Eine gute Adresse in Schwachhausen: das Geburtshaus von Karl Carstens in der Fitgerstraße 36.
Foto: Frank Hethey

Der falsche Geburtstag – unbeachtete Panne bei 2. Karl-Carstens-Rede in der Bürgerschaft

Manchmal läuft es einfach nicht so recht im Leben. Diese bittere Erfahrung musste jetzt auch wieder der Bremer Ableger der Konrad-Adenauer-Stiftung machen. Da will man schon dem gebürtigen Bremer Karl Carstens (dazu mehr im Beitrag zu seinem 100. Geburtstag) Gerechtigkeit widerfahren lassen, die Erinnerung an den Christdemokraten befördern durch eine jährliche Karl-Carstens-Rede. Die Idee: Ein prominenter Politiker aus den eigenen Reihen nimmt seine Person, sein politisches Vermächtnis zum Anlass, um über ein aktuelles Thema zu sprechen.

Ein durchaus verständliches, ein legitimes und hehres Ansinnen.

Und dann das: Bei ihren einleitenden Worten verlegt Moderatorin Martina Fietz, Chefkorrespondentin von Focus Online, den Geburtstag des Geehrten mal eben um einen Monat vom 14. Dezember auf den 14. November 1914. Wahrlich eine Peinlichkeit ohnegleichen, zumal Fietz auch noch von Haus aus Historikerin ist. Und keiner im Plenarsaal der Bürgerschaft zuckt zusammen, noch nicht einmal der Bremer KAS-Leiter Ralf Altenhof stellt den Fauxpas richtig.

Warum von Carstens so wenig geblieben ist, darüber kann man trefflich streiten. Das hat nicht nur mit womöglich parteipolitisch gefärbter, „stiefmütterlicher Behandlung“ in seiner Heimatstadt zu tun, wie Altenhof gern beklagt. Sind doch die Spuren nicht gerade tief, die Carstens als CDU-Politiker und Bundestagspräsident hinterlassen hat. Auch als Bundespräsident gehört Carstens nicht unbedingt zu jenen bundesdeutschen Staatsoberhäuptern, die sich im kollektiven Gedächtnis fest verankert haben. Er war eben kein Richard von Weizsäcker, kein Charismatiker, der in seiner Amtszeit eine echte Botschaft vermitteln wollte. Wenn überhaupt, ist er als „Wanderpräsident“ im Gedächtnis geblieben.

Dürftige Erinnerungskultur

Entsprechend dürftig gestaltete sich die Erinnerungskultur nach seinem Tod im Mai 1992.

Sein politisches Wirken als Demokrat und Europäer geriet rasch in Vergessenheit. Unvergessen dagegen die Panne bei der Einweihung der Karl-Carstens-Brücke, die der Öffentlichkeit als „Karl-Karstens-Brücke“ präsentiert wurde – und keiner hatte es gemerkt, es war an seiner Witwe Veronica, darauf hinzuweisen. Dass sich der neue Brückenname nicht durchgesetzt hat und im Volksmund nach wie vor von der Erdbeerbrücke die Rede ist, steht auf einem anderen Blatt, ist aber bezeichnend. Und ebenso, dass Carstens’ 100. Geburtstag in Bremen kaum Beachtung fand. Nur eine lapidare Kranzniederlegung statt einer großen Gedenkveranstaltung, schimpft die Konrad-Adenauer-Stiftung.

Das dürfte der entscheidende Grund gewesen sein für die Initiierung der Karl-Carstens-Rede als neuer Politreihe. Frei nach dem Motto: Gerechtigkeit für Karl Carstens, Schluss mit der Geschichtsvergessenheit. Immer ein CDU-Promi irgendwann in zeitlicher Nähe zum Geburtstag des Geehrten: zuerst Kanzleramtschef Peter Altmeier am 9. Dezember 2016, dann der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert am 14. November 2017.

Wie gesagt, ein hehres Ansinnen. Dumm nur, wenn gleich zu Beginn der Veranstaltung das falsche Geburtsdatum kolportiert wird. Der 14. November oder der 14. Dezember – da kann man schon mal ins Straucheln kommen.

Und wieder hat es keiner gemerkt.

von Frank Hethey 

Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F039718-0016 / Gräfingholt, Detlef / CC-BY-SA 3.0, Bundesarchiv B 145 Bild-F039718-0016, Bonn, CDU-CSU Bundestagsfraktion, CC BY-SA 3.0 DE

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