GI’s Paradise, Teil 3: Das Ice Cream Parlor No. 1 am Ostertorsteinweg 74/75 war ein beliebter Anlaufpunkt für GIs / Familie Chiamulera lieferte das Eis

In der 1946 veröffentlichten Broschüre Port Command’s-„GI Paradise“ ist ein ganzes Kapitel den Ice Cream Parlors gewidmet. Das waren Eissalons, in denen die amerikanischen Besatzungssoldaten ein leckeres Eis serviert bekamen. Es war nicht irgendein Eis, sondern Eis in Bremen hergestellt, das es zudem in sechs Geschmacksrichtungen gab.

Nun musste ich mal wieder auf Spurensuche gehen. Da wäre einmal der Standort: im Bericht heißt es: „… gegenüber dem Liberty-Theater.“ Aha, das war das ehemalige Lichtspielhaus Kaiser-Theater am Ostertorsteinweg 28/29. Das hatten die Amerikaner beschlagnahmt und es war jetzt eines der vielen Kinos, in denen die GIs amerikanische Filme sehen konnten. Und genau gegenüber ist das Haus Ostertorsteinweg 74/75. Dort war jetzt der Ice Cream Parlor No. 1.

Weiterhin steht geschrieben: „In dem Haus befand sich früher auch schon ein Eissalon.“ Das stimmt. Dort eröffnete Reinhold Block 1940 eine alkoholfreie Gaststätte, in der es auch Eis gab. Während der Kriegsjahre wird die Gaststätte geschlossen gewesen sein. Das Haus selbst blieb ohne größere Kriegsschäden.

Bei den Amerikanern hoch im Kurs: die Chiamulera-Filiale am Sielwall, hier auf einem Foto von 1939.
Quelle: Gerald Sorger

Die Familie „Chia“ produziert das Eis

Wegen der Nähe zu den Hauptquartieren gefiel den Amerikaner die Lage am Ostertorsteinweg besonders. Außerdem war die Ausstattung noch vorhanden. Aber wer sollte wirklich bestes italienisches Eis machen?

Da kam eigentlich nur die „Eisfamilie Chiamulera“ in Frage, kurz „Chia“. Das war der legendäre Giovanni Chiamulera, der 1901 nach Bremen gekommen war und 1908 die erste Eisdiele am Marktplatz eröffnet hatte. „Wir sind bei Chia“, hieß es und alle wussten Bescheid.

Im Herbst 1945 sind seine Söhne Arrigo, Bruno und Marcello zur Eisherstellung bereit. Die GIs liefern Zucker, Eier, Butter sowie sämtliche Zutaten und die Chiamulera-Brüder in der „Ice-Cream-Factory Number 2“ machen daraus bestes italienisches Speiseeis. Das schmeckte den GIs allemal besser als das Eis, das tiefgefroren aus Amerika kam. Gutes Eis ist vor allem eine Frage von frischen Zutaten, richtiger Temperatur und der genauen Zeit, die es in der Eismaschine gerührt wird, sowie viel, viel Erfahrung. Eis ist nicht einfach Eis.

Das Eis der Chiamulera-Brüder wird nicht nur für den Ice Cream Parlor No. 1 produziert, sondern auch für weitere Eisdielen und Clubs im GI Paradise. Mitte 1949 geben die Amerikaner das Gebäude wieder frei und Reinhold Block kann am  13. November 1949 sein Café Block endlich wiedereröffnen. Heute ist dort das spanische Restaurant „Don Carlos“ ansässig.

von Peter Strotmann

Ausgeschleckert: der Ostertorsteinweg 74/75 heute. Seit 2003 ist dort das spanische Restaurant „Don Carlos“ ansässig.
Foto: Peter Strotmann

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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