Ein Blick in die Geschichte (86): Vogelperspektive von Bremen aus französischem Werk von 1887 stellt sich als überholt heraus 

Nicht ganz auf der Höhe der Zeit war diese Vogelperspektive, mit der sich das interessierte Publikum in Frankreich in den späten 1880er Jahren ein Bild von Bremen machen konnte. Die Ansicht stammt aus dem Werk „L’Allemagne Illustrée“ (Das illustrierte Deutschland) des renommierten Kartographen Victor Adolphe Malte-Brun, das ab 1887 in vier Bänden erschien.

Einige perspektivische Verzerrungen mag man noch durchgehen lassen, doch mehrere entscheidende Auslassungen verraten, dass es sich in Wahrheit um eine ältere, dazu nicht sonderlich akkurate Darstellung handelt.

Zu erkennen ist das vor allem an zwei fehlenden Brückenbauten. Keine Spur von der Eisenbahnbrücke, die bereits 1867 für den Schienenverkehr nach Oldenburg errichtet worden war. Nichts zu sehen auch von der Kaiserbrücke, die seit 1875 die Altstadt mit der Neustadt verband.

Gähnende Leere zudem im Westen der Stadt, wohin es schon vor Eröffnung des Freihafens 1888 immer mehr Menschen zog. An sich müsste die 1878 eingeweihte Wilhadi-Kirche an der Nordstraße zu sehen sein, doch die sucht der geneigte Betrachter vergebens. Ebenso wie den Marktplatz, der aus unerfindlichen Gründen unterschlagen wurde.

Wenn aber die 1880er Jahre nicht in Betracht kommen, welcher Zeitraum käme sonst in Frage? Einen guten Fingerzeig gibt der Hannoversche Bahnhof am rechten Bildrand. Der wurde 1847 eingeweiht, mithin lässt sich die Entstehungszeit des Bremen-Motivs auf die beiden Jahrzehnte bis zum Bau der Eisenbahnbrücke 1867 eingrenzen. Soll heißen: Dem französischen Publikum wurde eine deutlich veraltete Version der Stadtansicht aufgetischt.

Vogelschau BremenQuelle: Hansefactory, Sven Brandes

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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