Hochhaus-Serie (2): Das Hillmann-Center sollte vor 50 Jahren die Lücke am Herdentor schließen – doch der Plan scheiterte

Ein dreigeschossiger Sockelbau mit verschiedenen Geschäften im Unter-, Erd- und Obergeschoss, durch eine Passage und Rolltreppen erschlossen, im zweiten Obergeschoss ein Restaurant mit Terrasse und darüber eine schlanke Hochhausscheibe – so war es geplant, das neue Hillmann-Center am Herdentor, als es Architekt Hans Budde Mitte April 1971 der Öffentlichkeit vorgestellte. Baubeginn sollte spätestens im Frühjahr 1972 sein. Um diesen Willen zu unterstreichen, begann man wenige Monate später mit dem Abriss der Hillmann-Passage (mehr dazu hier), einem provisorischen ein- und zweigeschossigen Komplex aus dem Jahr 1949 mit einer bei der Bevölkerung beliebten Ladenpassage und dem Café Hillmann, von dessen Sonnenterrasse man den Blick auf die Wallanlagen genießen konnte.

Ein Hochhaus direkt an den Wallanlagen: Modell des dann doch nicht gebauten Hillmann-Centers.
Quelle: Bremer Zentrum für Baukultur

Bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg befand sich auf dem Grundstück Hillmanns Hotel aus dem Jahr 1847 (mehr dazu hier), Bremens vornehmste Herberge. In der Nachkriegszeit gab es zahlreiche Anläufe, das attraktive Grundstück neu zu bebauen. Die Kaufhauskonzerne Hertie und Horten hatten den Standort im Visier. Die Konkurrenz sorgte schließlich dafür, dass man sich dicht nebeneinander im Stadtzentrum platzierte.

1959 planten die Architekten Säume und Hafemann hier den Sitz der regionalen Zentrale der Firma Siemens. Aufgrund der langfristigen Mietverträge der Ladenbetreiber wich der Konzern auf ein Grundstück weiter östlich aus. Anfang der 1960er-Jahre verfolgte die Bremer Hochbau GmbH den Plan, hier ein Hotel, kombiniert mit Läden und Gastronomie, zu errichten. Das für diesen Entwurf gewählte Schema einer quer zu den Wallanlagen stehenden und vom Herdentorsteinweg zurückgesetzten Hochhausscheibe mit Sockelbau wurde für das Hillmann-Center dann 1971 mit geringen Variationen übernommen.

Kein Baubeginn im Frühjahr 1972

Doch aus dem Baubeginn 1972 wurde nichts. Da der alte Bebauungsplan von 1959 noch einen parallel zur Birkenstraße verlaufenden höheren Baukörper vorsah, musste er erst geändert werden. Zugleich sorgten Parkplatzfragen für längere Auseinandersetzungen zwischen der planenden Behörde und dem Beirat. Erst im April 1975 beschloss die Baudeputation einen neuen Bebauungsplan für das Gebiet um den Hillmannplatz, der ein 16-geschossiges Hochhaus auf dem Baugrundstück vorsah.

Nun würden unverzüglich die Bauarbeiten beginnen, dachte man, doch hinter dem langsam verwitternden Bauzaun tat sich nichts. Offensichtlich hatte die Bauherrin, die Herdentor GmbH, Schwierigkeiten, Mieter für das Objekt zu finden. Nachdem 1974 das Bauhof-Projekt am Rembertikreisel (mehr dazu hier) gescheitert war, gab es Überlegungen, aus dem Hillmann-Center einen „kleinen Bauhof“ zu machen. Doch die Mieten waren für die Behörde zu hoch, 1977 scheiterten die Verhandlungen.

Beliebter Treffpunkt in der Nachkriegszeit: die Hillmann-Passage.
Quelle: Bremer Zentrum für Baukultur

Inzwischen war das städtebauliche Konzept nicht mehr unumstritten. Mitte der 1970er-Jahre galten Hochhäuser längst nicht mehr als Fortschrittssymbole. Bau-Staatsrat Kulenkampff brachte 1975 und 1977 alternative Baumassenstudien mit reduzierten Höhen ins Gespräch. 1977 gab es auch einen neuen Interessenten, der das Grundstück erwerben wollte: Der Versicherungskonzern Hamburg-Mannheimer zeigte Interesse, hier seine nordwestdeutsche Bezirksdirektion zu etablieren. Endlich schien eine Lösung für „das interessanteste unbebaute Grundstück Deutschlands“, wie es ein Branchenkenner nannte, in Sicht.

Allerdings fanden die Bemühungen der Baubehörde, mit dem neuen Interessenten auch ein verändertes Baukonzept mit geringeren Höhen durchzusetzen, keinen Widerhall. Als im Januar 1978 der Konzern das Grundstück übernahm, bildete der bestehende Bebauungsplan mit 16 Stockwerken Höhe weiterhin die Grundlage. Der Plan für ein 63 Meter hohes Bürogebäude blieb unangetastet, Architekt Budde kooperierte von nun an mit seinen Hamburger Kollegen Riecke und Karres. Anfang Juli 1978 stimmten der Senat und die SPD-Mehrheitsfraktion dem 50-Millionen-Projekt zu. Vorhandene städtebauliche Bedenken wurden wegen der von der Versicherung zugesagten 300 neuen Arbeitsplätze zurückgestellt.

Heftiger Bürgerprotest

Große Pläne: Schaubild mit Wallmühle.
Quelle: Bremer Nachrichten

Was folgte, war ein in seiner Heftigkeit außergewöhnlicher bürgerlicher Protest gegen das Projekt. Nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ im Bauausschuss des Beirats Mitte oder dem SPD-Ortsverein Altstadt standen dahinter. Der Widerstand verteilte sich über das ganze bürgerliche Spektrum bis hin zu den Oppositionsparteien CDU und FDP. Wer heute nein zur „Grohner Düne“ und zu „Klein-Manhattan“ in Osterholz-Tenever sage, müsse auch nein zum Hillmann-Center sagen, hieß es. Noch im Juli gründete sich die „Bürgerinitiative für die Wallanlagen – gegen das Hillmannhochhaus“. Man forderte eine Volksabstimmung über das Projekt. Der fast 80-jährige Schriftsteller Manfred Hausmann, der in Vegesack lebte, beteiligte sich aktiv an den Protesten. Gegen den „wachsenden Unwillen der Bürger“ ruderten schnell auch die regierenden Sozialdemokraten zurück. 1979 standen Bürgerschaftswahlen an, da wollte man nicht durch unpopuläre Entscheidungen ins Hintertreffen geraten. Die Beschlüsse von Anfang Juli wurden Ende Juli revidiert.

Lange jahre ein unschöner Anblick: Herdentor mit Bauzaun um 1980.
Quelle: Bremer Zentrum für Baukultur

In zähen Verhandlungen gelang es dem Senat, der Hamburg-Mannheimer das Projekt auch bei einem geänderten Bebauungsplan mit deutlich reduzierten Geschosshöhen schmackhaft zu machen. Der Konzern willigte ein, behielt sich aber eine Ausstiegsklausel vor. Im Juli 1979 wurde der neue Bebauungsplan, der eine Geschosshöhe von fünf Vollgeschossen festlegte, beschlossen.

Der Bauherr lud zu einem Architekturwettbewerb sechs namhafte Büros ein. Am 18. September fiel die Entscheidung. Da keiner der Entwürfe ganz zu überzeugen wusste, gab es zwei zweite Preise für das Kopenhagener Büro Dissing und Weitling und für die Hamburger Arbeitsgemeinschaft Schweger Graf und Spengelin. Zur Entscheidung, wer bauen sollte, kam es nicht. Im Juli 1980 zog sich die Versicherung „aus Rentabilitätsgründen“ aus dem Projekt zurück. Die Stadt musste für die bisherigen Planleistungen, Zinsen und entgangene Gewinne Entschädigung zahlen.

Doch lange sollte das Grundstück, über dessen Bauzaun inzwischen wild gewachsene Bäume ragten, nicht mehr leer stehen. 1981 hatte es der Bremer Kaufmann und Ingenieur Klaus G. Steffens erworben, um hier wieder ein Hotel der gehobenen Kategorie zu bauen. Im Mai war der Architekturwettbewerb für das „Bremen-Plaza“ entschieden. Der Entwurf der Hamburger Architekten von Gerkan Marg und Partner wurde gebaut und das Haus 1985 eröffnet. Wie bei der komplexen Baugeschichte dieses Grundstücks nicht anders zu erwarten, lief auch hier nicht alles glatt. Zwischenzeitlich geriet der Bauherr in Finanzierungsschwierigkeiten. Erst durch die Beteiligung des Duisburger Investors Hans Grothe konnten das Hotel-Projekt und später weitere Großbauten am Hillmannplatz realisiert werden.

Erhielt 1979 einen zweiten Preis: der Entwurf von Dissing und Weitling.
Quelle: Bremer Zentrum für Baukultur

Jung, aber mit viel Geschichte

50 Jahre
Universität Bremen

50 Jahre sind seit der Gründung der Universität Bremen vergangen. Auf dem Weg von der vermeintlichen roten Kaderschmiede zur Exzellenzuniversität ist viel passiert: Wir haben den ersten sowie den aktuellen Rektor interviewt und mit Absolventen gesprochen – zu denen auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte gehört. Zudem hat uns ein Architekt über den Campus begleitet. Das Magazin der Reihe WK | Geschichte gibt es ab 18. September in den ­Kundenzentren des WESER-­KURIER, im Buch- und Zeitschriftenhandel, online unter www.weser-kurier.de/shop und unter 0421 / 36 71 66 16.

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