Ein Blick in die Geschichte (217): Schiffswrack wurde 1962 im Europahafen gefunden

Einen besonderen Schatz gab der Wesergrund am 8. Oktober 1962 frei. Bei Baggerarbeiten für das neue Wendebecken des Europahafens entdeckten Bauarbeiter unter einer vier Meter hohen Sand- und Schlickschicht ein hölzernes Schiffswrack – die Hansekogge. Den herbeigerufenen Fachleuten zeigte sich ein auf die Seite gekipptes und halb im Wesergrund versunkenes, mittelalterliches Schiff, das fast 600 Jahre im Schlick gelegen hatte. So eine Entdeckung hatte es bis dato weltweit noch nicht gegeben. Der Bremer Fund: eine bedeutende Sensation. „Nichts kann sich, einschließlich der spärlichen ausländischen Schiffsfunde, hinsichtlich Größe und Erhaltungsgrad mit dem Schiff von Bremen messen“, erklärte Siegfried Fliedner, Leiter der Schifffahrtsabteilung am Bremer Focke-Museum, damals gegenüber dem WESER-KURIER.

Die Bergung des mittelalterlichen Schiffes erwies sich als schwierig. Die Holzdübel und Eisennägel hielten die Bauteile nicht mehr zusammen. Die Planken waren porös. Geborgen wurde schließlich ein Puzzle aus über 2000 Einzelteilen. Ein riesiger Aufwand für die Experten. Die Bergung dauerte bis ins Jahr 1965.

In der Bremer Bevölkerung machte sich direkt nach dem Fund Euphorie breit. Zahlreiche Schaulustige versuchten einen Blick auf die alte Kogge zu erhaschen. Bremer Werften und Firmen stellten Tauwerk, Personal und Fahrzeuge zur Verfügung, um die kostenintensive Hebung zu unterstützen.

Nach der Bergung der Kogge konnten die Forscher durch ein spezielles, wissenschaftliches Verfahren das genaue Alter des Schiffes bestimmen. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass das verwendete Eichenholz um 1378 gefällt worden war. Das nach fast 600 Jahren geborgene Holz war jedoch ohne Struktur und mit Wasser gefüllt. An eine Trocknung an der Luft war für die Forscher nicht zu denken. Das Holz wäre geschrumpft und zerbröselt. Die Fundstücke wurden jahrelang in einer Speziallösung gelagert. 1972 begann der Wiederaufbau der Hansekogge. Sechs Jahre verbrachten die Forscher allein mit dem Zusammenbau der mehr als 2000 Einzelteile. Danach wurde die Kogge 19 Jahre lang in einer Wanne mit löslichem Kunstharz gelagert, um dem fragilen Gebilde Festigkeit zu verleihen. Erst seit Mai 2000 ist die Restauration abgeschlossen und im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven ausgestellt.

Der Fund der Hansekogge in Bremen war eine weltweite Sensation. Foto: Conti-Press

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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