Ein Blick in die Geschichte (154): Der Sielwallstrand ist der beliebteste Bremer Weserstrand
Zu dieser Badestelle an der Weser kommt man entweder über die Wilhelm-Kaisen-Brücke und entlang der Werderstraße und Strandweg, vom Buntentor durch den Deichschart zum Kuhhirten oder mit der Fähre „Ostertor“ über die Weser. Der Sielwallstrand müsste eigentlich nach der alten Ortsbezeichnung Werderstrand heißen – wegen der 1995 errichteten Gaststätte Café Sand nennt sich dieser Strand auch „Badestrand am Café Sand“.
Von diesem Badestrand geht der Blick auf auf die gegenüberliegende Weserseite. Dort liegen die Villen am Osterdeich und das Weserstadion. Wegen der Sandaufschüttung ist bei Kindern besonders das Bauen von Sandburgen beliebt. Allerdings sollte nur in unmittelbarer Ufernähe gebadet werden, da das Baden in der Fahrrinne wegen der starken Strömung zu gefährlich ist.
Die Entwicklung diese Strandbades ist ganz stark mit Überquerung der Weser durch die Sielwallfähre verbunden. Deshalb behandelt die hier in Auszügen wiedergegebene Chronik die Entwicklung von Fähre und Strand.
Chronik von Fähre und Strand (auszugsweise)
18. und 19. Jahrhundert
1736 erteilt der Rat der Stadt Bremen das Fährrecht an zwei Fährleute aus dem Ostertor und dem Steintor. Anfangs ruderten die Fährleute in einer Eke, einem Dielenschiff aus Eichenholz, über die Weser. Im 18. und 19. Jahrhundert ließen sich vornehmlich Viehhirten und Melker mehrmals vom Ostertor zum Stadtwerder übersetzen. „Hal över“ schallte es jahrhundertelang über die Weser. Und zwar immer, wenn jemand vom Sielwall zum Stadtwerder wollte. Dann holte ihn der Fährmann mit seinem Boot ab.
Vermutlich ist Mitte der 1800er Jahre oberhalb der Fähre auf dem Werder ein öffentlicher Badestrand entstanden.
20. und 21. Jahrhundert
Etwa um 1900 wurde eine Badeanstalt unterhalb der Fähre eröffnet, 1911 bewilligte die Stadtverwaltung eine elektrische Motorfähre mit entsprechenden Anlegestellen auf beiden Seiten.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden auf dem Werder Kleingärten angelegt, 1925 wurde das freie Baden in der Weser erlaubt. Ebenfalls 1925 errichtete der DLRG die erste Rettungswacht am Sielwallstrand. 1928 wird eine Baracke gesetzt, die in den Kriegs- und Nachkriegsjahren als Brennholz gestohlen wurde, 1950 wird ein festes Gebäude errichtet.
Den Zweiten Weltkrieg überstanden die Fährschiffe trotz aller Gefahren und Mangelzustände. Die auf den Strand gesetzten Binnenschiffs-Wracks wurden von 1947 bis 1949 zerschnitten und als Schrottteile abtransportiert sowie die im Laufe der Zeit entstandenen Untiefen am Sielwallstrand mit 15.000 Kubikmeter Sand beseitigt.
1934
eröffnete Betty Woida einen Kiosk am Sielwallstrand und zwar zwischen der DLRG-Station und dem Anleger der Sielwallfähre. Doch dieser sechseckige Holzbau verbrannte 1943 bei einem Bombenangriff. Nach 1945 baute sie zusammen mit ihrem Mann Albert das Ausflugslokal „Oase“ auf. Es musste aber 1963 aufgegeben werden, da der Strand verbreitert wurde.
1955
wurde das Baden in der Weser stark eingeschränkt, am linken Weserufer blieb es jedoch von der Schleuse bis zur Sielwallfähre erlaubt.
1971
wird der Fährbetrieb eingestellt und die Schiffe verkauft. Gründe: Personalmangel, Unrentabilität, Ärger mit Behörden. Die folgenden Proteste aus der Bevölkerung stimmten den Hafensenator um: Es kam die Fähre „Ostertor“ mit einem starken Antrieb, die deutlich schneller von einem Ufer zum anderen fuhr.
1983
kam der Fährbetrieb in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mit breiter Unterstützung wurde 1984 der Verein „Hal Över“ gegründet. Die Sielwallfähre ( 12,83 m lang und 4,32 m breit, maximale Personenzahl 42, von den Gebr. Schürenstedt in Bardenfleth gebaut) wurde 1985 nach einem Entwurf von Veronika Dobers zum schwimmenden Kunstwerk.
1987
eröffnete das Gartenlokal „Fährkrug Café Sand“ am Werderufer, ein Provisorium. Es wurde vom Verein „Hal Över“ betrieben, die Einnahmen trugen zum Erhalt der Fähre bei.
1990
wird am Sielwallstrand ein Badeverbot erteilt. Grund: starke Wasserverschmutzung.
Am 15. April 1994 wird das neue „Café Sand“ eröffnet. Es ist ein Gebäude von 12,5 Meter Breite und 36 Meter Länge. Es ist sommers wie winters ein beliebtes Nahausflugsziel.
Das Schwimmen in der Weser wird 1995 wieder freigegeben, da sich die Wasserqualität gebessert hat. Trotzdem ist wegen der starken Strömung Vorsicht geboten. Der Sielwallstrand ist heute der beliebteste Bremer Weserstrand.
Nachwort: Auch der Bremen History-Autor Peter Strotmann hat in den 1950er Jahren am Sielwallstrand im Sand gespielt und in der Weser gebadet. Leider haben seine Eltern keine Fotos gemacht.
von Peter Strotmann