Bade-Lexikon: Der Sandstrand der Strandlust in Vegesack als Tummelplatz / Ansichtskarten suggerieren größere Ausdehnung als tatsächlich vorhanden

„Auf nach Vegesack! Und vergesst eure Sonnenhüte nicht.“ So, oder ähnlich mögen es die Eltern oder Kindermädchen den Kindern gesagt haben. Ab 1898 war nämlich das „Etablissement Strandlust“ fertig. Und damit auch der direkt zum Grundstück gehörende Weserstrand, ein Sandstrand vom Feinsten.

Anfang 1900 hatten die Jungen meist kurze Hosen und die Mädchen Röcke an. Da brauchte es nur den Ruf: „Schuhe und Strümpfe aus und rein.“ Somit wurde noch nicht in unserem heutigen Sinne gebadet. Sondern man lief oder stand ein klein wenig am Wassersaum und freute sich über die kleinen anrollenden Wellen. Größere Wellen gab es, wenn ein Schiff vorbeifuhr. Und dann passierte es: Unversehens war die Kleidung nass. Oder die Kleinen hockten sich hin und schon war es geschehen. In einem Kinderreim heißt es so: … setzte sich ins grüne Gras – machte sich das Höschen nass… Dann war das schöne Sonntagszeug reif für die Wäsche.

Und warum mussten die Sonnenhüte mitgenommen werde? Nun gut, seinerzeit war eher die vornehme Blässe als die sportliche Bräune angesagt. Da Sonnencreme mit einem hohen Lichtschutzfaktor noch nicht erfunden war, kam es zusammen mit Sonne, Sand und Wasser schnell zu einem Sonnenbrand. Anschließend konnten nur noch Omas Tipps helfen, wie Petersilien- oder Buttermilch-Kompressen auflegen. Oder die Haut mit frischem, mit Wasser verdünnten Zitronensaft oder mit einem in Obstessig getränkten Leintuch kühlen.

Wie Postkarten täuschen können

Der Strand der Strandlust war nicht länger als das Grundstück der Strandlust. Zudem stand im letzten Teil des Strandes noch die Dampfer-Anlegebrücke, die 1904 gebaut wurde. Und zwar weil die bisherigen Anlegestellen versandet waren, sodass die Schiffe diese nicht mehr sicher anlaufen konnten.

Da die Stadt Vegesack auch Eigentümerin der Standlust war, entschied man sich, die Anlegestelle direkt an der Weser am Strandlust-Garten zu bauen. Über eine schöne Freitreppe war die Strandlust bequem zu erreichen.

Nach gut zehn Metern hinter der Dampfer-Anlegebrücke war der Strand der Strandlust zu Ende. Denn dahinter hatten die Grundstückseigentümer an der Weserstraße ihre Strände bis an die Weser. Ein kräftiger Zaun verbot den Zutritt. Erst ab 1923 verzichteten die Eigentümer auf ihre Privatstrände. Damit konnte die Weserpromenade und der Strandbereich verlängert werden.

Mit dieser Maßnahme endete die Geschichte des auf das Areal der Strandlust beschränkten Strandes. Und es begann die Geschichte des Vegesacker Strandes.

von Peter Strotmann

Der Strand der Strandlust: Der Fotograf hat ein munteres Strandleben eingefangen, hier zu sehen auf einer kolorierten Ansichtskarte von 1908. Quelle: Peter Strotmann

Der Strand der Strandlust: Der Fotograf hat ein munteres Strandleben eingefangen, hier zu sehen auf einer kolorierten Ansichtskarte von 1908.
Quelle: Peter Strotmann

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