Wuppen und Krane an der Schlachte, Teil 4:  Noch bis 1863 trieb Manneskraft den Großen Schlachtekran an

Der erste „Große Schlachtekran“

Die Wuppen und Laufstege reichten an der Schlachte natürlich nicht aus, um schwere Lasten bei der Schiffsbe- und entladung zu befördern. Da brauchte Bremen, wie andere Hafenstädte auch, einen großen Kran. Das musste schon ein Kran sein, der auch bis 3.000 Kilo schwere Stücke sicher aufnehmen konnte. Da waren die niederländisch-flämischen Häfen den Bremern lange Jahre voraus. Allen war der große Tretradkran in Brügge bekannt. Bei diesem Kran mit zwei Hubseilen waren die aus Holz gebauten Treträder außen am Kranhaus angebracht, das sich um eine senkrecht im Boden stehende und befestigte Achse drehen ließ.

Der Kran war für Bremen eine Nummer zu groß. Man entwickelte hier einen eigenen Krantyp, der um 1600 an der Kranpforte aufgestellt wurde.  Über die Konstruktion findet man in den Bremer Archiven leider keine Zeichnungen und Notizen. Lediglich Merian hat ihn auf einem perspektivischen Stadtplan von 1640 dargestellt. Er soll auch ein Tretradkran gewesen sein, der sich ebenfalls um eine Achse drehen ließ.

Der zweite „Große Schlachtekran“

Um 1684 ist dann der zweite große Kran aufgestellt worden. Auch hier wären keine Details bekannt, wenn sich nicht 1725 Jacob Leupold den Kran näher angesehen und eine Konstruktionsskizze mit Beschreibung angefertigt hätte. Deshalb wissen wir, wie der Kran ausgesehen und wie er funktioniert hat.

Das einzige Bild des ersten großen Schlachtekrans: Schlachte mit dem großen Kran in perspektivischer Darstellung auf einem „Vogelschaukarte“-Stadtplan aus dem Verlag Merian, nach 1640.

Leupold schreibt in seinem Buch „Theatrum Machinarium“, dass er diesen als ersten und letzten seiner Art in Bremen gefunden hätte. Dieser Kran koste nur die Hälfte und sei langlebiger als andere Krane. Sein Vorteil sei, dass nur der Schnabel manuell im Halbkreis geschwenkt werde, was aber ausreiche. Zum Antrieb sind sechs Männer nötig, die in den beiden hölzernen Treträdern dem Kran den nötigen Antrieb geben. Der Schnabel des Kranes, in der Zeichnung aus Platzmangel verkürzt dargestellt, könne den Erfordernissen nach verlängert werden. Die Kran kann damit drei Tonnen, also 3.000 Kilogramm, bewegen. Das ist das fast achtfache der Hebeleistung einer Wuppe. Die Zeichnung zeigt die Funktion  des Krans, jedoch ist zimmermannsmäßig eine Behausung herumgebaut worden.

Nach den Leupoldschen Skizzen hätte der Kran diese Abmessungen gehabt:

  • das Kranhaus eine Länge von 22 ¼ Fuß (entspricht etwa 6,4 Meter), eine Breite von 18 ¾ Fuß (entspricht etwa  5,4 Meter) und eine Höhe von 36 ¼ Fuß (entspricht etwa 10,5 Meter)

  • jedes Tretrad einen Durchmesser von 15 ¼ Fuß (entspricht etwa 4,4 Meter) und eine Breite von 4 ¾ Fuß (entspricht etwa 1,4 Meter)

Abgesehen von gelegentlichen Reparaturen und Wartungsarbeiten hat der zweite Kran bis 1863 „durchgehalten“. Also immerhin um die 179 Jahre.

Der dritte „Große Schlachtekran“

Anfang der 1840er plante man, neue eiserne, handbetriebene Krane an der Schlachte aufzustellen. Für die Standorte der Wuppen wurde 1863 ein einheitlicher Typ installiert. Als Ersatz für den großen Kran entschied man sich für einen Typ mit größerer Tragkraft.

Als 1857/1859 auf dem Stephanitorsbollwerk der Weserbahnhof entstand, also ein Güterbahnhof mit Gleisanschluss, wurde dort 1873 ein dampfbetriebener Kran aufgestellt. Einen solchen Dampfkran englischer Konstruktion (Brown, Wilson & Co.) hätte man zur gleichen Zeit auch für die Schlachte gerne beschafft. Aber das wurde verworfen, denn solch ein dampfbetriebener Kran hätte mit allen Nebenkosten 72.000 Goldmark gekostet. Das wären nach heutiger Kaufkraft etwa 720.000 Euro. (eine Goldmark etwa zehn Euro nach Statistischem Bundesamt).

Damit musste man an der Schlachte weiter mit dem eisernen, handbetriebene Kran arbeiten. Und zwar bis die Schlachte als Hafen aufgehoben wurde und man sich 1892 mit dem Gedanken trug, dort einen Promenadenpark anzulegen.

von Peter Strotmann

Ein Selbstgänger über 179 Jahre: der zweite Große Schlachtekran, hier als Konstruktionszeichnung dargestellt von Jacob Leupold in Theatrum Machinarium, 1725.

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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