Irgendwo in den Tiefen des Internets fand ich dieses Foto der amerikanischen Zeitschrift LIFE. Es zeigt das Stephaniviertel in völliger Zerstörung. Die Aufnahme stammt vom Mai 1945. Für Deutschland war der Zweite Weltkrieg mit dem 8. Mai 1945 beendet. Vielerorts blieb eine Trümmerwüste zurück. Diesen Zustand wollten die Alliierten dokumentieren. Mit den Flugzeugen, die bis vor wenigen Tagen noch Bomben über Bremen abgeworfen hatten, wurden im Mai 1945 die Städte überflogen und Aufnahmen gemacht.

Das Stephaniviertel ist, um es salopp zu sagen „platt“. Es ist ausradiert, niedergebombt, es steht kein Baum und Strauch mehr. Teils mächtige Bombenkrater lassen sich erkennen. Die meisten Häuser sind bis auf die Fundamente reduziert, nur vereinzelt stehen noch Außenmauern, kein Haus wäre noch bewohnbar. Die Straßen kann man nur noch erahnen. Die Hafenstraße, vorne rechts, endet im Nirgendwo. Die von 1936 bis 1939 erbaute Westbrücke, offiziell Adolf-Hitler-Brücke (heute Stephanibrücke), liegt als Torso in der Weser. Die Zufahrtsstraße ist noch zu erkennen.

Lediglich die Kirche St. Stephani ragt aus der Trümmerwüste empor, sie scheint den Bombenhagel, insbesondere den von 1944, noch einigermaßen gut überstanden zu haben. Doch der erste Eindruck täuscht. Wenn man Detailfotos sieht, dann stellt man fest, dass die Turmspitze nur noch am „seidenen Faden“ hing, im Inneren war auch vieles zerstört.

Am seidenen Faden: Der Kirchturm der St. Stephani-Kirche stützt sich nur noch auf einen Gebäuderest, Foto von der Nordostseite 1948. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Am seidenen Faden: Der Kirchturm der St. Stephani-Kirche stützt sich nur noch auf einen Gebäuderest, Foto von der Nordostseite 1948. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Das LIFE-Foto hat eine ungeheure Bildschärfe, wurde beim „richtigen“ Licht und ohne störende Wolken aufgenommen. Es ist das Foto, bei dem ich mich fragte: ein ganzes Stadtviertel ist weg? Wo sind die Bewohner geblieben? Wieviel Tote gab es? Hat man noch persönliche Dinge retten können?

Alles scheint mehrfach durchgebombt zu sein. Beim Angriff vom 23. März 1945 folgte noch einmal ein so genannter „Bombenteppich“.

Bei dem LIFE-Foto fragte ich mich auch: Wie sollte neues Leben in einer solchen Trümmerwüste möglich sein, war es von vornherein klar, dass dort wieder Menschen würden leben können? Die Antwort lautet: Ja, bereits Ende der 1950er war der erste Bauabschnitt der Wohnbebauung bezugsfertig. Zusätzlich entstand schon 1950 ein Seemannsheim, später ein Gemeindezentrum und auch die St. Stephani-Kirche wurde im Laufe der Zeit wieder instand gesetzt.

von Peter Strotmann

 

Kein Stein mehr auf dem anderen: Blick von der Neustadtseite zum Stephaniviertel, Luftbild vom 12. Mai 1945
Quelle: Staatsarchiv Bremen

 

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