststätte und verkürzten den Namen zu „Alte Bierstube“.

Die Adresse wird 1965 von Buchtstraße 19 auf Violenstraße 11 geändert

Im Bremer Adressbuch von 1962 ist zu lesen: Das Teilstück der Buchtstraße von der Violenstraße bis zum Domshof wird in die Violenstraße einbezogen. Der gesamte Straßenzug wird zur Hauptverkehrsstraße ausgebaut. Ende 1965 wurde die Straße für den Verkehr freigegeben. Dadurch bekam die Buchtstraße 19 die neue Adresse Violenstraße 11. Die Straßenbahnschienen durch die Violenstraße wurden erst 1987 verlegt und damit der Bus- und Straßenbahnverkehr aus dem Domshof herausgenommen.

Nach mehrfachen Besitzerwechseln übernahm Franz Keller Anfang der 1960er die Gaststätte und gab ihr wieder den alten Namen „Zur alten Bierstube“. 1976 wurden Axel und Maria Bilz neue Pächter der Gaststätte und führten sie bis 2007 weiter.

 

Der gescheiterte Versuch aus einer Kneipe ein Café zu machen

Kaum hatten Axel und Maria Bilz die Gaststätte „Zur alten Bierstube“ dichtgemacht, startete ein anderes Ehepaar mit der Renovierung des Gebäudes. Mit frischem Mut arbeiteten sie viele Monate. Im November 2008 war der Traum vom eigenen kleinen Café verwirklicht. Das „Café 11“ hatte 50 Quadratmeter und damit Platz für 18 bis 20 Gäste. Doch die alten Stammgäste blieben aus. Vielleicht fehlte der Muff der Jahrhunderte. Vermutlich Ende 2009/Anfang 2010 schloss das Café. Einen neuen Anlauf zu einer Gaststätte hat es nicht gegeben. Jetzt ist die Violenstraße 11 von unten bis oben ein Wohnhaus.

von Peter Strotmann

Buchtstraße 19 auf einem Stadtplan von 1913 Quelle: SuUB Bremen

Buchtstraße 19 auf einem Stadtplan von 1913
Quelle: SuUB Bremen

Jung, aber mit viel Geschichte

50 Jahre
Universität Bremen

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